Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
scherzte er.
In diesem Augenblick erkannte Serena, dass es nicht nur die äußerliche Veränderung war, die sie an Fabian wahrgenommen hatte. Er hatte sich auch innerlich verändert. Nicht zum Schlechten, ganz im Gegenteil. Aber sie konnte die Veränderung nicht nachvollziehen, weil sie nicht dabei gewesen war. Und dieses Gefühl schmerzte sie. Sie fühlte plötzlich eine Art Abgrund zwischen ihr und Fabian, der vorher nie da gewesen war.
Verlegen blinzelte sie ihre aufsteigenden Tränen fort.
»Nun erzähl uns, was vorgefallen ist«, bat sie. »Vielleicht können wir dir helfen.«
»Ich befürchte, um alles zu erzählen, werde ich eine ganze Weile brauchen«, sagte Fabian.
»Wir haben Zeit«, erklärte Shane.
»Wir können uns dort drüben in den Schatten der Felswand setzen«, schlug Serena vor.
Sie setzten sich und lehnten sich gegen die warme Wand. Shane stopfte Serena seinen Pullover in den Rücken, damit sie es bequemer hatte. Tiger lief schnüffelnd auf dem kleinen Felsplateau herum und kümmerte sich nicht weiter um sie.
»Ich bin überrascht, dass du Tiger mitgebracht hast, Shane«, meinte Fabian grinsend. »Du warst nie gut auf ihn zu sprechen.«
»Dafür kannst du dich bei meiner Großmutter bedanken«, erwiderte Shane. »Und auch dafür, dass wir dich gefunden haben. Aber davon später. Zuerst bist du an der Reihe.«
Serena und Shane blickten Fabian gespannt an.
»Am besten, ich beginne am Anfang«, erklärte er. »Ich werde versuchen, mich auf das Wesentliche zu beschränken.«
Er schwieg eine Weile, um seine Gedanken zu ordnen.
»Vor gut drei Jahren wurde mir von einem großen Konzern ein gutbezahlter Job angeboten. Ich sollte als Physiker an einem großartigen neuen Projekt arbeiten. Ray Brooks hatte von der Stelle gehört und mich dafür vorgeschlagen. Erinnerst du dich an ihn?«
»Natürlich, er war der Geschäftsführer von Denver Fusion Research, für die wir vor sechs Jahren gemeinsam gearbeitet haben«, sagte Shane.
»Richtig. Ich habe also zugesagt, mir das Forschungszentrum anzusehen und mich mit den zuständigen Leuten dort zu treffen.«
Er schüttelte den Kopf, lächelte wehmütig.
»Hätte ich damals gewusst, was auf mich zukommt … Aber das stimmt so auch nicht. Denn wäre ich damals nicht dorthin gefahren, dann wäre ich heute nicht hier.«
»Der Reihe nach, Fabian«, bat Serena.
»Entschuldige. Ich habe mir also das sogenannte Forschungslabor angesehen.«
»Wo war das?«, hakte Shane nach. »Und von welchem Konzern sprechen wir hier?«
»Ich denke, es ist besser, wenn ich euch die ganz Geschichte erzähle und ihr eine Nacht darüber schlaft. Wenn ihr mir dann immer noch helfen wollt, werde ich euch morgen früh die Einzelheiten sagen. Solltet ihr euch dagegen entscheiden – was ich hoffe –, dann ist es besser, wenn ihr so wenig wie möglich wisst.«
»Also gut«, erklärte Shane sich einverstanden. »Erzähl weiter.«
»Erst mal nur so viel«, fuhr Fabian fort. »Es war kein Forschungszentrum, wie ich es mir vorgestellt hatte. Sie haben Menschen dort eingesperrt, viele, viele Menschen. Und sie machen schlimme Sachen mit ihnen. Schlimmer, als ihr es euch vorstellen könnt. Experimente. Und alles im Namen der Forschung.«
Er schüttelte betrübt den Kopf.
»Mir war sofort klar, dass ich mich an so etwas nie beteiligen könnte. Dass all das natürlich hochgeheim war und diese Leute mich nicht einfach ohne weiteres gehen lassen würden, nachdem ich gesehen hatte, was sie tun und wo ihr verstecktes Labor ist – das ist mir erst klargeworden, als ich die Anlage verlassen wollte. Denn da wurde mir nahegelegt, dass eine Absage meinerseits nicht akzeptiert werden würde.«
Serena legte entsetzt die Hand vor den Mund.
»Oh, Fabian!«
»Ich wusste, diese Leute meinen es ernst. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie wenig ihnen ein Menschenleben bedeutet. Ich musste für sie arbeiten, oder ich würde sterben. Es schien keinen Ausweg zu geben.«
Er schüttelte erneut den Kopf.
»Bloß ein kleiner Fehler, ein einziges Mal nicht gründlich nachgedacht – und mein Leben war ruiniert. Dann kam mir die Idee mit dem Kloster. In Schweigen gehüllt und in Abgeschiedenheit lebend würde ich keine Gefahr mehr darstellen. Es bedeutete von meinem bisherigen Leben und von allem, was mir lieb war, Abschied zu nehmen, aber es schien mir in dem Augenblick besser, als zu sterben.« Er lächelte Serena wehmütig zu.
Serena sah betroffen zu Boden. Sie hatte den plötzlichen
Weitere Kostenlose Bücher