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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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an.
    »Darauf vermögen wir Euch keine Antwort zu geben. Seit nunmehr drei Jahren unterhalten wir keinerlei Kontakt mehr zu unserem Sohn. Wir möchten mit allem Nachdruck darum bitten, uns in besagter Angelegenheit nicht mehr weiter zu behelligen«, gab Graf Kuno entschieden zurück. Damit läutete er nach dem Diener, der auch umgehend erschien.
    »Die Damen möchten gehen«, instruierte er befehlsgewohnt, und seufzend wand sich Anna zur Tür. Der Graf sandte der Entschwindenden mit galant geneigtem Kopf ein spöttisches »Madame!« hinterher.
    »Herr Graf, gestattet mir bitte noch eine letzte Frage.« Katharina, die Anna schon zur Tür gefolgt war, war plötzlich stehen geblieben. Sie drehte sich zu dem Grafen um und knickste artig.
    »Dürfen sich in Frankfurt sogar die Domestiken zu Wort melden?«, grummelte er ungehalten. »Was gibt es denn noch?«
    »Warum habt Ihr uns überhaupt empfangen, wenn sich doch Euer Sohn, den wir eigentlich zu sprechen wünschten, gar nicht auf der Burg aufhält?«, erkundigte sich die Totenwäscherin couragiert und blickte dem Aristokraten, der sie erstaunt musterte, offen in die Augen.
    »Nun, wir wollten halt nicht unhöflich sein«, presste der Burgherr hervor. »Was augenscheinlich ein Fehler war«, fügte er hinzu und warf Anna einen ungnädigen Blick zu.
    »Mit Verlaub, aber das glaube ich Euch nicht. Ihr habt uns nicht aus Höflichkeit empfangen, sondern aus Neugier«, entgegnete Katharina direkt.
    »Potz Blitz, wie kommt Sie mir denn vor? Du lieber Himmel, auf was sollte ich denn wohl neugierig sein?« Der Burgherr hob verblüfft und amüsiert die Brauen.
    »Es hat Euch wohl interessiert, was wir so über Euren Sohn zu berichten haben, an dem Euch sehr viel mehr liegt, als Ihr uns glauben machen wollt. Außerdem wart Ihr nur deswegen so schroff, weil Ihr ein einsamer Mann seid, der kaum noch Besuch bekommt und es verlernt hat, höflich zu sein. – Dürfen wir uns vielleicht noch ein wenig zu Euch ans Feuer setzen?« Katharina war unversehens an den Kamin getreten. Sie beugte sich nach unten, streichelte der Dogge über den mächtigen Schädel und lächelte den alten Mann begütigend an. Verlegen räusperte sich der Graf, dann trug er seinem Diener auf, zwei Stühle an den Kamin zu rücken und den Damen aus den Mänteln zu helfen.
    »Zu freundlich, Euer Durchlaucht«, bedankte sich Anna, verblüfft über den plötzlichen Sinneswandel des Grafen, artig und deutete sogar einen Knicks an.
    *
    »Ich habe meinen Sohn Kilian das letzte Mal gesehen, als er damals, vor genau drei Jahren, in der Zisterzienserabtei Marienstatt in Hachenburg im Westerwald sein Noviziat angetreten hat. Da Familienbesuche im Kloster nicht gerne gesehen sind, haben wir davon Abstand genommen und unsere Kontakte mit Kilian auf Briefe reduziert. In Hachenburg schien sich alles glänzend für ihn zu fügen, nach noch nicht einmal einem Jahr wurde er zum Leiter des Scriptoriums berufen. Die gräfliche Familie war stolz auf ihn, einer vielversprechenden Klosterkarriere unseres nachgeborenen Sohnes schien nun nichts mehr im Wege zu stehen. Dann muss es allerdings zu irgendwelchen Vorfällen gekommen sein, und Kilian wurde des Klosters verwiesen und aus dem Orden ausgeschlossen. Vor etwa zwei Jahren, mitten in den Wirren der Pest, erreichte uns ein Brief des Abtes, worin er uns höflich darüber in Kenntnis setzte. Es war von einer ketzerischen Schrift die Rede, die Kilian unterschlagen und dadurch den Abt schändlich hintergangen habe. Dann folgte alles Schlag auf Schlag. Meine Gemahlin Hedwiga verstarb an der Pest, und bald verschied auch unser ältester Sohn und Stammhalter Rüdiger. Unsere drei Töchter Agathe, Gertrude und Irmingard sind inzwischen verheiratet, und von Kilian habe ich nie wieder etwas gehört. Ich fürchtete schon, die Pest hätte auch ihn hinweggerafft. Doch wie ich jetzt von Euch erfahren habe, erfreut er sich offenbar bester Gesundheit. Und obgleich er die ganze Zeit nur eine halbe Tagesreise entfernt in Frankfurt war, hielt er es nicht für nötig, seine Familie aufzusuchen«, konstatierte der Burgherr bitter. Seine anfängliche Arroganz war einer tiefen Niedergeschlagenheit gewichen.
    »Und nach allem, was Ihr mir vorhin berichtet habt, ist Kilian zudem noch ein Scharlatan und Betrüger. Welche Schande für unsere Familie!« Kuno von Hattstein ergriff den Weinkrug und wollte seinen Besucherinnen noch einmal nachschenken, was diese höflich ablehnten. Nachdem der Graf seinen eigenen

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