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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Gelegenheit, denn sein Kollege war ohnehin bei ihm zu Gast.
    „Du bist vom bisherigen Ergebnis enttäuscht?“, fragte er Bernhardi.
    „Na ja, bis jetzt kann ich nichts erkennen, was den gewaltigen Aufwand der Geheimhaltung und der Verschlüsselung rechtfertigen würde.“
    „Betrachten wir die Sache einmal vom anderen Ende aus“, schlug Auerbach vor. „Dieser Heinrich von Saalfeld muss seinen eigenen, unbescheidenen Worten nach ja ein außergewöhnlich begabter Meister gewesen sein. Dafür scheint er auch persönliche Nachteile in Kauf genommen zu haben. Irgendwie ist es doch seltsam, dass heute kein Mensch mehr diesen Namen kennt oder kennen will. Entweder war er völlig unbedeutend und das, was er entdeckt haben will, ist es auch. Oder aber …“ Hier stockte Auerbach.
    „… oder er wurde systematisch aus dem Gedächtnis der Menschen gestrichen“, ergänzte Bernhardi den unvollendeten Satz seines Freundes.
    „Jetzt aber mal langsam. Wenn dem so wäre, müssten gewisse Kreise eine enorme Anstrengung unternommen haben, um die Erinnerung an seine Person zu löschen. Aber warum nicht? Vielleicht betraf diese Tilgung nicht nur seine geistige, sondern auch seine körperliche Existenz.“
    „Immerhin hat er diese Möglichkeit in seinem Vorwort ja bereits angedeutet.“
    „Also, ich werde mich bemühen, schnell an die weitere Übersetzung zu gehen. Allerdings muss ich sehr vorsichtig sein. Es soll nicht nach außen dringen, dass ich viel Zeit mit etwas Mysteriösem verbringe. Das würde auffallen und mich in den Augen unseres Reinhardus’ bereits verdächtig machen.“
    „Hoffentlich hast du recht.“
    „Womit?“
    „Dass es nur die Augen von Reinhardus sind, deren Bannstrahl dich treffen könnte.“
    Betroffen schwieg Bernhardi für eine Weile.
    Auerbach unterbrach die Stille: „Du musst darüber mit Elisabeth reden. Die Verantwortung für dein Tun kannst du nicht allein auf dich nehmen. Du hast dieselbe auch für deine Frau und die Kinder.“
    „Elisabeth kann ich zurzeit nur selten auf diese Dinge ansprechen. Sie leidet, wie du weißt, von Zeit zu Zeit an der dunklen Krankheit, der Melancholia, und mir gelingt es selten, sie ihrer düsteren Begleiterin zu entreißen. Ja, ich muss mich vorsehen, nicht selbst angesteckt zu werden.“
    „So wirst du versuchen, sie wieder in Gesellschaft zu bringen.“
    „Du kennst Elisabeth nicht, sie hat einen stärkeren Willen als ich. Ich hoffe allerdings, dass unser künftiger Schwiegersohn, dem sie sehr aufgeschlossen gegenübersteht, ihr zu einem glücklicheren Leben verhilft. Dann hätte auch ich zwei Sorgen weniger: die um meine Gattin und die um Barbara.“
    „Wenn du von Annas tragischem Tod redest, sprichst du immer nur von deinen Familienangehörigen. Wie geht es dir selbst damit?“
    Bernhardi hatte für einen Moment Tränen in den Augen. „Je mehr ich mich um die anderen sorgen kann, desto weniger komme ich selbst dazu, mich meiner Trauer zu stellen. Das weiß ich wohl. Ich stürze mich in die Arbeit. Die Verbissenheit, mit der ich mich an die Entzifferung des Textes begebe, legt ein Zeugnis dafür ab. Vielleicht bin ich auch deshalb in Sorge, der Inhalt könnte mich enttäuschen. Ich brauche im Moment diesen Halt durch eine Aufgabe.“
    „Ist denn die Religion für dich kein Trost?“
    Bernhardi schwieg wieder eine Weile. Dann blickte er seinen Freund direkt an. „Doch. Ich halte mich aber weniger an die Angebote der römischen Kirche, sondern mehr an die Worte der Heiligen Schrift selbst. Auch darin hat mich dieser Luther bestärkt. In Momenten, in denen ich die Worte des Paulus imfünfzehnten Kapitel seines ersten Briefes an die Korinther meditiere, überkommt mich schon ein tiefer Trost. Oder auch sein erster Brief an die Thessalonicher. Dort lese ich: Wir sollen nicht trauern wie die, die keine Hoffnung haben. Aber dann überfallen mich die Zweifel und ich merke, wie mein Schmerz nicht gelindert sein will. Verstehst du das?“
    Auerbach nickte. „Die Wahrheit im Kopf muss zur Wahrheit des Herzens werden. Und der Weg dahin ist dornig, und manchmal scheint er zutiefst verschlossen.“
    „Du kennst diese Trostlosigkeit auch?“
    „Ja. Und mich hat sie nie wieder losgelassen. Aber davon erzähle ich dir ein andermal … Keine Sorge, mir geht es gut, ich bin im Grunde ein fröhlicher Mensch. Aber es gibt tief in meinem Innern eine Stelle, die ist und bleibt dunkel. Möge Gott mir auch diese einmal erhellen.“
    Bernhardi sah seinen Kollegen

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