Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller
»Elena, sie sind weg!«, flüsterte Robert. Sie schaute ihn an, Tränen liefen über ihr Gesicht. Robert stand auf und zog sie hoch. »Komm jetzt schnell in den Keller. Sie werden die Tür nicht wieder abgeschlossen haben.«
Sie hielten sich bei den Händen, und obwohl sie wussten, dass die Männer das Museum längst verlassen hatten, spähten sie vorsichtig in alle Ecken, ob dort noch irgendjemand lauerte.
»Wie spät ist es?«, fragte Elena.
Robert sah auf die Uhr.
»Gleich halb zwei.«
Das nächtliche Volterra war wie ausgestorben und glich einer Theaterkulisse.
Sie gingen schnell und hielten sich immer noch bei den Händen. Ihre Schritte hallten auf dem Kopfsteinpflaster durch die Gassen. Elena schaute Robert von der Seite an.
»Hast du eigentlich gemerkt, dass wir uns plötzlich duzen?«
Robert lächelte.
»Wer so viel miteinander durchgemacht hat, hat ein Recht auf das ›Du‹!«
Elena lächelte kurz zurück, dann wurde sie wieder ernst.
»Weißt du, worüber ich die ganze Zeit nachdenke?«
»Gleich wirst du es mir sagen.«
»Die Stimme. Ich habe die Stimme des Anführers schon einmal irgendwo gehört. Ich weiß bloß nicht, wann und wo.«
Schließlich erreichten sie das Parkhaus. Das half nicht wesentlich weiter, denn es war sorgsam abgeschlossen.
Robert gab einen tiefen Seufzer von sich.
»Das ist Murphys Law in seiner reinsten Form. Alles, was schiefgehen kann, geht auch schief. Jetzt wirst du den Rest der Nacht auch noch mit mir verbringen müssen.«
Elena starrte auf das Schließgitter des Parkhauses.
»Dagegen hätte ich wirklich nichts einzuwenden, allerdings unter anderen Umständen.«
Robert schaute auf die Uhr.
»Das Parkhaus öffnet um sieben Uhr. Wir müssen sehen, wie wir fünf Stunden herumkriegen.«
Elena, deren Augen man die Müdigkeit ansehen konnte, schaute ihn an.
»Ich denke, das werden wir schaffen!«
16. KAPITEL
A uf der Piazza dei Priori, vor dem ältesten Rathaus der Toskana, fanden sie eine steinerne Bank. Elena setzte sich, und es kam ihr vor, als ließe sie sich auf ein Plüschsofa nieder. Robert legte einen Arm um sie, und die völlig Erschöpfte schlief sofort ein. Er selbst nickte auch immer wieder ein, schreckte aber bei jedem Geräusch hoch. Es musste doch etwas dran sein an der Behauptung, dass der Bewacher- und Beschützerinstinkt bei Männern noch vorhanden ist. Bei einigen jedenfalls.
Eine Turmuhr schlug siebenmal. Robert erwachte abrupt aus seinem Kurzschlaf. Erste Frühaufsteher gingen über den Platz und warfen tadelnde Blicke auf das seltsame Paar, das so aussah, als habe es auf der Bank seinen Rausch ausgeschlafen.
»Elena, wach auf, wir müssen los!«
Sie schlug die Augen auf, und es war ihr anzumerken, dass sie für einige Sekunden nicht wusste, wo sie war.
Robert zog sie von der Bank hoch.
»Komm, es wird Zeit.«
Obwohl Roberts Kopf sich wie Watte anfühlte und seine Knie etwas wackelig waren, analysierte sein Gehirn automatisch die Situation. Er blieb stehen.
»Che rabbia! So ein Mist, wir können nicht wegfahren!«
Elena sah ihn noch immer schlaftrunken an.
»Warum nicht?«
»Weil unser lieber Signore Montebello gleich in sein Büro kommt und feststellt, dass ihm über Nacht Vandalen einen Besuch abgestattet haben. Und wen wird er in Verdacht haben?«
Elena schaute ihn verständnislos an.
»Dann gehen wir eben zurück und erzählen ihm, wie wir eingeschlossen wurden und was wir beobachtet haben.«
Robert schüttelte den Kopf.
»Geht auch nicht. Montebello wird auf alle Fälle die Polizei alarmieren – schon wegen der Versicherung. Und da wir die wichtigsten Zeugen sind, werden die auch wissen wollen, was für einen Anlass unser Besuch bei Montebello hatte.«
»Weil wir die Schriftrolle zurückgebracht haben.«
»Und wem gehörte die ursprünglich?«
»Professore Mazzetti.«
»Und was habe ich mit Professore Mazzetti zu tun?«
»Du hast ihn gefunden, als er im Sterben ... Ach du meine Güte, daran habe ich gar nicht gedacht!«
Robert nickte.
»Siehst du. Wie man es auch dreht und wendet: Die Polizei wird darauf stoßen. Und seit Mazzettis Tod gibt es eine ganze Reihe von Vorkommnissen, die wir nur schlecht erklären können. Es sei denn, wir überlegen uns etwas. Also ...«
*
Kommissar Davide Barello war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Auch nicht von einem kleinen Mann mit puterrotem Kopf, der wild gestikulierte, gleichzeitig fluchte und weinte, aber keine zusammenhängenden Sätze zustande brachte.
Der
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