Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
Datenbank braucht man keine Pässe zu fälschen. Es handelt sich um Identitäten von Verstorbenen. Man sucht sich lediglich die passenden Daten aus, Abstammungsland, Alter, Geschlecht und so weiter, und gibt dann vor, diese Person zu sein. So kann niemand sagen: Hey, wie kommst du zu meinem Namen und an meine Daten? Die Spione machen das so, der Konzern macht es so, und wir – wir haben uns lediglich ihrer Datenbank bedient. Hier in Kanada zum Beispiel muss man nur ein Passbild und eine Geburtsurkunde einschicken, um einen Pass zu erhalten. Niemand prüft, ob die Person noch am Leben ist.«
»Ich verstehe«, nickte Serena. »Aber was ist, wenn es keine passende verstorbene Person in der Datenbank gibt?«
Fabian sah sie nachsichtig an.
»Ich nehme an, dass dann eine passende Person in eine passende verstorbene Person verwandelt wird.«
»Oh«, meinte Serena und schluckte.
»Okay, du hast dir also Pässe von zwei verschiedenen Ländern besorgt«, meinte Shane gespannt. »Aber wie bist du aus dem Kloster verschwunden, ohne dass die Typen vom Konzern dir folgen konnten?«
»Auch hier hat Brian mir geholfen«, erklärte Fabian. »Ich wusste, dass man hinter mir her sein würde. Also habe ich mit Brian einen Tausch verabredet. Ich bin in die nächstgrößere Stadt gefahren. Dort habe ich eine öffentliche Toilette aufgesucht und mein Mönchsgewand gegen normale Kleidung eingetauscht. Anschließend bin ich ein bisschen durch die Stadt gewandert. Dann bin ich in einem Café ins WC gegangen. Brian hat dort schon auf mich gewartet. Er trug die gleiche Kleidung wie ich und ist an meiner Stelle ins Café zurückgekehrt. Er hat die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und meine Verfolger weggelockt. Ich habe mich umgezogen, eine Weile gewartet und das Café unbehelligt verlassen.«
»Und was wurde aus Brian?«, wollte Serena wissen.
Shane grinste. »Lass mich raten. Brian hat die Typen irgendwo hingeführt, wo sie ihn für einen Augenblick nicht beobachten konnten. Dann hat er schnell die Kleidung gewechselt und konnte unbehindert an den Typen vorbeigehen und verschwinden, denn sie haben ja nicht auf ihn gewartet, sondern auf dich, Fabian.«
»Stimmt genau«, meinte Fabian. »Ich habe dann meine Pässe dort abgeholt, wo Brian sie für mich hinterlegt hatte, und bin nach Rotterdam gefahren. Dort habe ich mit ungarischem Pass unter dem Namen Dimitri Csaba auf einem Schiff angeheuert.«
»Weil du fließend Ungarisch sprichst«, sagte Serena in anerkennendem Ton. »Genial.«
»Aber wie um alles in der Welt bist du als Seemann durchgegangen?«, wollte Shane wissen. »Warst du vorher überhaupt schon mal auf einem Schiff?«
»Einmal, auf einem Ausflugsdampfer«, grinste Fabian. »Aber Spaß beiseite. Im Kloster habe ich einen gewissen Bruder Lukas kennengelernt. Er hat sich um mich gekümmert, als ich dort angekommen bin, und wir haben uns angefreundet. Lukas ist ein lustiger Typ. Er ist Mitte sechzig, stammt aus Hamburg und hat diesen trockenen norddeutschen Humor. Er hätte euch gefallen.«
Fabian hielt einen Augenblick inne und rief sich Bruder Lukas’ fröhliche Sprüche ins Gedächtnis zurück.
»Lukas lebte schon seit fünfundzwanzig Jahren in Engelstein«, fuhr er schließlich fort, »und hatte es noch immer nicht geschafft, sich an das Schweigegebot zu halten – miteinander gesprochen werden darf dort nämlich eigentlich nur an einem Tag in der Woche, beim gemeinsamen Spaziergang. Lukas hat viel von sich erzählt und von seinem Leben, bevor er ins Kloster kam. So wusste ich, dass er gelernter Seemann war und jahrelang durch die ganze Welt gereist war. Also habe ich ihn gebeten, mir den Seemannsjargon und alles andere, was ich über die Seefahrt wissen musste, beizubringen.«
Fabian lachte auf. »Und das hat er auch getan – immer wenn wir zusammen im Garten oder in der Küche gearbeitet haben. Ich habe ihm wirklich viel zu verdanken. Er war ein guter und treuer Freund. Leider konnte ich mich nicht von ihm verabschieden. Es wäre zu riskant gewesen, ihn in die Sache mit reinzuziehen. Er muss wer weiß was von mir denken – dass ich die Schnauze voll hatte vom Mönchsein oder dass ich in irgendwelche dunklen Machenschaften verwickelt war. Ich weiß nicht, was im Kloster nach meinem Verschwinden über mich verbreitet worden ist.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte ihn gerne wissen lassen, warum ich so klammheimlich verschwinden musste.«
Serena legte tröstend ihre Hand auf seinen Arm.
»Vielleicht kannst du
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