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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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hatte, nahm er irgendein Gemüse in die Hand, eine Aubergine, eine Artischocke oder einen Sellerie, streichelte es und beugtesich vertraulich zu Salman: »Weißt du, was man allein aus diesem Gemüse machen könnte?« Und da er keine Antwort von Salman erwartete, fügte er hinzu: »Zweiundzwanzig Gerichte haben wir, die alte Sofia und ich, vor kurzem gezählt. Zweiundzwanzig absolut verschiedene Gerichte. Stell dir das vor, ein Riesentisch mit einer schneeweißen Decke und darauf stehen schmale und breite, flache und tiefe, rechteckige und runde Gefäße und alle sind gefüllt mit deftigen Auberginen- oder Artischocken- oder Kartoffelgerichten und zwischen den Schalen, Tellern und Schüsseln liegen auf dem Tisch rote und gelbe Rosenblätter. Und vor meinem Teller steht ein Glas trockener libanesischer Rotwein. Was soll mir Gott im Paradies noch mehr bieten, hm?«
    Salman wusste nichts anders als zu sagen: »Eine Wasserpfeife und einen Kaffee mit Kardamom«, und Schimon lachte, strich ihm über den Kopf und rieb ihm zärtlich das Ohrläppchen.
    »Junge, Junge, du bist in Ordnung. Ich sage dir, wenn dich dein Vater nicht im Suff erschlägt, wird was aus dir.«
    Die Arbeit bei Schimon war nicht schwer, aber er bestand darauf, dass Salman immer gewaschen, gekämmt und mit sauberen Kleidern zu ihm kam. »Gemüse und Obst sind eine Freude für Augen und Nase, noch bevor der Mund zu seinen Freuden kommt.« Er selbst war immer sauber und schön angezogen, sogar besser als der Apotheker Josef.
    Einmal schickte er Salman zurück, weil dieser verschwitzt direkt vom Fußballspiel zu ihm gekommen war. »Du bist mein Botschafter bei den Kunden, und wenn du ungewaschen und schmutzig bist, was sollen die Kunden von mir denken?«
    In der Tat betrat Salman reiche Häuser mit Innenhöfen, die etwas schöner waren als das Paradies, das der Pfarrer in der Religionsstunde beschrieb. Deshalb freute er sich über das Austragen der Bestellungen mehr als über die Arbeit im Laden.
    Die Kunden waren bis auf einen Geizkragen großzügig. Dieser war Professor an der Universität. Er lebte allein in einem bescheidenen Haus und zahlte seine Rechnung immer am Monatsende. »Solche Kunden«, belehrte ihn Schimon, »sind mehr Schmuck für den Laden als klingende Münze in der Tasche.«
    »Warum haben Sie nicht geheiratet«, fragte Salman den Professor eines Tages. Der Geizkragen lachte: »Ich bin so widerlich, dass ich mich von mir selbst scheiden lassen würde, wenn ich könnte.«
    Von drei oder vier Frauen bekam Salman entweder ein Stück Schokolade, ein Bonbon oder auch einen Kuss. Doch am meisten freute er sich, wenn er Bestellungen zur Witwe Maria bringen durfte. Sie war reich und hatte ein Haus für sich allein. Der Innenhof glich einem Urwald, in dem es sogar drei bunte Papageien gab.
    Witwe Maria bestellte viel und zahlte sofort. Aber sie pickte sich oft nur eine Kleinigkeit aus dem vollen Korb und bat Salman, den Rest im Nachbarhaus abzugeben. »Witwe Maria hat den Kindern etwas Gemüse geschickt, damit sie rote Wangen bekommen«, rief er den armen Leuten dann fröhlich zu.
    Der Hauptgrund aber, warum er gerne zu der reichen Witwe ging, war, dass sie ihm einen Stuhl unter den alten Orangenbaum stellte und ihn mit exotischen Marmeladen fütterte, die er nie zuvor genossen hatte. Pomeranzen, Quitten, Zwetschgen, Rosenblätter und andere Früchte und Kräuter verarbeitete sie zu Gelees und Marmeladen. Sie arbeitete stundenlang an neuen Mischungen, obwohl sie selbst keinen Löffel davon genießen durfte, weil sie zuckerkrank war. Sie wollte aber sehen, wie all diese Leckereien den Menschen schmeckten. Sie mahnte Salman, der sein erstes Brot verschlungen hatte, langsamer zu essen und ihr genau zu beschreiben, wie es schmeckte, dann würde er ein weiteres erhalten.
    Salman bremste also seine Gier. Gerne hätte er der Mutter oder Sarah etwas von diesen Köstlichkeiten mitgebracht, aber er wagte nicht, die Witwe darum zu bitten.
    War er satt, erzählte sie ihm von ihrem Leben. Nur über ihren verstorbenen Mann verlor sie nie ein Wort, wie Witwen das sonst oft tun. Und immer war eine Aura von Traurigkeit um sie.
    Als Salman den Gemüsehändler nach dem Grund fragte, seufzte dieser nur. Marias Mann habe eine tiefe Wunde bei ihr hinterlassen und sie wolle deshalb kein Wort darüber verlieren. Das sei ohnehin nichts für Kinder, sagte er, bespritzte die Radieschen mit Wasser und ordnete die Äpfel in eine Kiste.
    Erst Jahre später erfuhr Salman, dass

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