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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Vermutungen allerdings etwas anders aus. Reinhardus hat in einer Versammlung der Professoren Andeutungen gemacht, Du könntest dem Gift der lutherischen Häresie zum Opfer gefallen sein und hättest Dich durch Flucht Deiner Verantwortung entzogen. Ob das tatsächlich seine Meinung ist oder ob er Kenntnisse über die Bedeutung Deines Fundes hat, ist mir nicht klar. Aber mit dem Häresieverdacht hat er eine gute Ausrede, Deine Abwesenheit zu erklären. Unsere lieben Kollegen tun zwar entsetzt, doch vermutlich sind sie nur daran interessiert, dass Dein möglicher Nachfolger für sie keine Beunruhigung oder Herausforderung darstellen wird. Von herzoglicher Seite ist noch keine Reaktion erfolgt
.
    Wie mir zugetragen wurde, ist plötzlich Bruder Konrad verstorben. Er könnte tatsächlich der letzte Lebende gewesen sein, der von Saalfeld gekannt und sogar mit ihm eine längere Zeit im Kloster zugebracht hat. Dürfte da ein Zusammenhang mit den Ereignissen Deines Überfalles in Betracht zu ziehen sein?
    Erinnerst Du Dich noch an den Studenten Maximilian Hartung? Ein nicht unbegabter Mensch, aber ein mir etwas zu stürmischer Draufgänger. Auch er war einige Zeit verschwunden, dann wurde seine Leiche gefunden – in einem Brunnen etwas außerhalb unseres Ortes. Der Medicus befand, dass er wohl an einer Stichverletzung verblutet sei
.
    Es überschlagen sich hier die Ereignisse. Ich selbst scheine noch nicht in Verbindung mit Dir gebracht worden zu sein, aber der Einbruch auch bei mir ist mir Mahnung genug
.
    Wie geht es Dir selbst? Bist Du in Kemberg, so nahe an Wittenberg, gut untergebracht? Mein Freund, den ich Dir empfohlen habe,ist verschwiegen wie ein Grab. Hoffentlich schöpft niemand Verdacht, wenn der angesehene Professor jetzt als edler Herr Karl Stolzig in dem Orte gastiert
.
    Wie ich von Deinem Gastgeber in Erfahrung bringen konnte, bietet ein Graf Wandsbeck in der Nähe von Deinem Asyl eine Hauslehrerstelle für seine Söhne. Ich werde Dich dort empfehlen, er hat Beziehungen zu entfernten Verwandten von mir. Vorher musst Du mir aber Deinen neuen Lebenslauf vorstellen, damit wir uns nicht widersprechen. Deine neue Identität darf nicht angezweifelt werden. Wenn es Dir möglich ist, versuche, Dein Äußeres zu verändern, nur aus Sorge um Deine Sicherheit
.
    Ein Letztes noch. Im Interesse unseres Geheimnisses werde ich versuchen, einige meiner Alchemistenfreunde damit zu beauftragen, mir solche Gläser zu besorgen, wie sie von Saalfeld beschrieben hat. Natürlich nur unter dem Vorwand alchemistischer Versuche. Wenn wir die Sache nicht aufgeben wollen, sollten wir versuchen, diesen Apparat entweder aufzufinden oder nachzubauen. Wir müssen das doch alles beweisen!
    Sobald es Neuigkeiten gibt, werde ich Dich wieder informieren. Lass von Dir hören!
    Es grüßt Dich herzlich
    Einhard
    Betroffen faltete Bernhardi den Brief wieder zusammen.
Wir müssen das doch alles beweisen!
Wie eine Mahnung stand der Satz im Raum.
Wir müssen das doch alles beweisen!
    Dann durchzog ihn ein seliges Glücksgefühl, dass Elisabeth und seine Töchter anscheinend wohlbehalten und gut untergebracht waren. Er fieberte Friedrichs Mitteilung über ihren Aufenthaltsort entgegen, sodass er wenigstens schriftlich mit ihnen verkehren konnte. Wie gut, dass es zuverlässige Freunde gab. Sie waren ein Schatz, wertvoller als aller Besitz.
    Er verstaute den Brief in seinem Wams und ging zur Wanddes Zimmers, an der sich ein kleiner Spiegel befand. Lange betrachtete er sich darin. Wie würde er wohl mit Bart wirken? So wie Luther auf der Wartburg als Junker Jörg ausgesehen hatte? Meister Lucas Cranach hatte ihn damals so gemalt. Das war nun auch schon sechs Jahre her.
    Mit einem Ruck riss Bernhardi sich aus seinen Gedanken. Er setzte sich an den Tisch und begann, eine neue Identität für sich zu erfinden, die er in groben Strichen zu Papier brachte. Dann fügte er noch ein paar persönliche Worte des Dankes hinzu, faltete das Blatt zu einem Brief und verließ die Stube, um einen Boten zu finden, der den Brief Auerbach überbringen sollte.

22
    Elisabeth saß mit ihren Töchtern am langen Tisch und nahm erschöpft das Abendessen ein. Die Kinder wagten es kaum, sich in der ihnen fremden Umgebung zu rühren, so verwirrt waren sie von der neuen Situation. Magdalena saß verängstigt auf Elisabeths Schoß und wollte sich füttern lassen, als hätte sie vergessen, wie groß sie schon war.
    Um die Stille zu überbrücken, die für alle Anwesenden unangenehm im

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