Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
des Abends nicht mehr ansprechbar waren.«
Antonia fühlte sich sofort ertappt. Es hatte keinen Sinn zu leugnen. In den Augen des Professors konnte sie lesen, dass er ahnte, wie nahe James und sie einander gewesen waren.
»Ich werde ihn niemals wiedersehen, falls Sie das meinen«, erwiderte sie ausweichend.
Er runzelte die Stirn. »Gut, das genügt mir eigentlich. Dann werde ich Sie jetzt in aller Form um Ihre Hand bitten. Antonia, wollen Sie meine Frau werden? Ich liebe Sie.«
»Aber ... aber das ... ich bin doch viel zu alt ...«
»Sehen Sie, ich habe niemals geheiratet. Nicht, weil ich der Damenwelt abgeneigt bin. Im Gegenteil. Trotzdem habe ich bislang ein recht einsames Leben geführt, weil mir keine Frau begegnete, mit der ich tagtäglich zusammen sein wollte. Bis ich Sie traf. Erst dachte ich, der Altersunterschied wäre zu groß. Ich bin bestimmt an die fünfzehn Jahre älter als Sie, aber sollte das ein Hindernis für uns sein?«
Antonia zuckte bei seinen zärtlichen Worten zusammen. Eine innere Stimme riet ihr, den Antrag sofort anzunehmen: Das ist das Beste, was dir in deiner Lage passieren kann. Eine andere Stimme redete dagegen: Du kannst es nicht tun. Du liebst ihn nicht. Du erwartest ein Kind von James.
Sie atmete ein paarmal tief durch. Ihr wurde auf einmal übel. Die Leichtigkeit, mit der sie diesen Tag erlebt hatte, war wie verflogen. Ihr Inneres verdüsterte sich. Es ist mir nicht vergönnt, unbeschwert zu sein, dachte sie bitter.
»Du wirst ihn zwar nicht wiedersehen, aber in deinem Herzen trägst du ihn noch mit dir herum, nicht wahr?«, fragte Arthur leise.
Antonia nickte. »Ja, ich kann nicht deine Frau werden, solange ich ihn noch liebe.«
»Warum nicht?«
Sie blickte ihn erstaunt an. »Du würdest mich heiraten, obwohl du von meinen Gefühlen zu James weißt?«
»Ich würde hoffen, dass diese Liebe eines Tages wie eine trockene Blume verdorrt.«
»Das hoffe ich auch«, erwiderte sie aus vollem Herzen.
»Willst du also meine Frau werden?«
Antonia war beinahe versucht, ihm unter diesen Bedingungen ihr Jawort zu geben, aber sollte sie ihm wirklich verschweigen, dass sie ein Kind erwartete? Sollte sie diesem wunderbaren Mann nach der Hochzeit vorlügen, dass er Vater würde? Wie würde sie sich wohl vorkommen, wenn sie mit ihm das Bett teilte, allein, um ihm ihr Kind unterzuschieben? Nein, das ist nicht meine Art. Damit werde ich nicht glücklich!, sagte sie sich entschieden. Und ehe sie sich's versah, hatte sie die Wahrheit bereits ausgesprochen.
»Arthur, ich glaube, dass ich dich eines Tages von ganzem Herzen lieben könnte, so wie ich mich schon jetzt in deiner Gegenwart derart unbeschwert und verstanden fühle wie bei keinem anderen Mann, doch es gibt noch einen triftigen Grund, warum ich nicht deine Frau werden kann.«
»Nenn ihn mir.«
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich trage das Kind von James unter meinem Herzen.«
»Und was gibt es für einen Grund, den Vater deines Kindes nicht mehr zu treffen?«
»James ist verheiratet.«
»Gut, dann hast du gewusst, auf was du dich einlässt.«
»Ich habe ihn an jenem denkwürdigen Abend im Hotel nach vielen Jahren zufällig wiedergetroffen. Als ich achtzehn war, wollte ich ihn heiraten und, als meine Mutter uns ihren Segen verweigerte, sogar mit ihm flüchten, doch dann wurde sie schwerkrank. Ich brachte es nicht übers Herz. Stattdessen bin ich mit meiner Mutter nach Oamaru gezogen, ohne ihm jemals genau zu sagen, warum. Damals ahnte ich noch nicht, warum Mutter James ablehnte und mit ihm die ganze feine Dunediner Gesellschaft ...«
»Das kann ich allerdings sehr gut verstehen. Das mit der Dunediner Gesellschaft. Einige tragen die Nasen sehr hoch und haben doch nichts anderes zu bieten als ein großes Vermögen«, bemerkte Arthur verächtlich.
»Bei meiner Mutter hatte die Abneigung ganz andere Gründe, wie ich später erfahren musste. Jedenfalls habe ich James dann erst an jenem Abend wiedergesehen.«
»Wir hätten einfach woanders essen gehen sollen«, versuchte Arthur zu scherzen.
»In jener Nacht ist unsere Liebe erneut entflammt, und wir wurden ein Paar. James suchte nach dem richtigen Augenblick, seiner Frau zu gestehen, dass er die Scheidung wolle.«
»Ja, ja, das behaupten sie alle. Dann kenne ich das Ende vom Lied.«
»Nein Arthur, das kennst du nicht«, entgegnete Antonia sanft. »Ich glaube, er meinte es ernst, aber dann bekam ich Besuch von seinem Schwiegervater Charles Wayne, der verlangte, ich
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