Das Geheimnis des Scriptors
gehängt.
Ich stellte mir vor, wie Junia im Haus des Baulöwen bereits die Sklaven herumscheuchte, voller Unruhe wegen des vermissten Gaius Baebius. Maia, versteckt in ihrem Bett, würde sich an Petros Rücken kuscheln und so tun, als bekäme sie von dem Getöse nichts mit. In meiner Wohnung würde Helena wach liegen und versuchen sich keine Sorgen um mich zu machen.
In Ungewissheit über die Art unseres Empfangs, waren Gaius und ich um Eile bemüht, wurden aber durch eine blockierte Straße aufgehalten. Es hatte gebrannt. Der frühe Morgen ist so oft die Zeit für Gaffer, die sich an den Überresten des Brandes ergötzen, meist ausgelöst durch Lampenölunfälle. Eine kleine Menschenmenge stand um das ausgebrannte Haus herum, aus dem immer noch verkohlte Möbel gezogen wurden. Der Besitzer hockte zusammengesunken auf einer ruinierten Kommode, den Kopf in die Hände gelegt. Seine völlig verstörte Frau starrte in die Vorderfront ihres Heims.
»Sieht so aus, als hätten sie alles verloren!« Gaius Baebius ergötzte sich an den Tragödien anderer Leute.
Wir befanden uns in einer Wohngegend nicht weit vom Forum. Sie lag in einiger Entfernung zur Kaserne der Vigiles, weswegen vielleicht nicht genug Zeit gewesen war, sie zu rufen, als die Flammen entdeckt wurden. Statt der ordnungsgemäßen Feuerbrigade überwachten einige örtliche Männer den Vorgang. Sie schienen gut aufeinander eingespielt zu sein. Als wir ankamen, sahen wir sie Ausrüstungen herausschaffen, umgeben von dem beißenden Rauchgestank und Wolken dreckigen Staubs. Wir hörten das laute Krachen von Wänden und Treppen, die mit Wurfhaken demontiert wurden. Anscheinend waren sie der Meinung, das Bauwerk sei instabil geworden. Sie machten den Eindruck, als wäre dieses Vorgehen, bei dem Zivilisten das Sagen hatten, in Ostia normal. Inzwischen waren sie erschöpft und schlecht gelaunt. Einige kamen auf die Straße hinaus und begannen die Menge zurückzudrängen. Die Leute zerstreuten sich rasch, als würden sie erwarten, grob behandelt zu werden. Gaius und ich reagierten langsamer.
»Haut ab, ihr Idioten!« Der vierschrötige Grobian ließ uns keine Chance für Widerworte. Sein Kollege versetzte Gaius’ Esel einen wütenden Hieb, woraufhin das Tier sich aufbäumte und fast aufrecht auf den Hinterbeinen torkelte. Wir hatten alle Hände voll zu tun, das Vieh zu beruhigen, während Gaius sich festklammerte. Dann muckte meines auf. Am einfachsten war es, weiter der Straße zu folgen und gleichzeitig unsere Tiere zu beruhigen.
Als Nächstes mussten wir auf den Gehsteig ausweichen und uns gegen Häuserwände drücken, da wir auf eine Kolonne von Baufahrzeugen trafen, die auf uns zuratterte. Die Karren waren leer bis auf die Arbeiter, die zweifellos auf dem Weg zu dem Abrisshaus waren. Das war alles äußerst effizient. Ich hätte nicht erklären können, warum ich Unbehagen verspürte.
Wir brachten unsere Esel zum Mietstall zurück, und es gelang mir, Gaius bei Maias Haus loszuwerden, ohne mich hineinlocken zu lassen. Das Letzte, was ich hätte ertragen können, war ein Zank mit Junia.
Helena wartete tatsächlich, als ich unsere Wohnung betrat. Sie saß an einem Tisch gegenüber der Tür und stützte ihr Kinn in die Hände. Sie war mit einem kurzärmeligen hellblauen Gewand bekleidet, doch ihr feines Haar hing offen herab, und sie trug keinen Schmuck. Ihre großen braunen Augen trafen auf meine mit der Frage, ob mir nichts passiert sei. Ich lächelte müde und bestätigend. Als ich zu ihr trat, gelang es mir gerade noch, das frische Brot abzulegen, das ich gekauft hatte, bevor sie ihre Arme fest um mich schlang. Ich spürte ihr Herz hämmern, während sie meine Anwesenheit in sich aufnahm und sich beruhigte.
»Alles in Ordnung, Liebste. Wir sind gestern Abend nur aufgehalten worden.«
»Oh, ich wusste, dass Gaius Baebius auf dich aufpassen würde!«
Helena Justina lehnte sich zurück, um die Blutergüsse zu mustern, die mir Cratidas verpasst hatte. Ich war wieder zu Hause, und als Freundin eines Privatschnüfflers hatte Helena schon viel schlimmere Schäden gesehen. Nur das feste Zusammenpressen ihrer Lippen verriet verborgene Gefühle. »Also ist er tatsächlich ein Pirat«, bemerkte sie und betastete meine schmerzende Wange. Während meiner Abwesenheit musste sie Junia überredet haben zu gestehen, was Gaius Baebius über Damagoras wusste.
»Er sagt, er wäre keiner.«
Helena Justina betrachtete mich mit ihren intelligenten dunklen Augen. In ihrem
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