Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
interessiert als an der echten Tierwelt. Er wird Anwalt.«
»Guten Tag, Misses Evans«, begrüßte Thomas Antonia formvollendet und wandte sich dann strahlend an Barbra. »Schön, Sie kennenzulernen, Miss Evans.« Barbra stellte befriedigt fest, dass er gut einen Kopf größer war als sie.
»Miss Evans, wie sich das anhört. Sie ist doch noch ein Kind, Mister Leyland«, hörte Barbra ihre Mutter nun wie von ferne sagen. Sie spürte, wie ihr die Zornesröte in die Wangen schoss. »Mutter, bitte!«, entfuhr es ihr empört.
Thomas lächelte Barbra an. »Ach, Miss Evans, so sind unsere Eltern nun einmal. Glauben immer noch, dass wir Kinder sind. Nicht wahr, Vater? Du hast mich doch auch kaum nach London gehen lassen wollen.«
»Aber junger Mann, das ist wohl ein kleiner Unterschied. Sie sind ja schon erwachsen, aber meine Tochter ist vierzehn ...«
»Ich werde im nächsten Monat fünfzehn«, schnaubte Barbra.
»Sehen Sie, das sind nur fünf Jahre Altersunterschied«, bemerkte Thomas und verschlang Barbra förmlich mit seinen Blicken.
»Kommen Sie, Misses Evans, wir können bei Tisch weiterreden, denn ich bin Ihr Tischherr und Thomas der Ihrer Tochter«, sagte der Professor, der das kleine Geplänkel offenbar schnell beenden wollte. Zur Bekräftigung seiner Worte reichte er Antonia seinen Arm und führte sie den langen Flur entlang. Barbra und Thomas schlenderten langsam hinterher. Sie hatten es beide nicht besonders eilig.
»Wo ist denn Ihre Braut?«, fragte Barbra unverblümt.
»Meine Braut?«, erwiderte Thomas sichtlich irritiert. »Wie kommen Sie denn darauf?«
Barbra musterte ihn keck. »Weil die Männer in Ihrem Alter doch alle schon eine Verlobte haben. Deshalb.«
»Tja, dann bin ich wohl die Ausnahme«, seufzte er. »Ich muss wohl noch zwei Jahre warten, bis ich meinen Antrag machen kann«, fügte er grinsend hinzu.
»Zwei Jahre? Warum das denn?«, fragte sie völlig arglos zurück.
Er blieb abrupt stehen. »Na, bis Sie siebzehn werden. Vorher wird Ihre Mutter das wohl kaum gutheißen.«
Barbra blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. »Sie ... Sie meinen, ich ... Sie wollen mich veräppeln, oder?«, stammelte sie.
»Nun gut, also nageln Sie mich nicht auf den Antrag fest. Aber Sie sind bei Weitem das hübscheste weibliche Wesen, das mir seit langem begegnet ist, und ich möchte eine Familie. Überlegen Sie mal, was wir beide für schöne Kinder bekommen würden.«
»Kinder?«, wiederholte Barbra fassungslos.
»Ja natürlich, oder wollen Sie etwa keine?«
»Und ob ich will«, entgegnete Barbra und merkte, dass ihre Wangen erneut zu glühen begannen.
»Gut, dann kann ich nur hoffen, dass Sie inzwischen keinem anderen Verehrer den Vorzug geben.«
»Wenn keiner kommt, der mir besser gefällt als Sie, stehen Ihre Chancen gar nicht schlecht.«
»Sie sind nicht nur das hübscheste weibliche Geschöpf, Sie sind auch das süßeste.« Und ehe sie sich's versah, hatte Thomas sie in eine Nische gezogen, in der sie keiner sehen konnte, und ihr einen langen Kuss gegeben.
Barbra wurde schwindlig, ihre Knie zitterten, doch da hatte Thomas sie bereits wieder losgelassen.
»Damit Sie mich nicht vergessen«, flötete er. »Aber jetzt müssen wir uns sputen, sonst lässt Ihre Mutter Sie noch suchen. Noch könnte sie mir den Kopf abreißen dafür, dass ich Sie geküsst habe«, fügte er feixend hinzu und beschleunigte seinen Schritt.
Wie betäubt folgte sie ihm an ihren Platz und erlebte das Essen wie in Trance. Sie brachte kaum einen Bissen hinunter und traute sich nicht, ihren Tischnachbarn anzusehen. Aus lauter Furcht, er könne sie doch für ein unreifes Ding halten, das nichts anderes zustande brachte, als immerfort rot zu werden.
Außerdem entgingen ihr keineswegs die skeptischen Blicke ihrer Mutter.
Das Essen zog sich endlos hin. Thomas versuchte ein paarmal, ein Gespräch in Gang zu bringen, aber Barbra blieb einsilbig. »Bin ich Ihnen etwa zu nahe getreten?«, flüsterte er ihr schließlich zu. »Sind Sie böse auf mich, dass Sie so gar nicht mehr mit mir sprechen wollen?« Das klang ehrlich besorgt.
Barbras Herz klopfte bis zum Hals.
»Nein, es ist nur so, ich frage mich die ganze Zeit, ob ich träume«, raunte sie ihm zu.
»Ich schwöre. Es ist mein heiliger Ernst. Sie sind entzückend«, erwiderte er prompt. Um seine Worte zu unterstreichen, legte er ihr unter dem Tisch eine Hand aufs Knie. Ein Prickeln durchfuhr ihren ganzen Körper.
Ein strafender Blick ihrer Mutter ließ sie
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