Das Geheimnis der Wellen
verstauten.
»Möchten Sie auch eine Limonade, Detective? Ich habe sie gerade frisch gemacht.«
»Das wäre nett. Warum setzen Sie sich nicht?«
Irgendetwas an seinem Tonfall ließ ihre Hände feucht werden. Sie schenkte ihm ein und setzte sich.
»Haben Sie jemanden herumlungern sehen?«
»Nein. Und den Mann aus dem Pub habe ich auch nicht mehr gesehen. Zumindest nicht bewusst. Ich müsste ihn eigentlich wiedererkennen, auch wenn ich keine gute Beschreibung von ihm geben konnte. Deshalb habe ich ja nach den Räucherstäbchen gesucht. Ich dachte, ich zünde welche an und meditiere. Ich war in den letzten Tagen ziemlich nervös und wollte das beenden.«
»Nervös?«
»Ja, bei allem, was so passiert ist … Außerdem …«
Ach, was soll’s, dachte sie.
»Außerdem werde ich beobachtet.«
»Haben Sie jemanden gesehen?«
»Nein, aber ich kann das spüren. Ich bilde mir das nicht bloß ein, davon bin ich überzeugt. Ich weiß inzwischen, wie es sich anfühlt, beobachtet zu werden. Sie wissen, was mir vor einigen Jahren zugestoßen ist.«
»Ja.«
»Ich spüre etwas, schon seit einigen Tagen.«
Sie sah zum Fenster, das offen gestanden hatte, dann auf die Terrassentür und die Blumentöpfe, die in der Sonne standen.
»Ich bin viel unterwegs und habe in letzter Zeit meist bei Eli übernachtet. Und da ich so leichtsinnig war, die Fenster nicht zuzumachen, dürfte es ein Leichtes gewesen sein, bei mir einzudringen und die Waffe zu verstecken. Aber warum? Ich verstehe das nicht. Warum ausgerechnet bei mir? Oder doch, aber ich bin ziemlich durcheinander. Wenn jemand den Verdacht auf mich lenken, dafür sorgen will, dass Elis Alibi angezweifelt wird, hätte er die Waffe doch bei dem Einbruch in Bluff House lassen können?«
»Wir haben es durchsucht, bevor er das machen konnte. Anscheinend wollte er seinen ursprünglichen Plan trotzdem nicht aufgeben«, sagte Vinnie. »Entschuldigen Sie, Detective, ich habe vorgegriffen.«
»Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Wolfe hat sich in den letzten Tagen bemüht, einen Durchsuchungsbefehl für dieses Cottage zu bekommen. Seine Vorgesetzten unterstützen ihn jedoch nicht und ich auch nicht. Aber er macht Druck. Er behauptet, ein anonymer Anrufer habe ihm gesagt, eine Frau mit langem lockigem Haar habe sich in der Nacht, in der Duncan ermordet wurde, vom Leuchtturm entfernt.«
»Verstehe.« Ihr wurde ganz schlecht. »Und dann hätten Sie die Waffe bei mir gefunden. Ich habe Duncan also entweder ermordet oder bin eine Komplizin. Brauche ich einen Anwalt?«
»Das kann sicherlich nicht schaden, aber im Moment sieht es ganz nach einer Falle aus. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht allen Eventualitäten nachgehen müssen.«
»Verstehe.«
Er kostete von der Limonade. »Hören Sie, Miss Walsh – Abra. Ich sage Ihnen, wonach es meiner Meinung nach aussieht, und mein Vorgesetzter wird die Lage sicherlich genauso einschätzen. Angenommen, Sie haben wirklich etwas mit dem Mord an Duncan zu tun, warum haben Sie die Waffe dann nicht einfach von den Klippen geworfen? Spätestens nachdem wir Bluff House durchsucht haben? Wozu sie im Schlafzimmerschrank bei den Räucherstäbchen aufbewahren? Dann wären Sie dumm wie Bohnenstroh, und diesen Eindruck machen Sie mir nicht.«
Weil sie ihrer Stimme nicht recht traute, nickte sie nur.
»Sie finden die Waffe und benachrichtigen die Polizei. Gleichzeitig bekommt der Chefermittler im Mordfall an Landons Frau einen anonymen Anruf von einem Einweghandy aus dem Bereich eines der hiesigen Funkmasten. Der Anrufer behauptet drei Wochen nach dem Vorfall, in der fraglichen Nacht eine Frau mit Ihrer Frisur und Figur am Tatort gesehen zu haben.«
»Und Detective Wolfe glaubt ihm.«
»Vielleicht ja, vielleicht nein. Auf jeden Fall will er damit erreichen, dass er einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Cottage bekommt. Für mich sieht das alles nach einer Falle aus, noch dazu nach einer ziemlich dilettantischen. Deshalb glaube ich nicht, dass Wolfe dem Anrufer wirklich Glauben schenkt. Aber wie gesagt, er hätte bestimmt nichts dagegen, sich bei Ihnen umzuschauen.«
»Hier ist nichts. Nichts außer … der Waffe.«
»Wir gehen nach Schema F vor. Ich kann einen Durchsuchungsbefehl beantragen. Einfacher wäre es jedoch, wenn Sie uns einfach die Erlaubnis geben.«
Ihr widerstrebte das, schon beim Gedanken daran bekam sie Magenschmerzen. Aber vor allem wollte sie es hinter sich bringen. »Na gut, durchsuchen Sie mein Cottage. Tun Sie, was Sie
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