Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
beten, was sonst?“, empfahl ihm Gero mit verhaltener Stimme. „Und falls dich jemand fragt, wo ich gestern war, sagst du, ich sei mit euch unterwegs gewesen.“
„Aber das stimmt doch nicht“, krächzte Fabius verzweifelt und beugte sich flüsternd zu ihm hin. „Ein Kerl wie Arnaud könnte das mühelos widerlegen.“
„Dann sagst du eben, ich sei erst später dazugestoßen, weil ich mich nicht wohlfühlte, und ich hätte den restlichen Abend auf der Latrine verbracht.“ Gero sah ihn eindringlich an. „Ganz egal, was du sagst. Kein Wort von dieser verdammten Taverne, sonst können wir unsere Aufnahme als Ordensritter vergessen.“
Fabius nickte beklommen. „Du kannst dich auf mich verlassen“, sagte er leise und folgte wenig später Gero und den anderen ohne einen weiteren Kommentar zum Gottesdienst.
Schon auf dem Weg dorthin betete Gero unentwegt ein Vaterunser nach dem anderen. In der Ordenskapelle kamen Gebete zu Ehren der Heiligen Jungfrau hinzu. Bis nach dem Frühessen, das er geistesabwesend in sich hineinschaufelte, war er unaufhörlich mit Beten beschäftigt. Nicht nur für sein eigenes Seelenheil, sondern auch für das von Warda, die er in seine Gebete miteinbezog.
Danach wurden alle Novizen in den einzigen großen Versammlungsraum der Ordensburg neben dem Kapitelsaal befohlen. Dort fanden gewöhnlich die Ankündigungen des Ordens statt, für Novizen und einfache Mitglieder, die sich nicht im Ritterstand befanden.
Odo de Saint-Jacques empfing sie mit sauertöpfischer Miene. Als der Letzte der Novizen die Tür hinter sich geschlossen hatte, standen alle schweigend da, die Blicke voller Anspannung auf ihren Kommandeur-Leutnant gerichtet. Er trug wie üblich nur einen weißen Haushabit, ohne Kettenhemd und Schwertgurt. Ein Sonnenstrahl fiel just auf das rote Tatzenkreuz auf seiner linken Brust und ließ es aufleuchten, als ob ihm das Herz bluten würde.
„Männer“, begann er ernst. „Gestern Nacht hat sich ein scheußlicher Vorfall ereignet, der den gesamten Orden erschüttert und ganz besonders unseren geliebten Meister, Jacques de Molay, bis ins Mark getroffen hat.
Er sieht sich im Glauben an die Tugenden der Ordensmitglieder schwer getäuscht. Ersten Verhören zufolge ist jedoch – Unserer Lieben Frau sei Dank – nur ein Mitglied unseres Ordens in die Sache verwickelt. Es ist zutiefst bedauerlich, dass es sich dabei ausgerechnet um einen besonders ehrenhaften Bruder handelt, der euch eigentlich zum leuchtenden Vorbild gereichen sollte. Zu allem Übel geschah die Verfehlung auf Templerbesitz, was umso schlimmer ist, als dass uns dieses Land vom Papst höchstpersönlich geschenkt wurde. Auch das Haus, in dem die Verfehlung stattfand, gehörte zum Besitz der Ordensburg. Wie sich erst jetzt herausstellte, war das, was wir für eine harmlose Taverne hielten, ein Hurenhaus, das dem Satan zur Ehre gereichte, um aufrichtige Männer wie unseren Bruder in Versuchung zu führen. Soldaten des Königs von Jerusalem haben die Mauern dieses niederträchtigen Ortes dankenswerterweise niedergebrannt und den dort tätigen Huren sowie ihren Freiern eine Lektion erteilt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Geschehnis zum Mahnmal für eure Tugend wird, um auch nach eurer Aufnahme als Ordensritter in ewiger Keuschheit zu verbleiben, damit ihr einst nach eurem Tode ins Paradies eingehen könnt.“
„Amen“, murmelte Fabius, offenbar froh, dass Hugo allem Anschein nach nichts ausgeplaudert hatte, andernfalls würden sie ihm, wenn es nach Odo de Saint-Jacques ging, mit Sicherheit bereits Gesellschaft leisten.
„Abgesehen davon habe ich eine weitere Hiobsbotschaft für euch“, fuhr Saint-Jacques mit der ihm üblichen Gnadenlosigkeit in der Stimme fort. „Bis auf weiteres hat der Großmeister jeglichen privaten Ausgang gestrichen. Unser Oberhaupt ist der Auffassung, dass wir alle für das Vergehen unseres Bruders Buße tun müssen und uns im Gebet auf unsere Aufgaben als Ordensritter besinnen sollten.“
Odo de Saint-Jacques schaute auffordernd in die Runde. Niemand sagte ein Wort. Lediglich die Blicke, die sich die Novizen beim Verlassen des Raumes zuwarfen, waren eindeutig. Inzwischen hatte es sich herumgesprochen, dass es sich bei dem schweren Sünder ausgerechnet um Hugo d’Empures handelte, einen ihrer Lehrmeister und Saint-Jacques’ größten Widersacher.
„Breydenbach!“, rief Saint-Jacques ihnen hinterher, als Gero und Fabius als Letzte nach draußen gingen.
Gero blieb wie angewurzelt stehen und
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