Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
Ausbreitung der Mameluken einzudämmen und den Weg für eine neue Invasion zu bereiten. Ich hoffe, dass ihr mich nicht enttäuschen werdet. Gott beschütze euch. Abtreten!“
Kapitel VII
G ero musste an Lissy denken, als er am darauffolgenden Samstagabend an Leib und Seele gereinigt mit den übrigen Brüdern die unterirdische Krypta der Kathedrale Saint Marie betrat. Den ganzen Tag über hatten sie gebetet, gefastet und in Andacht verbracht. Ausnahmslos in weiße Gewänder gehüllt, erlebten sie nun unter Ausschluss von Nichteingeweihten ihre Vereidigung als Tempelritter.
Der von gewaltigen Säulen gestützte Gewölbekeller unter der Kathedrale wurde von unzähligen brennenden Kerzen illuminiert. Zwei Ordenspriester sorgten mit pendelnden Weihwasserkesseln für eine nebelgeschwängerte, beinahe unheimliche Atmosphäre. Gregorianische Gesänge begleiteten ihren Einmarsch und ließen die Zeremonie nahezu überirdisch erscheinen.
Im Halbdunkel des Altars hatten sich sämtliche Würdenträger des Ordens versammelt, die das Ordenskapitel von Zypern augenblicklich zu bieten hatte. Bereits am Vormittag hatten sie der Aufnahme aller Novizen in einer außerordentlichen Kapitelversammlung einstimmig ihre Zustimmung erteilt.
Neben Aymo d’Oiselay war selbstverständlich Jacques de Molay als Großmeister anwesend, und sogar Ordensmarschall Bartholomäus de Chinsi, der oberste Heerführer der Templer, gab sich zur Vereidigung der neuen Ritterschaft die Ehre. Auch wenn er vorwiegend aus anderen Gründen mit jenem Schiff auf die Insel gekommen war, mit dem sie schon am übernächsten Tag nach Antarados übersetzen sollten. Großgewachsen, breitschultrig, fast glatzköpfig und glutäugig, mit einem dichten schwarzen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte, wirkte de Chinsis ganze Erscheinung beeindruckend und sein Auftreten höchst diszipliniert. Am Tag zuvor hatte er anlässlich der bevorstehenden Weihe eine vielgelobte Rede gehalten, in der er vor den zukünftigen Ordensrittern über deren bevorstehende Aufgaben referierte. Er hatte sie schonungslos darauf vorbereitet, dass er von ihnen vollen Einsatz erwartete, wenn es um die Rückeroberung des Heiligen Landes ging. Dazu gehörten auch die Zermürbung des Feindes mit regelmäßigen Überfällen entlang der Küste von Syrien, das Kapern von Schiffen und ein striktes Vorgehen gegenüber den Heiden, das keinerlei Erbarmen duldete. Schon allein, um die Wasserversorgung auf der Festung gewährleisten zu können, würden sie schutzlose Dörfer überfallen müssen, deren Brunnen garantiert nicht vergiftet waren. Außerdem waren diese Beutezüge hervorragend geeignet, um ganz nebenbei die Versorgung der ungefähr neunhundert Menschen auf Antarados mit Fleisch und Obst zu bereichern.
Gero hatte an den Gesichtern seiner Kameraden erkannt, dass den meisten nicht wohl war bei der Aussicht, dass man sie zunächst einmal zu Räubern und Mördern degradieren würde, lange bevor sie daran denken konnten, Jerusalem zurückzuerobern.
Aber de Chinsi hatte ihnen auch Mut gemacht, indem er ihnen versprach, dass sie unter seiner und Gottes Führung siegreich gegen die Heiden vorgehen würden und es nicht mehr lange dauern konnte, bis die Heilige Stadt wieder den Christen gehören würde. Er zählte einige Siege auf, die er und seine Männer in den vergangenen Monaten gegen die Mameluken hatten verbuchen können. Zum Beweis ihres Erfolges nannte er die zweifelhafte Zahl von mehr als einhundert heidnischen Sklaven, die man während der Angriffe gefangengenommen und nach Antarados verschleppt hatte, wo sie beim Aufbau der Festung halfen.
Bevor Gero weiter darüber nachdenken konnte, woher diese Menschen stammten und auf welche Weise sie in den Besitz des Ordens gelangt waren, hoben die verbliebenen Brüder zu einem weiteren gregorianischen Choral an, der die Feierlichkeit ihrer endgültigen Aufnahme als Ritter des Tempels nochmals unterstreichen sollte.
Nachdem der Großmeister dem Ordenskaplan ein Zeichen gegeben hatte, trat dieser hervor und befahl den zwanzig Anwärtern, demütig vor dem Altar niederzuknien und den Eid nachzusprechen.
„Liebe Herrn und Brüder“, begann der hagere Geistliche mit salbungsvoller Stimme und senkte dabei demutsvoll den Blick, „ihr sehet, dass die Ordensleitung sich nunmehr darüber einig ist, diese Brüder aufzunehmen.“ Mit seiner Stimme hob er sein Haupt und schaute nun unvermittelt in die Runde der Anwesenden. Seine klaren braunen Augen fixierten
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