Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
Sinneswandel ihres Bruders nie nachvollziehen können. Aber nun verstand sie seine Lage immer besser.
»Es tut mir unendlich leid, dass ich euch da mit reingezogen habe«, fügte Fabian hinzu und blickte in die Runde.
»Es ist schon gut.« Serena verzieh ihm sofort.
»Mach dir keine Gedanken, mein Freund«, meinte Shane. »Erzähl weiter.«
»Ich hatte recht«, fuhr Fabian fort. »Man ließ mich gewähren. Im Kloster war ich für die Leute vom Konzern so gut wie tot. Doch ich wusste, dass sie mich im Auge behalten würden und dass ich die Gemeinschaft des Klosters nie verlassen könnte, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Aber das war mir egal. Ich hatte dort viel Zeit zum Nachdenken, habe viel gebetet und sehr viel gelernt. Eines Tages habe ich mich an das Gedicht Invictus erinnert, und mir ist bewusst geworden, dass es feige von mir war, mich den Konsequenzen meines Handelns zu entziehen. Ich hatte mich selbst in die Situation gebracht, in der ich mich für Gut oder Böse entscheiden musste. Es wäre ehrenvoller gewesen zu sterben, als Reißaus zu nehmen.«
Er warf Shane einen flüchtigen Blick zu. Er wusste, sein Freund hätte in einer solchen Situation den Tod vorgezogen, so wie viele seiner Vorfahren es getan hatten, als man sie dazu zwang, ihre Freiheit aufzugeben und in Reservate zu ziehen. Doch es lag keine Verachtung in Shanes Blick, sondern Verständnis.
»Als mir das alles klarwurde, fasste ich den Entschluss, die Sache auszubügeln und mit meinem Gewissen ins Reine zu kommen. Ich betete und betete jeden Tag, dass mir gezeigt werden würde, wie ich das anstellen könnte. Schließlich traf mich eine Feststellung wie ein Hammer, und ich wusste, meine Gebete waren erhört worden: Was immer ich auch tun würde, es gab keinen Ausweg – aber getan werden musste etwas. Handelte ich nicht, dann würde ich mit dem Wissen leben müssen, nichts unternommen zu haben, um den armen Menschen im Labor zu helfen, und das wäre mein Untergang. Entschloss ich mich zu handeln, so würden die Leute vom Konzern mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, mich aufzuhalten. Wie auch immer ich mich entscheiden würde, mein Untergang schien sicher.«
Serena erschauerte, als ihr die Bedeutung von Fabians Worten bewusst wurde.
Shane hingegen nickte zustimmend und klopfte seinem Freund anerkennend auf die Schulter.
»Es musste etwas getan werden«, fuhr Fabian fort. »Ganz gleich was es war. Und dazu musste ich aus dem Kloster verschwinden.«
»Aber wie ist dir das gelungen?«, fragte Serena entgeistert. »Du hast doch selbst gesagt, dass die vom Konzern es sofort merken würden, solltest du das Kloster verlassen.«
»Alleine hätte ich es auch nie geschafft«, gab Fabian zu. »Aber glücklicherweise hatte ich zwei gute Freunde, die mir geholfen haben.«
Seine Worte versetzten Serena einen Stich ins Herz. Warum hatte Fabian nicht sie um Hilfe gebeten oder Shane. Sie hätten sie ihm nur allzu gern gewährt. Doch als Fabian fortfuhr, verstand sie sehr bald, warum er jemand anderen gewählt hatte.
»Um alles bis in die letzte Kleinigkeit zu erklären, ist jetzt nicht genügend Zeit. Auf jeden Fall habe ich vor vielen Jahren – lange bevor Shane und ich in Denver zusammengearbeitet haben – bei einem Job in Australien einen Typen kennengelernt, der ein totaler Computerfreak ist. Wir sind damals recht gute Kumpel gewesen. Ich habe ihn, nachdem ich meinen Entschluss gefasst hatte, immer dann kontaktiert, wenn ich vom Kloster aus ins Dorf geschickt wurde, um Besorgungen zu tätigen. Brian hat herausgefunden, dass der Konzern, für den ich arbeiten sollte und der mich in diese missliche Lage gebracht hat, über ein riesiges Verzeichnis mit persönlichen Daten verfügt. Ich nehme an, dass sie die Informationen dazu benutzen, ihre Opfer ins Land zu schmuggeln. Wie auch immer, Brian hat es geschafft, sich in die Datenbank zu hacken und mir Identitäten für Pässe von zwei verschiedenen Ländern zu besorgen, ohne dass die beim Konzern es bemerkt haben.«
»Moment mal«, warf Serena ein. »Moderne Reisepässe kann man doch nicht fälschen. Die haben all diese Strichcodes und Wasserzeichen und andere Sicherheitsvorkehrungen.«
»Fabian hat nicht gesagt, dass Brian und er Pässe gefälscht haben, Reena«, stellte Shane fest. »Er hat lediglich gesagt, dass sie sich Identitäten verschafft haben.«
»Wo ist da der Unterschied?«
»Verstehst du nicht?«, fragte Fabian. »Mit einer falschen Identität aus deren
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