Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
der Schwitzhütte kam, oder ob es tatsächlich kühler geworden war. Sie schwankte leicht.
Shane kam ihr zu Hilfe und stützte sie.
»Du hast dich toll gehalten«, flüsterte er.
Ein würziger Duft umgab ihn. Der Geruch des wilden Salbeis und der Zeder haftete noch immer an seinem Körper. Serena atmete tief ein. Das herbe Aroma der Pflanzen war auch tief in ihre Haut eingedrungen. Sie würde diesen Duft nicht so schnell vergessen.
»Übrigens, Shane, danke, dass du eben in der Schwitzhütte meine Hand gehalten hast. Das hat mir sehr geholfen. Ich dachte schon, ich würde ohnmächtig werden.«
Shane sah sie überrascht an.
»Ich habe deine Hand nicht gehalten, Reena.«
Erneut überkam Serena eine Gänsehaut, und sie erschauerte.
»Ein Sturm zieht auf«, stellte Helen besorgt fest. »Ich habe unsere Sachen bereits ins Auto geladen. Zieht euch schnell an. Es ist besser, wenn uns das Unwetter nicht hier draußen überrascht. Ich kümmere mich um das Feuer.«
Serena blickte sich verwundert um. Im Wetterbericht hatte es doch geheißen, dass heute die Sonne scheinen sollte. Und auch vorhin, als die Zeremonie begonnen hatte und die Dämmerung angebrochen war, war der Himmel klar gewesen. Jetzt türmten sich schwarze, verhängnisvolle Wolken am Horizont auf. Serena blickte auf ihre Armbanduhr. War wirklich nur eine gute halbe Stunde verstrichen, seit sie die Schwitzhütte betreten hatte? Und war diese dunkle Sturmfront tatsächlich innerhalb dieser kurzen Zeit aufgetaucht?
Sie sprang in ihre Klamotten und saß schon wenige Minuten später im Wagen. Sie war erleichtert, aus dem Wind herauszukommen. Wenigstens für den Augenblick.
Shane lenkte den Wagen, so schnell es ihm möglich war, über die unbefestigten Wege zurück zum Ort. Niemand sprach ein Wort. Serena klammerte sich an den Griff über der Wagentür und zwang sich, nach vorn zu schauen. Die dunklen Wolken verhießen nichts Gutes, besonders nicht nach den warnenden Worten von Großmutter Storm Hawk – aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Da fiel ihr plötzlich etwas Wichtiges ein. Sie lehnte sich nach vorn und hielt sich an der Kopfstütze des Fahrersitzes fest, um bei der holprigen Fahrt nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Shane«, rief sie aufgeregt, »als wir eben in der Schwitzhütte unsere Gebete gesprochen haben, da war mir, als hätte ich vor meinem geistigen Auge einen Kojoten gesehen. Er schien mich einen Augenblick anzuschauen, dann ist er hinter einem großen Felsen verschwunden.« Shane warf ihr durch den Rückspiegel einen überraschten Blick zu.
»Dann gibt es keinen Zweifel«, meinte er. »Auch ich habe den Kojoten gesehen. Und ich habe den Ort wiedererkannt. Ich weiß jetzt, wo wir nach Fabian suchen müssen.«
»Wo?«
»Im Writing-on-Stone Provincial Park.«
»Writing-on … was?«
»Ich erkläre es dir später«, sagte Shane, ohne den Blick von der staubbedeckten Fahrspur zu nehmen.
»Wo ist dieser Writing-Park?«, erkundigte Serena sich.
»Writing-on-Stone«, erklärte Shane. »Der Park heißt Writing-on-Stone, und er liegt direkt an der Grenze von Alberta und Montana.«
»Montana?«, echote Serena. »Wie sollen wir da hinkommen? Dein Wagen muss doch in die Werkstatt.«
»Mir fällt schon etwas ein«, meinte Shane und riss den Wagen scharf nach rechts. Sie hatten die Asphaltstraße erreicht, die zurück ins Dorf führte.
Serena fiel unsanft gegen die hintere Wagentür.
»Bevor du auch nur eine andere Sache tust, muss ich Serena etwas Wichtiges zeigen. So viel Zeit bleibt euch«, warf Großmutter Storm Hawk ein.
»Schon gut, schon gut«, erwiderte Shane, obwohl ihm sein Gefühl sagte, dass sie sich sofort auf den Weg zum Writing-on-Stone Provincial Park machen sollten.
Er parkte den alten Buick vor dem Haus und half seiner Großmutter aus dem Wagen.
Als sie kurz darauf das Haus betraten, rannte Tiger ihnen freudig bellend entgegen. Großmutter tätschelte ihm geistesabwesend den Kopf.
»Komm, Serena«, forderte sie die junge Frau auf. »Es ist gleich hier im Wohnzimmer.«
Shane und Helen folgten den beiden. Sie blieben in der Tür stehen, neugierig zu erfahren, was so wichtig war, dass Großmutter es Serena unbedingt zeigen wollte, obwohl die Zeit so drängte.
»Dir sind vielleicht gestern schon die vielen Adler aufgefallen, die auf Bildern und als Figuren in unserem Wohnzimmer zu Hause sind«, wandte Großmutter Storm Hawk sich ohne Umschweife an Serena. »Der Adler spielt bei unserem Volk eine wichtige Rolle.
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