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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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aber Suzan gab jedes Mal vor, müde zu sein. Und abends zog sie sich immer früher in ihre Räume zurück, wo Grace sie nicht stören wollte.
    Wenn Grace ehrlich war, vermisste sie die gemütlichen Abende und mit ihnen Selmas Geschichte. Um diese Sehnsucht zu verdrängen und nicht in endlose Grübeleien zu verfallen, arbeitete sie oft bis tief in die Nacht hinein. Nur nützte das wenig, da ihre Gedanken immer wieder zu Selma abschweiften. Wie gern hätte sie gewusst, ob sie ihre Rachepläne in die Tat umgesetzt hatte.
    Eben gerade hatte ihre Neugier gesiegt. Sie war Suzan auf der Treppe ins Archiv begegnet. Die hatte sich nach einem kleinen unverbindlichen Geplauder schnell an ihr vorbeidrücken wollen. Da hatte sich Grace ein Herz gefasst und sie gebeten, heute unbedingt mit Selmas Geschichte fortzufahren.
    Grace ging nun der genaue Wortlaut des Gespräches durch den Kopf.
    »Wenn du möchtest, Grace.«
    »Ja, ich bin sehr gespannt, was aus Selma und vor allem aus Antonia wird.«
    »Ob ich dir heute schon von Antonia erzähle, kann ich dir nicht versprechen.«
    »Sag mal, Suzan, hast du was?«
    »Nein, was soll ich denn haben?«
    »Das frage ich mich auch, denn wenn hier jemand verstimmt sein könnte, dann wäre das doch wohl ich, nach dem, was ich erfahren musste. Dass du mich absichtlich hergelockt hast.«
    »Ich glaube, das Thema hatten wir neulich erledigt, und ich wüsste nicht, was es dazu noch zu sagen gäbe. Du hast mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass mich dein Privatleben nichts angeht, und daran halte ich mich. Es geht allein um unsere Arbeit, und auf die stürze ich mich genauso intensiv wie du. Zufrieden?«
    »Schon gut.«
    »Ach ja, Grace, wenn wir hier schon über Befindlichkeiten sprechen, ich würde jetzt gern von dir eine verbindliche Aussage bekommen, ob wir das Buch zusammen schreiben.«
    »Ich sage dir nachher Bescheid.«
    Dann waren sie ihrer Wege gegangen, und Grace hatte versucht zu arbeiten. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Sie starrte das Moa-Modell an, so als hoffe sie auf Inspiration, aber es war heute nicht mehr und nicht weniger als ein stummes Gebilde aus Pappmaché.
    Schließlich dachte Grace über das Buchprojekt nach. Warum zierte sie sich eigentlich so? Es wäre doch eine Ehre, gemeinsam mit der Ornithologin Suzan Almond dieses Werk zu schaffen. Professor Heinkens wäre sicherlich stolz auf sie. Ihr blieben noch fast sechs Wochen. In dieser Zeit würden sie sich sicherlich auf das Konzept und die Frage, wer von ihnen welche Kapitel schreiben sollte, geeinigt haben. Und den Rest konnten sie sich einander dann per Mail übermitteln.
    Grace seufzte. Obwohl sich in ihrem Bauch ein leises Grummeln bemerkbar machte, entschied sie sich, Suzan eine Zusage zu geben. Vielleicht ist sie dann nicht mehr ganz so kühl, dachte Grace und erschrak über ihren eigenen Gedanken. Wollte sie darüber etwa wieder mehr Nähe zur Professorin herstellen?
    Dann schweiften ihre Gedanken zu Selmas Schicksal ab. Was dieser Charles auch immer verbrochen hatte, war es nicht Antonias gutes Recht, zu erfahren, dass er ihr Vater war?
    Kaum hatte Grace diesen Gedanken zu Ende gedacht, da pochte ihr Herz merklich schneller. Antonia billigte sie das Recht, die Identität ihres Vaters zu erfahren, zweifelsfrei zu, aber war sie nicht in einer ähnlichen Lage? Hatte man ihr nicht auch die Identität ihrer leiblichen Eltern vorenthalten? Und zwar absichtlich, wie sich nun herausgestellt hatte. Machte sie sich nicht etwas vor, wenn sie sich weiterhin vehement einredete, ihre eigenen Wurzeln seien ihr völlig gleichgültig?
    Nun konnte sie sich gar nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren. In ihrem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn. Alles drehte sich nur noch um die eine Frage: Warum hatte Ethan ihr nie etwas von ihrer Mutter erzählt, obwohl er sie doch offensichtlich gekannt und - wenn sie Suzans Worten Glauben schenken durfte - sogar geliebt hatte? Sosehr sie sich auch dagegen sträubte, im Nu fand sie sich in einem Sog von Spekulationen wieder. Wusste Ethan auch, wer ihr Vater war? Warum war ihre Mutter plötzlich spurlos verschwunden? Und warum hatte sie ihr Kind zur Adoption freigegeben? Und warum ausgerechnet an Ethan? Warum ans andere Ende der Welt?
    Grace spürte, wie ihr übel wurde. Ich muss die Wahrheit wissen, hämmerte eine starke Stimme in ihrem Inneren, während eine andere, nicht minder eindringliche Stimme sie anflehte, die Sache unbedingt auf sich beruhen zu lassen. Ihr Kopf dröhnte,

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