Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
bemerkte Serena.
»Wo?«, fragte Shane ungerührt und begann, mit der Serviette in seinem Gesicht herumzuwischen.
»Völlig falsch«, meinte Serena lachend. Ohne zu überlegen, griff sie nach einer frischen Serviette und wischte ihm die Sauce weg. Erst dann wurde ihr bewusst, dass sie Shane eigentlich nicht gut genug kannte, um sich so etwas herauszunehmen. Aber Shane glich Fabian in so vielerlei Hinsicht, dass sie aus einem Reflex heraus gehandelt hatte. Bei Fabian hätte sie das Gleiche getan. Nur hätte sie sich dann nicht so seltsam verlegen gefühlt.
Sie zog ihre Hand langsam zurück.
Shane sah sie einen Augenblick lang schweigend an. Dann stand er auf und murmelte etwas von: »Ich sehe mir das lieber mal genauer an, bevor wir weiterfahren«, und verschwand im WC.
VII
S hane hielt in Sturgis, um zu tanken. Die Sonne brannte vom strahlend blauen Himmel. Sie hatten die Fenster heruntergekurbelt, aber es half nicht viel. Der Wind brachte keine Kühlung, sondern wehte heiß über das Land.
Shane ging hinein, um zu bezahlen.
Serena lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück und schloss die Augen. Sie hatte in der letzten Nacht nicht viel Schlaf bekommen und fühlte sich jetzt, nachdem sie gegessen hatte, sehr müde. Sie verdrängte erfolgreich alle Gedanken aus ihrem Kopf und verweilte ein paar Minuten in der verschwommenen Welt zwischen Wachen und Schlafen.
»Meine Liebe, ich brauche ein bisschen Geld für den Bus. Meinst du, du kannst mir aushelfen?«, ertönte ganz unerwartet eine lallende Männerstimme neben ihr.
Serena schreckte aus ihrem Halbschlaf auf. Ihr Herz klopfte laut. Verwirrt blickte sie sich um. Ein fremder Mann lehnte im Fahrerfenster und grinste sie verlegen an.
Serena setzte sich auf und sah sich unruhig um. Wo blieb Shane nur?
»Ich möchte dir wirklich nicht auf die Nerven gehen, meine Liebe«, begann der Mann erneut, »aber ich brauche das Geld dringend. Ich muss nach Hause.«
Bei dem Mann handelte es sich unverkennbar um einen Indianer. Er sah sehr heruntergekommen und ungepflegt aus und trug nur einen Rucksack bei sich. Seine Nase musste schon mehrmals gebrochen gewesen sein, sie war verbeult und schien irgendwie eingedrückt. Es fehlten ihm alle Vorderzähne, und sein langes schwarzes Haar fiel ihm wirr über die Schultern. Eine strenge Alkoholfahne umwehte ihn.
»Mein Bekannter ist gerade beim Bezahlen«, erwiderte Serena zaghaft. »Er hat das Geld. Warum gehst du nicht rein und fragst ihn? Er gibt dir sicher etwas.«
»Ich möchte ihn bei seinen Geschäften nicht stören«, sagte der Mann. »Aber ich brauche das Geld wirklich dringend.« Er hing noch immer im Fahrerfenster.
Serena gab sich geschlagen. Allerdings wollte sie ihre Handtasche vor diesem Mann nicht hervorholen. Irgendwo hatte sie doch noch einen 10-Dollar-Schein gehabt. Sie kramte in ihrer Hosentasche. Ah, da war er!
Sie reichte dem Indianer das Geld.
»Liebes, wenn du mir zwei Dollar gibst, bin ich reich. So viel brauche ich nicht.«
»Ist schon gut«, meinte Serena. Sie hatte Mitleid mit ihm. »Kauf dir unterwegs etwas zu essen.«
»Ich danke dir, Liebes.«
»Hey, Bruder, was gibt es?«
Serena atmete auf. Shane war zurück.
»Ich habe deine Lady nur um Geld für den Bus gebeten«, erklärte der fremde Indianer hastig.
»Hast du dein Fahrgeld bekommen?«, fragte Shane, halb an Serena gewandt.
»Mehr als genug«, erwiderte der Mann.
»Dann komm gut nach Hause«, sagte Shane mit seiner tiefen Stimme, die sehr gebieterisch klingen konnte, wie Serena nun feststellte.
Der Mann verstand die Andeutung sofort und machte sich davon.
Shane stieg in den Jeep.
»Alles in Ordnung?«, wandte er sich besorgt an Serena.
»Ja«, antwortete sie erleichtert. »Aber für heute reicht es mir mit ungeplanten Begegnungen. Lass uns weiterfahren und erst wieder anhalten, wenn wir Sheridan erreicht haben.«
»Auch beim Fahren kann viel passieren«, neckte Shane sie lachend.
»Mal den Teufel nicht an die Wand«, erwiderte Serena matt und griff nach der Straßenkarte.
Shane startete den Wagen und bog in die Hauptstraße ein.
»Wir müssen die Interstate 90 nach Westen nehmen«, verkündete Serena.
»Ich hab uns ein bisschen Proviant besorgt«, sagte Shane, sobald sie die I-90 erreicht hatten. »Machst du mir mal bitte die Tüte mit den Nachos auf?«
Serena warf ihm einen entgeisterten Blick zu.
»Das kann nicht dein Ernst sein. Du hast vor kaum einer halben Stunde ein riesiges Sandwich verdrückt.«
»Ich esse aus
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