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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Didius-Clans; wir waren zwei anmaßende Jungs aus Rom, dem einzigen lebenswerten Ort. Daher hoben wir beiden Könige der Gesellschaft unsere Weinbecher, stießen miteinander an und waren ausnahmsweise mal im Reinen mit uns. Jetzt konnten wir das tun, was Stadtjungs wirklich genießen – sich über einen verschrobenen Verwandten vom Land lustig zu machen.

XXXVIII
    H elena war fasziniert, als sie von meiner Begegnung hörte. »Warum hast du deinen Onkel denn nicht erkannt?«
    »Es ist Jahre her, seit ich ihn zuletzt gesehen habe. Ich bekam sowieso nie viel von Fulvius zu sehen. Ich kann höchstens fünf oder sechs gewesen sein – das war, bevor Papa uns verlassen hat. Meine langen Ferien auf dem Hof kamen später. Mama nahm uns alle mit hinaus, damit wir rumrannten und müde wurden – wenn sie jemanden finden konnte, der uns auf seinem Karren nach Kampanien mitfahren ließ. Da war Fulvius schon längst weg.«
    »Wohin denn?«, fragte Helena. »Wie lautet die wirkliche Geschichte?«
    »Er passte nicht dazu.«
    »Wurde er von den anderen vertrieben?«
    »Nein. Fulvius ist freiwillig gegangen.«
    »Unglücklich?«
    »Ist nur überall angeeckt, würde ich sagen.«
    »Oh, also nichts, was sein Neffe geerbt hat.«
    Ich wand mich mit der Frage raus, wie Helena mit Diocles’ Tafeln vorankam.
    Sie hatte sie bereits alle gelesen. Das überraschte mich nicht. Auf einer eigenen Wachstafel hatte sie die Stellen notiert, die ich mir ansehen sollte. Bei dem größten Teil ging es um die Treffen, die Albia beschrieben hatte, die eindeutig Konfrontationen zwischen Schiffen gewesen waren, wobei die genannten Fahrzeuge schlechter davonkamen. Menschen wurden in die Sklaverei verkauft. Waren wurden gekapert und mit Gewinn verhökert. Gelegentlich waren Todesfälle notiert.
    »Todesfälle? Unnatürliche?«
    Helena stieß einen Seufzer aus. »Zweifellos. ›Wir hatten drei Verluste.‹ An anderer Stelle: ›Zu viele, um damit fertig zu werden; fünf über Bord.‹ Ich glaube, das bedeutet, über Bord geworfen. Später: ›Sie verloren zehn, den Kapitän hat’s erwischt; wollte nicht aufgeben – Lygon hat ihn erledigt.‹ Ja, Lygon wird namentlich genannt. Glaubst du, es ist derselbe, an dem du interessiert bist?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Wir hatten keine Möglichkeit, das festzustellen – wenn es auch ein großer Zufall zu sein schien. »Sonst noch bekannte Leute?«
    Ich hoffte auf Damagoras oder Cratidas, wurde aber enttäuscht. Helena sah ihre Notizen durch, um sich zu vergewissern. »Nein, aber Lygon wird zweimal erwähnt. Das zweite Mal ist schrecklich. ›Schreiende Frau; Lygon hat ihr für uns den Kopf abgeschlagen; Stille!‹«
    »Oje! Es tut mir leid, dass ich dich dieses Zeug hab lesen lassen.«
    Als ich erschauderte, nahm Helena mich in die Arme. Ich hoffte, das würde sie von dem Entsetzen ablenken. Dann saßen wir aneinandergeschmiegt und sahen die Tafeln durch. Wie sehr wir uns auch bemühten, wir konnten keinen Hinweis darauf finden, wer sie geschrieben hatte. Leider unterzeichnen nur Schuljungen ihre persönlichen Notiztafeln. Diese gehört Marcus. Hände weg, oder die freundlichen Furien werden sich auf dich stürzen …
    Die Logbücher mussten von einem Kapitän stammen. Er hatte nicht erwähnt, wie sein eigenes Schiff hieß. Es war weit im östlichen Mare Internum herumgekommen, jahrelang, von den griechischen Inseln bis zur phönizischen Küste. Sein Gewerbe war blutig und zweifellos kriminell. Niemand konnte es etwas anderes als Piraterie nennen. Dieses Schiff lauerte anderen Schiffen auf. Plünderung war der einzige Grund, auf See zu sein. Das Schiff nahm niemals Fracht auf, kam aber immer mit der einen oder anderen verkäuflichen Ladung an Land zurück.
    Für uns war es Diebstahl. Für den Kapitän des Schiffes war es Freihandel.
    Obwohl wir ihn nicht identifizieren konnten, überzeugten uns Hinweise, dass er Kilikier war. Zum einen war da der Name seines Kumpels Lygon, der – wenn es derjenige war, von dem ich wusste – aus Soli/Pompeiopolis stammte. Schiffsjungen wurden erwähnt, manchmal mit ihrem Herkunftsort, auch in Kilikien. Viele waren Landarbeiter, und trotz der Behauptung, dass die Menschen aus den Bergen nicht an Piraterie beteiligt waren, wurde klar, dass es einen regelmäßigen Zustrom junger Männer gegeben hatte, die vom Land geschickt worden waren, um Erfahrung, einen Ruf und Reichtümer auf See zu finden.
    Von Zeit zu Zeit erwähnten die Logbücher Verbindungen mit anderen

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