Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
filigran gearbeiteten Frauenkopf
aus reinem Silber zum Vorschein, der nur geringfügig kleiner war als ein echter
menschlicher Kopf. Er stand auf einem kleinen Sockel, in den gut lesbar die Initialen CAPUT
LVIII eingraviert waren.
»Mich interessiert weder, ob
Ihr selbst gezeugte, frisch gebratene Neugeborene zum Abendmahl verspeist habt«, begann er
in scharfem Ton, »noch, ob Eure Novizen ihre unkeuschen Schwänze in den Arsch des Meisters
schieben mussten, bevor man sie selbst in einen weißen Mantel steckte.«
Für einen Moment weidete
sich Imbert an dem bestürzten Blick der jungen Frau, die sich aufgerichtet hatte und nun
zitternd auf ihren Fersen hockte.
»Ich weiß, dass Ihr etwas
viel Interessanteres für mich bereithaltet.« Seine Stimme erhob sich in teuflischer
Genugtuung. »Damit wir uns |12| richtig verstehen. Mich interessiert weder Euer Gold, noch wo Ihr es
versteckt habt. Das sollen andere herausfinden. Mich interessiert vielmehr, wo der Born
Eures Wissens sprudelt.« Beinahe zärtlich strich er über das silbern schimmernde
Gesichtchen. »Und ob dieses reizende Antlitz etwas damit zu tun hat.«
Unvermittelt setzte er die
wissensdurstige Miene eines Gelehrten auf. »Warum, frage ich mich«, fuhr er mit dozierender
Stimme fort, »finden wir beim Durchstöbern der Privatgemächer des Großmeisters der Templer
in Paris einen silbernen Kopf, dessen nebulöse Existenz durch unzählige Verhöre geistert,
darin versteckt eine Botschaft, die besagt:
Geht zu H d O – nur er weiß, wie man die
Stimme zum Sprechen bringt?
«
Imbert lachte boshaft. »Ja,
da schaut Ihr«, rief er und versah Henri d’Our mit einem triumphierenden Blick. »Wir
sind
in der Lage Eure geheimen Schriften zu dechiffrieren. Der Rest war ein
Kinderspiel.« Wieder lachte er, diesmal leise und noch bösartiger. »Könnt Ihr mir verraten,
warum diese drei Initialen nur auf einen einzigen Namen zutreffen, von den vielen, die wir
in den ellenlangen Personallisten in der Ordensburg von Troyes gefunden haben?« Der
Großinquisitor hielt inne. »Nämlich auf den Euren?«
D’Our blieb regungslos,
bemüht darum, seinen Blick so klar zu halten wie reines Quellwasser.
»Was seid Ihr?«, fauchte
Imbert ungehalten. »Ein Zauberer? Könnt Ihr dieses Ding hier zum Sprechen bringen?« Wie ein
lauerndes Reptil näherte er sich seinem Opfer und ließ sich dazu herab, vor ihm in die
Hocke zu gehen.
Dabei kam er d’Our so nahe,
dass dessen bereits abgestumpfter Geruchssinn mühelos die unappetitliche Mischung aus
fauligem Atem und teurem Parfüm wahrnehmen konnte.
»Wir haben Euren Großmeister
verhört, vor vier Tagen in Corbeil«, resümierte Imbert in der ihm eigenen
Selbstgefälligkeit.
Wohl eher unbeabsichtigt
verriet er Henri d’Our damit, wo man das Oberhaupt der Templer zurzeit gefangen hielt.
»Auf dieses Phänomen hin
angesprochen, behauptete Jacques de Molay, er sei nur ein einfacher Mann, der noch nicht
einmal des Lesens und Schreibens mächtig sei, und er wisse nichts von einem Kopf,
geschweige denn etwas von einem Zettel, den er zusammen mit diesem |13| niedlichen Antlitz in das ihm
völlig unbekannte Versteck gelegt haben sollte!« Imberts Stimme war immer lauter geworden,
und sein ansonsten bleicher Schädel hatte vor lauter Wut die Farbe eines gekochten Hummers
angenommen.
Unvermittelt heftig sprang
er auf. »Wollt Ihr mich alle zum Narren halten?«
Voller Zorn warf er d’Our
mit Schwung das Haupt zu, das der Komtur wegen seiner angeketteten Arme nicht auffangen
konnte. So landete der kleine Kopf aus massivem Silber in d’Ours Schoß und traf dessen
Hoden, die einzige Stelle seines Körpers, die man bis jetzt von den Folterungen ausgespart
hatte.
Mit schmerzverzerrter Miene
hielt d’Our für einen Moment die Luft an und schluckte anschließend verkrampft. Sein Mund
war mit einem Mal trocken, und sein Blick wanderte unruhig hin und her, zwischen der vor
ihm liegenden Frau und dem schwer gefolterten Francesco, für den er eine tiefe
Verantwortung empfand.
Fieberhaft überlegte er, wie
er sich aus dieser Falle herauswinden konnte. Er hatte einen minimalen Vorteil. Imbert
wollte etwas von ihm, und zwar etwas, das er sich einiges kosten lassen würde. Bisher waren
dessen Bemühungen nicht gerade von Erfolg gekrönt gewesen, und König Philipp würde die
weitere Karriere seines Großinquisitors vermutlich von eben diesem
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