Das Geheimnis der Wellen
tun. Ich habe nachgeforscht und erfahren, dass er nicht da war, wo er angeblich sein sollte. Ich weiß nicht, wer sie ist, ob es mehrere gibt. Es ist mir auch egal. Es ist mir einfach egal. Ich habe mein Leben, meine Kinder und endlich auch wieder so etwas wie Stolz. Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich ihn bei der Scheidung ausquetschen werde wie eine Zitrone.«
Sie seufzte und stieß ein heiseres Lachen aus.
»Natürlich bin ich ziemlich sauer. Ich habe es trotz allem noch einmal mit ihm versucht, und er hat mich wieder hintergangen.«
»Die Möglichkeit blieb mir verwehrt.« Eli wartete, bis Eden wieder zu ihm hinsah. »Mir blieb kaum Zeit, sauer zu sein. Jemand hat Lindsay am selben Tag ermordet, an dem ich von ihrer Affäre erfahren habe. Von dem, was sie getan hat, während ich geglaubt habe, dass wir versuchen, unsere Ehe zu kitten.«
Mitgefühl zeigte sich auf Edens Gesicht, und sie nickte. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt. Als ich am absoluten Tiefpunkt war, als in den Nachrichten nur über Lindsays Tod und die Ermittlungen berichtet wurde, habe ich mir versucht vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn Justin ermordet worden wäre.«
Sie schlug die Hand vor den Mund. »Das ist entsetzlich.«
»Eigentlich nicht«, sagte Abra leise.
»Aber selbst auf dem absoluten Tiefpunkt konnte ich mir das nicht vorstellen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es dir gehen musste, Eli.« Sie schwieg einen Moment und nippte an ihrem Tee. »Du willst, dass ich dir sage, dass ich gelogen habe, um ihn zu schützen. Dass er an jenem Abend nicht bei mir war. Ich wünschte, dem wäre so. Wirklich, ich wünschte, das könnte ich.« Sie schloss die Augen. »Aber ich darf nicht so über ihn denken. Wir haben zwei wunderbare Kinder in die Welt gesetzt. Im Moment würde ich euch allerdings liebend gern sagen, was ihr hören wollt. Die Wahrheit ist jedoch, dass Justin an diesem Abend so gegen halb sechs nach Hause gekommen ist. Alles war ganz normal. Er hat sogar sein Handy ausgeschaltet. Er meinte, er würde eine wichtige Mail aus der Arbeit erwarten. Gut möglich, dass er noch am selben Tag verreisen müsste. Das würde er aber erst in einigen Stunden erfahren.«
Eden schüttelte den Kopf.
»Erst später wurde mir klar, dass er auf eine Nachricht von Lindsay gewartet hat. Dass sie vorhatten, ein, zwei Tage wegzufahren. Aber an diesem Abend schien alles ganz normal zu sein. Die Kinder waren beide in der Schule – sie haben ein Theaterstück einstudiert. Anschließend gab es Pizza. Es war nett, nur wir beide und der Regen. Ich habe Abendessen gemacht, Fajitas mit Huhn, er hat Margaritas gemixt. Wir hatten einen netten Abend, nichts Besonderes. Wir haben die Zeit zu zweit genossen, bis die Kinder nach Hause kamen und es laut wurde. Bis das Telefon geklingelt hat. Carlie aus der Galerie war dran. Sie meinte, sie habe gerade die Nachrichten gesehen. Von ihr habe ich erfahren, dass Lindsay tot ist und vermutlich ermordet wurde.«
Eine Katze kam die Stufen hoch, sprang auf ihren Schoß. Eden streichelte sie und erzählte weiter. »Schon da hätte ich es merken müssen. Er war so erschüttert, ist kreidebleich geworden. Auch ich war schockiert. Ich habe an Lindsay gedacht, bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass … Dass die beiden was miteinander gehabt haben könnten. Als die Polizei kam und ich davon erfuhr, konnte ich es erst gar nicht glauben. Es tut mir leid, Eli, es tut mir so leid, dass ich dir nicht helfen kann.«
»Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast. Es muss schwer für dich sein.«
»Langsam schließe ich damit ab. Mit allem, auch wenn es viel Kraft kostet. Du solltest dasselbe tun.«
Als sie wieder im Auto saßen, streichelte Abra Elis Hand. »Mir tut es auch leid.«
»Jetzt wissen wir wenigstens Bescheid.«
Trotzdem, irgendetwas ließ ihm keine Ruhe.
26
Kirby Duncans Detektei war ein winziges Loch in einem heruntergekommenen Gebäude. An ihm war der Versuch, das Viertel wiederzubeleben, eindeutig vorbeigegangen. Im Erdgeschossschaufenster bot ein Hellseher seine Dienste an, nebenan wurde Sexspielzeug verkauft.
»Prima, hier gibt’s alles, was der Mensch so braucht«, über legte Abra laut. »Erst geht man zu Madame Carlotta und hofft auf das Glück für ein paar Scheinchen, die man dann nebenan loswird.«
»Wenn man dazu eine Hellseherin fragen muss, wird man vermutlich nicht viel Glück haben.«
»Ich lege Tarotkarten«, rief sie ihm wieder in Erinnerung. »Das ist
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