Das Geheimnis der Wellen
Stattdessen zog er mehrere Pullis übereinander, um sich gegen die Kälte zu wappnen, und plante, sich eine Skimütze und Handschuhe zu kaufen.
Selbst wenn er nirgendwohin fahren würde, konnte er Auffahrt und Terrassen trotzdem freiräumen.
Er hatte versprochen, sich um Bluff House zu kümmern.
Selbst mit einer Schneefräse und der Schneeschaufel dauerte das Stunden. Er wusste gar nicht mehr, wie viele Pausen er einlegen musste. Entweder schlug sein Puls Alarm, oder seine Arme zitterten wie Espenlaub. Aber er schaufelte die Auffahrt, den Weg zum Vordereingang und eine breite Schneise von der großen Terrasse bis zu den Strandstufen frei.
Erleichtert stellte er fest, dass es dämmerte. Es lohnte sich nicht mehr, mit den anderen Terrassen weiterzumachen. Im Haus ließ er seine Klamotten in der Waschküche fallen und lief in die Küche, wo er etwas Wurst und Schweizer Käse zwischen zwei Scheiben Brot legte und das als Abendessen bezeichnete.
Er spülte es mit einem Bier hinunter, weil gerade welches da war, aß und trank im Stehen vor der Spüle. Dabei sah er aus dem Fenster.
Er hatte heute wirklich etwas geschafft. Er war aufgestanden, womit die erste Hürde überwunden gewesen war. Er hatte an seinem Roman geschrieben. Er hatte sich auf dem Crosstrainer lächerlich gemacht. Und er hatte sich um Bluff House gekümmert. So gesehen ein ziemlich guter Tag.
Er nahm vier Schmerztabletten und schleppte seinen schmerzenden Körper nach oben. Er zog sich aus, krabbelte ins Bett und schlief bis zum Morgengrauen. Traumlos.
*
Abra fühlte sich angenehm überrascht, dass die Auffahrt von Bluff House freigeschaufelt war. Sie hatte fest damit gerechnet, sich durch Tiefschnee graben zu müssen.
Normalerweise wäre sie von ihrem Cottage aus gelaufen, aber sie hatte keine Lust auf Schneemassen und Glatteis gehabt. Sie parkte ihren Chevy hinter Elis BMW und griff nach ihrer Handtasche.
Sie schloss die Haustür auf und lauschte. Da sie nichts hörte, ging sie davon aus, dass Eli noch im Bett lag oder sich irgendwo im Haus verbarrikadiert hatte.
Sie hängte ihren Mantel in den Schrank und schlüpfte in ihre Arbeitsschuhe.
Als Erstes machte sie Feuer im Wohnzimmerkamin, um für etwas Gemütlichkeit zu sorgen, und ging dann in die Küche, um Kaffee zu kochen.
Ihr fiel auf, dass keine Teller in der Spüle standen, also öffnete sie die Spülmaschine.
Auf diese Weise konnte sie nachvollziehen, was er seit seiner Ankunft gegessen hatte: das Frühstück, das sie für ihn gemacht hatte, ein paar Schälchen Suppe, ansonsten konnte sie nur noch zwei kleine Teller, zwei Gläser und zwei Kaffee becher entdecken.
Sie schüttelte den Kopf.
Das war viel zu wenig.
Abra stellte leise Musik an und suchte die Zutaten für Pfannkuchen zusammen. Nachdem sie den Teig angerührt hatte, ging sie Eli suchen.
Wenn er im Bett lag, war es höchste Zeit aufzustehen.
Als sie in Hesters Arbeitszimmer die Tastatur klappern hörte, musste sie lächeln. Immerhin etwas. Leise warf sie einen Blick hinein und sah ihn an dem antiken Schreibtisch sitzen, eine angebrochene Flasche Mountain Dew neben sich. (Sie durfte auf keinen Fall vergessen, Nachschub zu besorgen.)
Abra beschloss, ihm etwas Zeit zu lassen, ging direkt in sein Schlafzimmer, machte das Bett und nahm die schmutzige Wäsche mit.
Sie holte die benutzten Handtücher aus dem Bad und warf einen Blick in den Fitnessraum.
Wieder im Erdgeschoss sortierte sie die Wäsche, schaltete eine Maschine ein, schüttelte seine Winterklamotten aus und hängte sie auf.
Viel war nicht aufzuräumen, schließlich hatte sie das Haus am Tag vor seiner Ankunft gründlich geputzt. Doch irgendwas gab es immer zu tun. Sie würde eine Art Brunch für ihn machen, bevor sie so richtig loslegte.
Als sie das nächste Mal nach oben ging, machte sie absichtlich Krach. Sie erreichte das Arbeitszimmer, da war er gerade aufgestanden und ging zur Tür. Vermutlich wollte er sie schließen, deshalb kam sie ihm zuvor und betrat das Zimmer.
»Guten Morgen. Es ist ein wunderschöner Tag.«
»Ach ja?«
»Wolkenloser Himmel.« Sie leerte den Papierkorb unter dem Schreibtisch. »Blaues Meer und Sonne, die den Schnee zum Funkeln bringt. Die Möwen machen Jagd auf Fische, und ich habe heute Morgen sogar einen Wal gesehen.«
»Einen Wal!«
»Ich hatte einfach Glück. Ich sah zufällig aus dem Fenster, als er auftauchte. In weiter Ferne – trotzdem ein spektakulärer Anblick. So.« Sie drehte sich um. »Ihr Brunch ist
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