Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
Kommandeur hob eine seiner exakt geschnittenen Brauen und kratzte sich demonstrativ den grauen Bart.
„Und was wirst du tun, wenn dir die Heiden den Arsch aufreißen wollen und du dich bei glühender Sonne in einem Wüstenloch ohne Wasser befindest, wo sie dich tagelang umzingeln, in der Absicht, dich einen Kopf kürzer zu machen? Führst du dann zur Belustigung aller einen kompletten Tanz auf, um deine Brüder und die verfluchten Mameluken zu erheitern?“
Diesmal verwandelte sich das Glucksen in Prusten und schließlich in schallendes Gelächter.
Gero lachte nicht, weil Fabius ihm leidtat. De Gisy lachte auch nicht, weil er sich offenbar ärgerte. Unvermittelt hob er den Kopf und ließ seinen Blick über die sichtlich amüsierten Novizen schweifen, die sich aufgrund seiner finsteren Miene abrupt still verhielten.
„Euch wird das Lachen noch vergehen!“, brüllte er – so laut, dass die Männer allesamt zusammenzuckten. Lediglich Gero zuckte nicht, weil er ein solches Gebrüll von seinem Vater gewohnt war. Den Schotten, der dicht neben ihm stand, beeindruckte das Gebaren des Kommandeurs ebenfalls nicht. Seine gleichgültige Miene wirkte wie eingefroren.
De Gisy hingegen drehte sich mit Schwung auf seinem Stiefelabsatz herum und rauschte mit seinem wehenden weißen Umhang davon wie ein Zerberus, während sein Schreiber versuchte, diensteifrig zu folgen.
Wenig später baute der Kommandeur sich auf einem Treppenabsatz, der zum Refektorium führte, vor den eingeschüchterten Neulingen auf und ließ eine Armada von offensichtlich kriegsversehrten Pensionären aufmarschieren, deren Behinderungen kaum zu überbieten waren. Einige von ihnen waren so schwer getroffen, dass sie sich nur noch in einer kleinen Karre, von einem anderen Bruder gezogen, fortbewegen konnten. Von fehlenden Armen und Beinen über verbrannte Gesichter und Gliedmaßen bis hin zu vielfältigen Narben, die von furchtbaren Folterungen zeugten und ihnen von wem auch immer beigebracht worden waren, schien alles dabei zu sein.
„Ich glaube, mir wird schlecht“, flüsterte Fabius, und Gero gab ihm einen verhaltenen Seitenhieb, bevor er auf die Idee kam, sich in aller Öffentlichkeit zu übergeben und damit seine Karriere als Templer endgültig zu verspielen.
„Ich will, dass ihr euch das hier genau anseht, bevor ihr euch entschließt, ein Streiter Christi sein zu wollen. Denn wenn ihr glaubt, dass Gott immer mit euch ist, wenn ihr gegen die Heiden zieht, so werdet ihr bitter enttäuscht sein, sobald euch der Teufel begegnet. Spätestens dann ist es an euch, mitzuentscheiden, wer die Oberhand behält. Jeder, der schon einmal gegen die Heiden gekämpft hat, weiß, dass früher oder später jeder Einzelne von euch das Zünglein an der Waage sein kann, den Sieg zu erringen oder die gesamte Truppe ins Verderben zu führen. Wenn nur einer von euch nicht fest genug im Glauben steht, werdet ihr im besten Fall das Leben verlieren, im schlechten Fall als Sklaven im Scheißhaus eines Emirs enden oder so entstellt aus der Schlacht zurückkehren wie diese Brüder hier.“
Gleich danach ging er zur Tauglichkeitsprüfung über.
„Die zu prüfenden Novizen haben ihre mitgebrachten Rüstungen und Waffen anzulegen“, verkündete ein Sergeant mit nasaler Stimme.
„Danach treffen wir uns wieder hier auf dem Hof, um die Prüflinge auf ihr Können hin zu untersuchen. Im Nu machte sich Aufregung breit, und kaum noch einer hielt sich an das verordnete Schweigegebot, als sie ins Dormitorium zurückgeschickt wurden, um ihr Rüstzeug anzulegen.
Gero, der seine Lederhose und das wattierte Wams seit seiner Ankunft kaum abgelegt hatte, schlüpfte, an seinem Bett angekommen, in sein schweres Kettenhemd und gürtete sein Schwert. Danach nahm er seinen Schild, der das Wappen der Breydenbacher trug, und schlenderte lässig in Richtung Ausgang zum Hof. Auf halbem Weg wurde er von einem silberhaarigen, älteren Riesen aufgehalten, der ihn seltsam vertraut am Arm festhielt. Er trug den weißen Habit eines Tempelritters und war sogar noch größer als der Schotte. Dabei war er hager, hatte eine Hakennase und lauter Wirbel in seinem kurzgeschorenen Haar, was ihm ein unordentliches Aussehen verlieh. Gero erinnerte sich dunkel, dass der Mann ein Freund seines Vaters sein musste und dass er ihm vor Jahren auf einer Reise in die Champagne vorgestellt worden war. Bereits damals bekleidete er eine angesehene Position bei den Templern und hatte seinem Vater versichert, dass man Gero
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