Das Geheimnis des goldenen Salamanders (German Edition)
Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als ihm zwei Hände von hinten die Augen zuhielten.
»Buh!«, erklang eine helle Stimme dicht neben seinem Ohr.
»Eliza?«
»Wir haben dich schon überall gesucht«, platzte die Kleine heraus. »Will Cooke ist wieder da. Er ist den Schuften entwischt.«
»Der verschwundene Freund von Kit?« Jack drehte sich zu dem Mädchen um, das heftig nickte.
»Stell dir das mal vor! Es waren doch keine Feen, nur ganz gemeine Leute. Die haben die Jungs und Mädchen einfach so geklaut und in ’nen Keller gesperrt. Los komm!« Eliza packte seine Hand und zog ihn hoch. Erst jetzt bemerkte Jack Maggie, die an der nächsten Straßenecke stand und mit Kit und einem Jungen, den er nicht kannte, sprach. Sie winkte ihn ungeduldig herbei, die Wangen vor Aufregung gerötet.
»Jack!« Maggies sonst so ruhige Stimme überschlug sich fast. »Wir wissen, wo die gefangenen Kinder sind.« Dann deutete sie auf den fremden Jungen »Das ist Will Cooke. Er ist letzte Nacht den Kinderfängern entwischt. Und Kit kennst du ja schon.«
Jack nickte Kit kurz zu, dann wandte er sich gleich dem anderen Jungen zu, der müde und mitgenommen aussah. Seine fettigen, verfilzten Haare standen wirr vom Kopf ab, sein Hemd war zerrissen und die Hose schmutzig. Seine Wade war mit einem blutdurchtränkten Tuch umwickelt.
»Stimmt das?«, fragte Jack geradeheraus.
»So wahr ich hier stehe.« Der Junge legte sich die Hand aufs Herz. »Um ’n Haar wär’s jedoch schiefgelaufen.« Er deutete auf seine Wade. »Sie haben ’nen Köter auf mich gehetzt, und der hat mich seine scharfen Zähne spüren lassen. Aber dann hab ich’s doch noch geschafft, ihn abzuschütteln.«
»Und die anderen Kinder? War ’n kleiner Junge dabei?« Er beschrieb Ned kurz.
»Mhm«, überlegte Will Cooke, nachdem er Jacks Steckbrief angehört hatte. »Da war tatsächlich ’n kleiner Junge, so sieben bis acht Jahre alt. Allerdings hab ich keine Ahnung, wie er heißt. Seit er im Keller ankam, hat er kein einziges Wort gesprochen.«
Jacks Herz schlug bis zum Hals. Das klang ganz nach seinem Bruder.
»Und wo sind sie jetzt?«
»Noch im Keller. Wir ...«
»Himmel noch mal! Und wieso steht ihr hier herum wie die Ölgötzen?« Am liebsten wäre Jack gleich losgelaufen. »Wir müssen sie sofort befreien.«
»Na, nicht so hastig«, mischte sich Kit ein. »Zu dem Schluss sind wir auch längst gekommen, aber erst brauchen wir ’nen Plan.«
»Wär’s nicht das Einfachste, zur Wache zu gehen?«, schlug die vernünftige Maggie vor. Statt mit einem blauen hatte sie heute ihre Haare mit einem grünen Seidenband im Nacken zusammengebunden.
»Bringt nichts«, erklärte Will. »Da war ich schon. Der olle Wachmann hat mir nicht geglaubt. Er wollte nicht mal zur Silbernen Nixe , um diesen Nathaniel und seine Alte zu überprüfen. Stattdessen hat er gleich mit dem Heim gedroht.« Er rieb sich die Wade. »Da hab ich mich unverzüglich aus dem Staub gemacht.«
Nathaniel? Hatte Will tatsächlich den Namen Nathaniel erwähnt? Handelte es sich etwa um Kapitän Bates’ Helfer, zu dem Moll Alyss geschickt hatte?
»Ist auch ’n Mädchen mit kurzen, dunklen Locken dabei, das Jungenhosen trägt?«, fragte er und spürte, wie seine Ohren heiß wurden. Aber die anderen bemerkten es nicht.
»’n Mädchen in Jungenhosen? Alyss? Ja, die haben sie gestern früh gebracht.« Dann grinste er augenzwinkernd. »Sag bloß, du bist der Langfinger, der ihren Salamander geklaut hat. Sie hat uns die ganze Geschichte erzählt. Na, wenn das nicht ’n echter Zufall ist.«
Auch Jack konnte es nicht fassen.
»Was wollen die denn mit den Kindern machen?«, fragte Eliza, die bisher schweigend gelauscht hatte. Sie zupfte an einer Haarsträhne und begann sie wie besessen zu verdrehen.
»Das haben wir nie herausgefunden. Wir wissen nur, wie sie dort landen.« Dann berichtete Will ausführlich, wie die Häscher die Kinder zur Silbernen Nixe lockten, sie betäubten und sie schließlich in einen rattenverseuchten Keller sperrten.
Eliza, die immer noch ihr Haar bearbeitete, sagte kein Wort, doch ihre Oberlippe begann zu zucken und Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Nur keine Bange.« Jack legte tröstend den Arm um ihre Schulter. »Wir werden das den Schurken ordentlich vermasseln. Du wirst sehn. Schwuppdiwupp, und die Kinder sind wieder frei.« Trotzdem kullerten Eliza weiter Tränen die Wangen hinab.
»Leute«, unterbrach Kit. »Es bringt nun wirklich nichts, hier Trübsal
Weitere Kostenlose Bücher