Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
in Wirklichkeit sind es Rechte, deren Ausübung man nicht einmal zu erörtern brauchen sollte.«
Shane warf ihr einen anerkennenden Blick zu. Sie hatte verstanden.
Newman kam von der Motelrezeption zum Wagen zurück. Ein zufriedener Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
»Storm Hawk und die Eckehard haben eben eingecheckt. Nur für eine Nacht.«
»Du hast an der Rezeption nach ihnen gefragt, Boss?«, wunderte Miller sich.
»Natürlich nicht«, brauste Newman auf. »Ich bin doch nicht total bekloppt. Jemand hat sich per Telefon über irgendetwas beschwert. Muss wichtig gewesen sein. Auf jeden Fall hat sich der Motelmanager entschuldigt und ist für ein paar Minuten verschwunden. In der Zeit habe ich seine Belegliste eingesehen.«
»Hey, ich wusste nicht, dass du auch ein Hacker bist«, staunte Miller.
Newman blickte ihn entnervt an.
»Schau dich um, Miller. Dies ist ein Provinznest. Das Motel hat höchstens zwölf Zimmer. Die arbeiten noch mit Papier. Ich brauchte lediglich das aufgeschlagene Gästebuch einzusehen. Die beiden sind in Zimmer 9, auf der Rückseite des Gebäudes.«
»Oho, ein gemeinsames Zimmer!«
»Es war das letzte, das frei war. Und bevor du wieder fragst, woher ich das weiß: Ich habe versucht, für uns ebenfalls ein Zimmer zu buchen, aber der Manager sagte mir, dass er das letzte freie Zimmer gerade an ein junges Paar vergeben habe.«
»Und wo übernachten wir, Boss?«, fragte Sorrento.
»Oh, wir suchen uns ein anderes Motel«, sagte Newman mit verständnisvoller Stimme.
»Super, Boss!«, rief Miller.
»Das war ein Scherz«, fuhr Newman ihn an. »Wo wart ihr letzte Nacht, hm? Fragt nicht so blöd. Sollen wir die beiden etwa unbeobachtet hier allein lassen?«
»Wir haben immerhin einen Sender an ihrem Jeep angebracht«, meinte Miller mürrisch. Er freute sich nicht darauf, noch eine Nacht im Wagen zu verbringen.
»Der Sender sagt uns nur etwas über das Auto, du Erbsengehirn«, sagte Newman. »Nichts über die Leute, nichts darüber, wer kommt, wer geht, mit wem sie telefonieren. Also, parkt den Wagen irgendwo, wo er unauffällig steht, und klemmt euch dahinter!«
Fabian lag eingehüllt in eine Decke am Ufer des Lake Superior. Die Nacht war angebrochen, und er hatte schon geschlafen. Aber dann hatte ihn das helle Licht des Vollmondes geweckt. Seine silbernen Strahlen erhellten die Landschaft so sehr, dass Fabian alle Einzelheiten erkennen konnte. Sie tanzten auf den Wipfeln der Bäume und ließen das Wasser des Sees wie einen Spiegel glänzen.
Etwas Geheimnisvolles lag in dieser Nacht über der Wildnis, und Fabian spürte es. Er konnte nicht wieder einschlafen. Gebannt schaute er zum Mond hinauf, als gäbe es nur ihn in seiner Welt.
Nach einer Weile schweiften Fabians Gedanken unwillkürlich zu Serena, und er erinnerte sich plötzlich an all die Dinge, die sie als Kinder und Jugendliche zusammen erlebt hatten. Er dachte an den Tag, als Serena geboren worden war, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er war zehn Jahre alt gewesen. Seine Mutter hatte ihm damals gesagt, dass er ihr helfen müsse, Serena großzuziehen, weil sie es in ihrem Alter nicht mehr allein mit einem quirligen Kleinkind aufnehmen könne. Fabian war sich sehr erwachsen und wichtig vorgekommen. Er hing sehr an seiner Mutter und wollte ihr selbstverständlich unter die Arme greifen. Viele Jahre später erst, als er beinahe siebzehn war, war ihm klargeworden, dass seine Mutter sehr gut allein auf Serena hätte aufpassen können. Sie hatte ihm mit ihrer Bitte lediglich helfen wollen, den Familienzuwachs leichter zu akzeptieren. Doch da hatte Serena sich längst einen festen Platz in Fabians Herz verschafft.
Sie hatte vom ersten Tag an an seinem Rockzipfel gehangen, wollte alles das machen, was er tat, und überall dort hingehen, wohin er ging. Das war ihm oft ziemlich auf die Nerven gefallen. Besonders schlimm war es geworden, als er seine erste Freundin mit nach Hause gebracht hatte. Serena war so eifersüchtig gewesen! Sie hatte mit allen Mitteln versucht, jede seiner Freundinnen zu vergraulen. Bei einigen hatte sie tatsächlich Erfolg gehabt, und er hatte vor Ärger geschäumt.
Erst als er von zu Hause ausgezogen war – Serena war gerade zwölf geworden –, hatte er gemerkt, wie sehr ihm die nervige kleine Schwester im Alltag fehlte. Serena war fürchterlich starrsinnig und unabhängig. Hatte sie sich erst mal etwas in den Kopf gesetzt, so führte sie es auch aus. Die Eltern wussten oft nicht, was
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