Das Geheimnis der Wunderkinder
und dann traf Mr. Waterman, Tim Fishers Anwalt, ein.
»Zunächst«, begann Manison, der Notizblock und Stift bereithielt, »wer lebt hier ständig in diesem Haus und seit wann?« Er schrieb alles mit, was sie ihm sagten. »Das Haus ist also Ihr Eigentum?« fragte er Tim. »Und du zahlst Miete für gewisse Räume in diesem Haus?« wandte er sich dann an James, der nickte.
»Wo bist du zur Schule gegangen?«, fragte er James weiter.
»Nirgends.«
»Wie bist du dann zu deinem Wissen gekommen?«
»Durch einen Spezialkurs zu Hause.«
»Du weißt doch wohl, daß die Staatsgesetze bezüglich der Schulerziehung von Minderjährigen verlangen, daß der Lehrplan vom Staat genehmigt werden muß?«
»Ja.«
»Und ist er genehmigt worden?«
Waterman unterbrach hastig. »Einen Augenblick, Mr. Manison. Inwiefern mußt der Lehrplan genehmigt werden? Prüft der Staat sämtliche Lehrbücher und Unterrichtsmethoden nach? Oder besteht der Staat lediglich darauf, daß jedes Schulkind in bestimmten Fächern unterrichtet wird?«
»Der Staat besteht lediglich darauf, daß ein bestimmtes Erziehungsniveau zu erreichen getrachtet wird.«
»Mit anderen Worten«, mischte sich James ein, »der Staat besteht nicht einmal darauf, daß ein Kind diese Fächer wirklich lernt, da er sich dessen bewußt ist, daß es manchen Kindern an Intellekt mangelt, gewisse Dinge richtig zu begreifen. Wir wollen daher lieber sagen, der Staat verlangt, daß Schulkindern gewisse Dinge nahegebracht werden, in der Hoffnung, daß sie dann davon etwas mitbekommen. Habe ich recht?«
»So ungefähr, ja.«
»Dann werde ich Ihre Frage beantworten. Ich habe mich beim Lernen zu Hause an den üblichen Lehrplan gehalten und die empfohlenen Bücher in der richtigen Reihenfolge benutzt. Wenn Sie die Unterlagen der Schule, die ich vor Jahren auf Wunsch meines gesetzlichen Vormunds besuchte, nachprüfen, werden Sie feststellen, daß ich innerhalb eines knappen halben Jahres im Alter von fünfeinhalb von der Vorschulklasse bis in die vierte Klasse aufrückte. Falls es diesbezüglich Zweifel geben sollte, bin ich jederzeit bereit, mich einer umfassenden Prüfung unterziehen zu lassen. Das Gesetz bezüglich der Schulpflicht in diesem Staat besagt, daß ein minderjähriges Kind die Schule entweder bis zum Alter von achtzehn Jahren besuchen muß, oder bis es den Standard von acht Jahren Volksschule und vier Jahren Oberschule erreicht hat. Ich würde vorschlagen, daß sich das Examen dann auf das Wissen eines Schülers begrenzt, der die Oberschule abgeschlossen hat.«
»Für den Augenblick wollen wir das lassen«, meinte Manison. »Aber später ist es möglich, daß wir dich bitten, diese Behauptung zu beweisen.«
»Sie zweifeln doch nicht daran, daß ich es kann?« fragte James.
Manison schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Warum fragen Sie dann überhaupt?«
»Ich bin noch aus einem anderen Grund hier«, erklärte Manison. »Ich habe dir gesagt, daß der Staat sich gewisse Rechte vorbehält, die meine Anwesenheit hier rechtfertigen. Nun ist es ganz offensichtlich, daß du ein sehr fähiger junger Mann bist, James Holden. Die Tatsache, daß du Mittel gefunden hast, dir ein eigenes Leben aufzubauen, bezeugt eine Fähigkeit, die weit über dem Durchschnitt liegt. Nun, selbstverständlich ist der Staat an allem interessiert, das nach einer Beschleunigung und Verkürzung der üblichen Erziehungsperiode aussieht. Kannst du das verstehen?«
»Natürlich. Wer würde sich nicht dafür interessieren?«
»Dann findest du also unser Interesse berechtigt?«
»Ich …«
»Einen Augenblick, James«, fiel ihm Waterman ins Wort. »Wir wollen es so ausdrücken, daß du ihr Interesse verstehst, aber nicht unbedingt berechtigt findest.«
»Ich verstehe«, stimmte James zu.
»Dann mußt du auch verstehen, daß dieser ›Spezialkurs‹, durch den du bereits im Alter von zehn oder elf oder noch früher ein Wissen erlangt hast, das einer Oberschulbildung gleichkommt, wie du behauptest, für den Staat von größter Wichtigkeit sein muß.«
»Ich sehe ein, daß es das sein könnte«, gab James zu.
»Willst du mir dann erklären, warum du dieses besondere System geheimgehalten hast?«
»Weil …«
»Einen Augenblick«, unterbrach Waterman wieder. »James, würdest du sagen, daß deine Erziehungsmethode bereits vollständig perfekt ist?«
»Nein, nicht vollständig.«
»Nicht vollständig?« rief Manison. »Und dennoch behauptest du, das Wissen eines Abiturienten zu haben?«
»Allerdings
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