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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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einmal Staub?“, fragte er scheinbar unbeteiligt.
    „Selten. Nein, eigentlich nie“, gab dieser, leicht verlegen, zu.
    „Dann schau mal hier!“ Bernhardi deutete auf eine Stelle zwischen den Büchern, die völlig staubfrei war, im Gegensatz zu dem restlichen Teil des Regals.
    „Seltsam. Hier scheint jemand kürzlich ein Buch herausgenommen zu haben. Ich war es allerdings nicht, mit den Fabeln Äsops und Vergleichbarem habe ich mich schon seit Jahren nicht mehr beschäftigt.“
    „Dann war es ein anderer. Wahrscheinlich hat er etwas gesucht.“
    „Du meinst …?“
    „Ja, auch du hattest Besuch.“
    Auerbach begann, seine Räume genauer zu untersuchen, konnte aber nichts Auffälliges feststellen. „Anscheinend waren für die Täter nur handfeste Beweise interessant, die von Saalfeld und Luther betrafen. Und von beiden ist bei mir ja nichts zu finden gewesen.“
    „Damit dürftest du noch eine Galgenfrist haben.“
    „Ja.“
    „Wenn das stimmt, was ich vermute, dann wird der Galgen für uns noch ein harmloses Vergnügen darstellen.“
    „So ernst siehst du die Lage?“
    Bernhardi wirkte noch in sich versunkener als sonst. „Ja, das sehe ich in der Tat so. Aber wir können nichts daran ändern. Ich gehe jetzt zurück und schaue nach, ob ich wenigstens deine Abschrift finden kann. Wenn nicht, dann bleibt uns von allem nur noch unser Kopf als einziger Zeuge.“
    Auerbach nickte.
    Zu Hause angekommen, traf Bernhardi den immer noch verängstigten Hannes an, der, nicht mehr ganz nüchtern, unaufhörlich Selbstgespräche führte.
    „Hannes, lass es für heute gut sein und begib dich zur Nachtruhe. Wir müssen ohnehin bald miteinander reden. Aber das hat noch Zeit bis morgen.“
    Hannes nickte und zog sich in seine Kammer zurück.
    Als alles ruhig schien, stieg Bernhardi die Stiege zum altenKeller hinunter und öffnete die Tür zu dem kleinen Raum, in dem einige seiner guten Weine lagerten. Langsam tastete er die rohen Steine der Wand ab und erfühlte den losen Quader, der sich äußerlich nicht von den anderen unterschied. Vorsichtig zog er ihn heraus und stellte beruhigt fest, dass sich die von Auerbach gefertigte Abschrift noch dort befand.
    „Manchmal genügt es, im richtigen Moment einen Schritt voraus zu sein“, murmelte er leise und zog das Bündel hervor. Dann rückte er den Stein wieder an seine alte Stelle, verstaute das Manuskript in seiner Manteltasche und verließ den Keller.
    Am nächsten Morgen wurde Bernhardi bei Reinhardus vorstellig.
    „Ja, was gibt es?“, brummte dieser, hinter einem mächtigen Tisch thronend.
    „Verzeiht, dass ich ohne Voranmeldung störe, aber ich habe Euch eine wichtige Mitteilung zu machen“, begann Bernhardi.
    „Nur zu“, entgegnete der Rektor, wieder in einem überzogen freundlichen Ton.
    „Ich trage mich mit dem Gedanken, eine neue Wirkungsstätte zu suchen, und werde noch heute den Herzog um die Erlaubnis bitten, die Stadt verlassen zu dürfen …“
    „Ach ja, die Gründe kenne ich doch. Ich habe auch schon gehört, dass die Pest im Anzug ist. Wie nicht anders zu erwarten, hat sie die Abtrünnigen in Kursachsen heimgesucht. Wenn das nicht ein Zeichen des Zornes Gottes ist! Die Universität Wittenberg hat sich ja nahezu aufgelöst und ist nach Jena übergesiedelt. Nur dieser Luther und einige wenige Unverbesserliche glauben wohl immer noch, dem Strafgericht Gottes entgehen zu können, und harren an Ort und Stelle aus. Ich kann den Triumph kaum noch erwarten, wenn sie der Schwarze Tod dahingerafft haben wird! Auch hier geht die Sorge um, dass die Pest bis zu uns kommt. Aber erstens glaube ich nicht, dass wirmit in das Strafgericht einbezogen werden sollen, immerhin vertreten wir ja die rechtgläubige Sache mit großer Ehrfurcht vor Gott und dem Papste –, und zweitens sorgen starke Kontrollen an den Grenzen unseres Herzogtums dafür, dass die Seuche nicht übergreift. Allerdings sehe ich ein, dass da jeder selbst entscheiden muss. Aber ich erwarte, dass es sich dabei um eine befristete Entfernung von unserer Bildungseinrichtung handelt. Ihr braucht doch nicht gleich eine neue Anstellung zu suchen.“
    Bernhardi war so verblüfft über die goldene Brücke, die ihm der Rektor da gebaut hatte, dass er kurz zögerte. Er musste sich voll konzentrieren, um in der kurzen Zeit, die er für seine Antwort zur Verfügung hatte, die richtige Entscheidung zu treffen. Zusätzlich verwirrte ihn, dass Reinhardus sich keinerlei Blöße zu geben schien. Er tat so, als wisse

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