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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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nichts dagegen hatte, dass ich auch ihm einen ausgab.

XXXVII
    M ein Junge«, sagte Papa und räumte damit unsere Verwandtschaft ein. Es gelang ihm, nicht abfällig zu klingen. Ich enthielt mich eines Kommentars.
    Sein Begleiter prostete mir mit seinem Weinbecher zu. Vorgestellt wurde er mir nicht, obwohl er mir vage bekannt vorkam und mich in einer launigen Art betrachtete, als würde er mir gleich auf den Rücken klopfen und mich an einen Vorfall erinnern, den ich lieber vergessen hätte. Ich musste ihn im Emporium gesehen haben. Ich nahm an, dass er zu der Gruppe gehörte, die heute aus Rom gekommen war. Laut Justinus’ Warnung hatte Posidonius ein paar seiner Kollegen angeworben, die ihn seit Jahren kannten, um ihm bei der Suche nach seiner Tochter zu helfen. Mein Vater war mit dieser Bande Weltverbesserer nach Ostia gekommen. Wenn diese selbstgerechten alten Schweine alle wie Papa waren, war das für sie nur eine gute Ausrede, sich durch die Hafenkaschemmen zu saufen.
    »Falls ihr vorhabt, Hackfleisch aus Theopompus zu machen, Papa, dann erzähl mir das lieber nicht.«
    Papa schaute fröhlich. »Ich bin sicher, der junge Mann wird unsere Ansicht respektieren, mein Sohn.«
    »O ja. Sechs oder acht von euch schubsen ihn in eine dunkle Gasse und drängen ihm eure Meinungen in der üblichen Art auf – und zack, habt ihr sie zurück. Das Problem wird nur sein, dem liebestollen Mädchen seine missliche Lage klarzumachen.«
    »Väter wissen, wie man solche Dinge erklärt.« Und das ausgerechnet von meinem! »Posidonius ist ein freundlicher Bursche. Er wird ihr nicht zu hart zusetzen, er hat sie sehr gut erzogen, und sie wird seine Argumentation verstehen.«
    Ich lachte verbittert. »Du hast eindeutig keine Ahnung von Töchtern!«
    »Nun sei doch nicht so, Junge.« Wie gewöhnlich war mein Vater schockiert, dass jemand sein früheres Verhalten kritisierte. Er hatte sich tatsächlich eingeredet, es sei in Ordnung, seine Frau und seine kleinen Kinder sitzenzulassen. Jetzt war er gekränkt, und ich war wütend. Manche Dinge ändern sich nie.
    Ich bemerkte, dass sein schweigsamer Kumpan uns mit einer gewissen Zurückhaltung beobachtete. Er war mindestens zehn Jahre älter als Papa, und falls Posidonius’ Unterstützer alle so waren, dann war diese selbsternannte Bürgerwehr nicht gerade in Topform. Dieser Mann war außerdem übergewichtig, schwabbelig und rundschultrig. Ich überlegte, ob er auch Auktionator war wie Papa. Ich konnte mir vorstellen, wie er mit diesen dicklichen, ziemlich weißen Fingern Kunstgegenstände betatschte. Er trug einen wertvoll aussehenden Kameenring, blitzendes weißes Glas über tiefblauem Lapis mit einer miniaturisierten pornographischen Szene. So was gefällt Männern, die sich gern als Kenner bezeichnen, Männer mit kalten Augen, die es mit ihren Frauen gern von hinten treiben und dann offen über ihre perverse Ader reden, als würde ein verderbter Geschmack sie besser als die Mehrheit machen.
    Papa war da ganz anders. Er hatte einfach zu viele Kinder in die Welt gesetzt und konnte das häusliche Ergebnis nicht ertragen. Vor Verzweiflung über ihn bemühte ich mich, rasch auszutrinken. Der Wein war mit Gewürzen und Honig versetzt und zu süß, um ihn schnell runterzukippen. Als Ablenkung erwähnte ich die Korporation der Bauhandwerker. Diese beiden mussten das lärmende Schaugehabe bemerkt haben. »Petronius ist in einem Haus untergekommen, das ihr Präsident ihm zur Verfügung gestellt hat – einer ihrer drei Präsidenten. Ich schätze, die tun nichts allein, was man zu dritt machen kann.«
    »Sie führen sich auf, als gehörten ihnen die Straßen«, sagte Papa.
    »Vielleicht ist dem ja so – öffentliche Bauarbeiten sind die Haupttätigkeit von Ostia. Ich schätze, sie versuchen die Stadt zu übernehmen.« Ich leckte mir die Lippen, verärgert über die Klebrigkeit des Honigs. »Das ist eine kranke Stadt.«
    »Was meinst du dazu?«, fragte Papa seinen Begleiter.
    »Marcus hat recht.«
    Dreist. Mich Marcus zu nennen war viel zu formlos, verdammt. Aber ich unterdrückte meine Irritation. Söhne werden von den Freunden ihrer Väter wie Kinder behandelt. Sich darüber zu streiten bringt nichts.
    Da sich Papa nicht gerne überstimmen ließ, wechselte er das Thema. »Marcus jagt kilikische Piraten.«
    »Ich suche nach einem vermissten Scriptor«, verbesserte ich geduldig für den anderen Mann. »Piraten, wie mir verlässlich versichert wurde, gibt es nicht – und heutzutage schon gar

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