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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Wir dachten, wenn Illúsion sichtbar wird, kann es sich durch die ungehindert fließende Traumenergie von selbst erholen. Das war ein Irrtum.« Orla schlug den Blick nieder. »Ich habe das Ausmaß von Zuls zerstörerischem Raubbau unterschätzt.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Wir sind zu spät gekommen. Illúsion zerfällt weiter. Die Satellitenbilder zeigen versinkende Inseln, riesige Flutwellen und gewaltige atmosphärische Störungen. Anscheinend ist es nur noch um die Osterinsel herum ruhig – wie im Auge eines Wirbelsturms. Der Ringkontinent bröckelt an unzähligen Stellen. Er kann jeden Moment entzweibrechen. Du weißt, was das bedeutet.«

     
    Es behagte Leo überhaupt nicht, unter der DreamCap zu liegen, während die Bohnenstange im Kontrollraum saß. Nicht dass er Osmunds Hilfsspion neue Gemeinheiten zutraute. Mark hatte seine Eifersucht auf den begabtesten Traumwandler der Akademie offen zugegeben und inzwischen war daraus gegenseitiger Respekt geworden. Immerhin verdankte Orla ihm ihr Leben. Leos unterschwelliges Gefühl der Angst saß tiefer. Die Erlebnisse mit dieser Technik waren schlicht und ergreifend zu traumatisch für ihn gewesen, um sich den Induktoren ohne Bedenken auszusetzen.
    »Bin bereit«, ertönte Marks Stimme von nebenan.
    »Na endlich! Fang an«, antwortete Leo.
    Orla stand neben ihm und nahm seine Hand. »Du schaffst das.«
    »Sofern du die Parameter nicht vergisst«, meldete sich Doldiger von der anderen Seite des Oneironauten. Er war ein hagerer Mann von etwa fünfzig Jahren, an dem alles etwas ausgeprägter als gewöhnlich war: das Kinn, die vorspringenden Wangenknochen, das krause Haar und die Geheimratsecken. Sogar die Fliege am Kragen – sein Markenzeichen – und der enorme Durchmesser seiner runden Brillengläser entsprachen nicht der üblichen Norm.
    »Sämtliche Daten sind komplett auf der Festplatte gespeichert«, antwortete Leo und tippte sich gegen die Schläfe. Der Physiklehrer hatte ihm kurz zuvor mitgeteilt, dass aus der Doppelfinsternis nichts werde, sofern der Komet nicht einige »kosmetische Korrekturen« erfahre. Der Globale Killer bewege sich nicht ganz auf der erhofften Ideallinie. Die Abweichung sei zwar nur geringfügig, doch immerhin zu groß, um den Mond aus Sicht der Erde zu verdecken.
    »Und was machen wir jetzt?«, hatte Leo gefragt. Ihm war schwindelig geworden.

    »Himmlisches Billard«, hatte Doldinger schmunzelnd geantwortet. Da Leo seine Treffsicherheit ja bereits bewiesen habe, fügte er hinzu, sei die einfachste Lösung für eine Kurskorrektur ein Zusammenprall des Schweifsterns mit einem Meteoriten aus Eisen. Die Methode sei zuverlässiger als Schwerpunktveränderungen, Taumelbewegungen und andere Tricks. Die ganze Nacht über habe er mit Hilfe seiner Astronomieprogramme die Zusammensetzung, die Masse und den Aufschlagwinkel berechnet. Leo hoffte, dass Doldinger immer alle Softwareupdates eingespielt hatte.
    »Bitte entfernen Sie sich von der Rampe. Der Oneironaut wird jetzt in die Umlaufbahn geschossen«, erscholl Marks Ansage aus dem Kontrollraum.
    Der Physiklehrer trat von der Liege zurück. Orla ließ zwar Leos Hand los, blieb aber bei ihm und lächelte ihn an. »Ich reiß dir die Kappe runter, wenn du zu stinken anfängst.«
    Er zog einen Mundwinkel hoch. »Na toll!«
    Schon im nächsten Moment spürte er das typische Kribbeln, das die Induktoren beim Einpegeln auf die individuelle Gehirnfrequenz verursachten. Er schloss die Augen. Zum Einstieg benutzt Mark den Traum, der Leo auch beim ersten Ausflug ins All befördert hatte. Die künstlich herbeigeführte Luzide kam gewohnt schnell. Wenige Herzschläge später schwebte sein Traum-Ich im Weltraum.
    Diesmal vergeudete Leo keine Zeit damit, die Schönheit der Erde oder des Mondes zu bewundern. Der Schweifstern, der seinen Namen trug, kam ihm jetzt eher wie ein Eisdrache vor und er wie ein Ritter, der dem Ungetüm Manieren beibringen sollte. Dummerweise stand ihm dazu keine Lanze zur Verfügung, sondern nur eine Steinschleuder.
    Den eisernen Meteoriten zu formen fiel ihm relativ leicht. Der
Brocken war im Vergleich zum Kometen klein, doch aufgrund seiner höheren Dichte ziemlich schwer. Etwas verzwickt war das Abschätzen der Flugparameter, vor allem der Geschwindigkeit. Doldinger hatte als zusätzliche Sicherheit einen spitzen Aufschlagwinkel errechnet. Minimale Fehler würden den schmutzigen Schneeball so nicht gleich völlig aus der Bahn werfen.
    Leo modellierte den aus Eisen und

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