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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Einsatz?«, fragte Gaius mit seinem üblichen Mangel an Takt. Zum Glück kaute Lucius Petronius gerade und konnte daher meinem Schwager nicht die Nase abbeißen.
    »Der Sonnenaufgang wird prächtig sein«, informierte ich Petro, dessen braune Augen bewegend von überreizten Gefühlen sprachen.
    »Wie nett!«
    Wir kehrten dem Tresen der Caupona den Rücken zu, die Ellbogen aufgestützt. Auf diese Weise konnten wir die Pflaumenblüte unauffällig im Auge behalten. Ich sah zwei Männer zu dem Haus hinübergehen und sich verstohlen nach einer Hintertür umschauen. Es gab bestimmt eine. Keiner anständigen Taverne und auch keinem Bordell fehlt es an einem Hinterausgang für rasches Verschwinden – auch genutzt als geheimer Eingang für jene, die zur bewaffneten Schuldeneintreibung oder zu Überraschungsangriffen auf die Geldbörsen der Kunden hineinstürmen.
    »Da drüben ist immer der Bär los. Die machen ein Mordsgeschäft«, bemerkte Gaius. Für einen verschlafenen Mistkäfer funktionierten seine Fühler ausgezeichnet. Er hatte sich gefährlich nahe auf unser Observierungsobjekt eingeschossen. »Die Pflaumenblüte, meine ich.«
    »Ja, die ersten Sonnenstrahlen glitzern bereits prächtig in den schiefen Dachspitzen«, schäumte Petro. »Oh, schaut, jetzt schimmert auch das abgenutzte pornographische Schild im neugeborenen Licht … Gaius Baebius, solltest du nicht an deinem Zolltisch sein?«
    Gaius Baebius richtete seine großen wässrigen Augen auf Petro und machte eine Riesenschau daraus, endlich zu kapieren. »Ja, Lucius Petronius, ich muss diese Faulenzer überwachen, die für mich arbeiten.«
    »Guter Mann.« Gaius ging. Augenblicklich verbesserte sich die Atmosphäre.

    Die Tür der Pflaumenblüte öffnete sich einen Spaltbreit. Ein junger Mann in einer rostfarbenen Tunika und mit ziemlich kurzem Haar schlüpfte heraus und kam herüber zur Caupona. Er bestellte Brot und etwas zu trinken, als käme er gerade von einem Schäferstündchen mit einem Freudenmädchen. Kam er vielleicht auch. Aber er war zweifelsfrei ein Vigile. Auf Petros Blick hin schüttelte er leicht den Kopf, trank aus und ging. Ein weiterer Mann in einer streifigen grünen Tunika kam zu Fuß aus Richtung der Isola und ging direkt zum Bordell, wo er gleich darauf eingelassen wurde. Er gehörte eindeutig zur Vierten Kohorte, ich erkannte ihn.
    Zu Petronius gewandt, bemerkte ich: »Manche Leute melden sich doch freiwillig für alles!«
    »Traurig, nicht wahr?« Er grinste.
    Der Rest seiner Männer verteilte sich allmählich um die Lokalität. Die meisten hatten sich vorher etwas zu essen geholt. Die Vigiles betrachten das als geheiligtes Ritual, dem sie unfehlbar folgen müssen, um die Götter zu beschwichtigen und das Überleben von Rom, dem Senat und dem Volk zu garantieren. Sobald sie gesättigt waren, verschmolzen sie mit Ecken und Winkeln um den Hafen. Fusculus war rücklings auf dem Fundament eines Krans zusammengesackt und sah aus wie ein Lumpenbündel oder ein Partner bei einer der kriminellen Gaunereien, die ihn so faszinierten. Ich erwartete beinahe, dass sich in der Nähe ein Kumpan verbarg, bereit, hervorzuspringen und jeden auszurauben, der sich hinabbeugte, um zu sehen, ob dieses offensichtliche Herzanfallsopfer Hilfe brauchte.
    Petro und ich blieben im Delphin mit seinem hervorragenden Ausblick sowohl auf die Pflaumenblüte als auch auf die Zugangsstraße von den Fähren. Wir unterhielten uns über Familiäres. Wir begannen mit Gaius Baebius, was dazu überleitete, wie sehr ich meine Schwäger immer verabscheut hatte, und zu der merkwürdigen Tatsache führte, dass mein bester Freund nun einer davon war. »Du musst Maia loswerden.«
    »Wie wär’s, wenn ich sie adoptiere? Dann ist sie nicht mehr deine Schwester, und ich kann nicht dein Schwager sein …«
    »Aber Maia wird deine Tochter, und dann darfst du nicht mehr mit ihr schlafen.«
    »Schlechter Plan!«
    Um weiter die Zeit rumzubringen, sprachen wir darüber, welchen meiner Schwäger ich am meisten hasste. Das bot uns ein unerschöpfliches Gesprächsthema. Ich konnte mich nicht entscheiden zwischen Verontius, dem Straßenbauer, der eine eklige Ratte aus den niedersten Bereichen der Gesellschaft war, und Mico, dem Stuckateur, der ziemlich harmlos aussah, aber eine Menge Fehler hatte – vor allem seine grausige Stuckarbeit. Doch Petronius hatte Verontius, den er einmal wegen Bestechung bei offiziellen Bauvorhaben zu verhaften versucht hatte, auf dem Kieker. Verontius war mit

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