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Das Geheimnis Des Amuletts

Das Geheimnis Des Amuletts

Titel: Das Geheimnis Des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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Zeit nach dem Unterricht, in der die Schülerinnen lernten oder sich ausruhten oder in den Kunstverein gingen oder musizierten, bevor die langen, dunklen Abendstunden anbrachen. Ich stellte die restlichen Blumen hastig in die Vase und lief den Korridor zum Arbeitszimmer des Masters entlang. Niemand war zu sehen. Die Tür war verschlossen. Ich konzentrierte mich und beförderte mich mit meinem Willen auf die andere Seite der Tür. Geister der Luft, lasst mich passieren. Ein Wirbel aus Licht und Farbe hüllte mich ein, und einen Moment später war ich im Zimmer.
    Es hatte sich verändert, seit ich das letzte Mal da gewesen war. Dr. Franzen hatte die Vorhänge und Kissen aus Chintz und die kleinen gerahmten Aquarelle und die Fotos ehemaliger Schülerinnen entfernt. Stattdessen verbargen jetzt dunkle Vorhänge das Fenster, und ein großes, hässliches Gemälde eines wilden Hirschs hing an der Wand. Auf dem Schreibtisch lag ein Stapel ledergebundener Bücher neben einem seltsam geformten Brieföffner und dem Foto eines jungen Mannes in Soldatenuniform.
    Es fühlte sich falsch an, sich in der Privatsphäre dieses Mannes aufzuhalten, als könnte ich in dieser vergiftenden Anwesenheit kaum atmen. Aber ich fing an, Schubladen aufzuziehen und Papiere zu durchsuchen, Bücher durchzublättern für den Fall, dass zwischen den Seiten etwas verborgen war. Ein schwerer Band auf dem untersten Regalbrett erregte meine Aufmerksamkeit. Auf dem Buchrücken stand: Eine Geschichte der Abtei von Wylde Cliff. Ich öffnete es rasch und blätterte die erste Seite um.
    Mit der Geschichte der Abtei sind viele Legenden verwoben. Es hieß, dass sie im Mittelalter über einen »Spalt in der Zeit« gebaut worden war, über einer mystischen Tür zwischen dieser Welt und der nächsten, zwischen Leben und Tod. Diese heidnische Bemerkung erregte jedoch das Missfallen des örtlichen Bischofs. Die erste Äbtissin war Mathilda Whitby, eine fromme und erfahrene Frau, und den frühen Nonnen sagte man besondere Heilkräfte nach.
    Dann bemerkte ich, dass jemand etwas an den Seitenrand geschrieben hatte, und ich erkannte die klare Handschrift von Miss Scratton. »Öffnet jede Tür«, stand da. Das war alles.
    Öffnet jede Tür – an welchen Schlüssel dachte sie? Gab es einen Zusammenhang mit ihrer letzten Botschaft an uns? Hatte es etwas mit diesem Spalt in der Zeit zu tun? Ich wollte das Buch gerade näher untersuchen, als ich etwas hörte. Das Tipp-Tapp eines Stockes. Das Umdrehen eines Schlüssels im Schloss. Das Öffnen einer Tür. Ich wirbelte herum, und das Buch glitt mir aus den Händen. Er hatte mich reingelegt. Er war zurückgekommen, er war hier, und ich saß in der Falle.
    Dr. Franzen stand in der Tür, versperrte sie, dann schloss er sie leise hinter sich. Mir war hundeelend zumute. »Also, Helen Black«, sagte er ruhig. »Wie schön, dich wiederzusehen, und schon so bald. Aber was genau hast du gesucht?« Er trat einen Schritt näher an mich heran. Ich konnte die grauen Stellen in seinen gelbbraunen Haaren sehen und spürte seinen Atem an meiner Wange. »Wir sind alte Freunde, nicht war, Helen?«, fragte er. »Du kannst mir all deine Geheimnisse anvertrauen.«
    Ich zog mich von ihm zurück, als er mich berührte. »Lassen Sie mich gehen«, bat ich.
    Er blickte erheitert drein. »Oh, so einfach wird das nicht. Eindringen in das Arbeitszimmer des Schuldirektors. Was könntest du hier wohl gesucht haben? Prüfungsunterlagen? Wolltest du kostbare Bücher stehlen? Oder diesmal eine Fensterscheibe einschlagen?« Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Er packte meinen Arm fest. Er wusste, wer ich war; ich war überzeugt, dass er sich daran erinnerte, dass ich im Waisenhaus gewesen war. »Wir werden eine geeignete Bestrafung für diese Vergehen finden.« Seine Stimme klang wie eine flüsternde Schlange. »Und es wird nicht damit getan sein, Blumen zu arrangieren, das kann ich dir versprechen, Helen. Ich denke, eine kleine Weile Haft unter meiner persönlicher Beobachtung wäre eine sinnvolle Maßnahme für den Anfang. Komm mit.« Er zerrte mich mit sich, aus dem Arbeitszimmer heraus und in den Flur.
    »Nein!« Ich kämpfte mit der Wildheit einer Katze gegen ihn. »Ich gehe nicht mit Ihnen! Ich lasse mich nicht wieder einsperren! Lassen Sie mich los!« Aber er verdrehte meinen Arm so sehr, dass ich schon dachte, er würde brechen. Ich war gezwungen, mit ihm den Korridor entlangzugehen.
    Bitte helft mir, flehte ich im Stillen. Agnes – Miss Scratton,

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