Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
es ihm sagen, wenn dies alles vorbei ist. Vielleicht können wir ihn dann gemeinsam besuchen.«
Fabian lächelte sie nachsichtig an. Dann setzte er seinen Bericht fort.
»Als ich in Halifax angekommen bin, hätten sie mich beinahe geschnappt. Ich nehme an, sie haben dein Telefon angezapft.«
»Deshalb war die Leitung auf einmal tot«, sagte Serena leise und dachte daran, wie aufgewühlt sie sich in dem Augenblick gefühlt hatte.
»Ja, ich musste abhauen. Sie waren mir dicht auf den Fersen. Die müssen überall Handlanger haben. Ich habe den ungarischen Pass weggeschmissen und bin mit einem kanadischen Ausweis in Kanada eingereist. Seitdem bin ich Mike Hall. Ich habe mir in Halifax einen Gebrauchtwagen gekauft – mit Bargeld natürlich – und bin nach Westen aufgebrochen. Unterwegs habe ich ein paar Tage am Lake Superior haltgemacht, um mich zu sammeln und mit der neuen Situation in Einklang zu kommen. Sobald es ging, habe ich mich auf den Weg hierher gemacht. Shane hat mich einmal mitgenommen und mir die Bedeutung von Writing-on-Stone erklärt. Daran habe ich mich erinnert, und ich wollte sicherstellen, dass ich mich in der richtigen geistigen Verfassung befinde und so viel Kraft wie nur irgend möglich in mir trage, bevor ich mich daranmache, diesen Typen vom Konzern das Handwerk zu legen.«
»Das geht mir ein bisschen zu schnell«, meinte Serena und hob abwehrend die Hand. »Ich habe noch eine Menge Fragen.«
Shane lachte auf.
»Die hast du immer, Reena! Du hattest recht, Fabian, als du mir damals sagtest, deine kleine Schwester sei ein starrköpfiges und unabhängiges Wesen. Sie kann eine wahre Pest sein.« Er stieß Serena freundschaftlich in die Seite.
»Für dich koche ich bestimmt nicht noch einmal«, murmelte sie beleidigt.
In diesem Augenblick kam Tiger zu ihnen und legte sich auf Serenas Schoß.
»Wenigstens mag mich dein Hund«, meinte sie.
»Tiger ist nicht mein Hund«, erwiderte Shane.
»Immer mit der Ruhe, ihr beiden«, beschwichtigte Fabian. »Ihr habt euch in der letzten Zeit wohl zu eng auf der Pelle gesessen.«
»Davon erzählen wir dir später«, schmunzelte Shane. »Jetzt möchte ich erst mal wissen, wie du es geschafft hast, so eine große Menge Bargeld durch den Zoll zu schmuggeln.«
»Und ich möchte wissen, woher du überhaupt so viel Geld hattest«, warf Serena ein. »Ich meine, Brian hat doch sicherlich auch nicht umsonst gearbeitet.«
»Hey, hey, wir sind doch hier nicht in einem Verhör«, lachte Fabian. Aber die anderen warfen ihm derart bohrende Blicke zu, dass er fortfuhr.
»Schon gut, schon gut. Also, ich hatte das Geld in das Futter meiner Jacke eingenäht. Schließlich musste ich ja nicht durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen. Der Zoll am Hafen nimmt seine Aufgabe eher locker. Die haben mich nur gefragt, ob ich etwas zu verzollen hätte, und ich habe nein gesagt. Und nun zu deiner Frage, Schwesterherz. Das Geld hatte ich bereits, bevor ich ins Kloster gegangen bin. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe es beim Pferderennen gewonnen. Wetten bringen gutes Geld, und ich wollte auf ein schönes Haus sparen. Daraus ist ja leider nichts geworden, aber aufgeben wollte ich das Geld auch nicht. Ich hatte so ein Gefühl, als würde es eines Tages noch zu gebrauchen sein – und so war es denn auch. Also habe ich es in einem Schließfach bei einer Mailänder Bank hinterlegt. Der Schlüssel dafür war all die Jahre über mein kleines Geheimnis. Ich habe ihn immer bei mir getragen – in meinem Schuh.«
»Auf so etwas kannst auch nur du kommen!«, lachte Serena. »Du bist tatsächlich all die Jahre im Kloster mit einem Schließfachschlüssel im Schuh herumgelaufen?«
»Du kannst es mir glauben«, beteuerte Fabian mit ernster Miene.
»Ich glaube es dir«, beschwichtigte Serena und legte freundschaftlich den Arm um ihren Bruder.
»Aber nun erzählt, wie es dazu gekommen ist, dass ihr beiden gemeinsam nach mir gesucht und mich auch gefunden habt«, bat Fabian.
»Da fragst du noch?«, meinte Shane. »Erst rufst du bei Reena an und machst alle möglichen Andeutungen darüber, dass dein Leben in Gefahr ist und du dich auf geheimer Mission befindest, und die Verbindung bricht ab. Und dann schreibst du mir einen Lebewohl-Brief, in dem du mich bittest, auf deine kleine Schwester aufzupassen, sollte es notwendig werden. Der Brief erreichte mich kurz nachdem ich Reena nach Bear Butte geschickt hatte.«
»Bear Butte in South Dakota?«, fragte Fabian überrascht.
»Genau dort.«
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