Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
Ziegenfleisch und warmem Brot waberte durch den Burghof und war für Gero und seine Kameraden beinahe noch schwerer zu ertragen als die geschundenen Füße.
„Ich sterbe vor Hunger“, knurrte Arnaud und sprach damit aus, was alle Novizen dachten. Doch so, wie es aussah, ließ das Abendessen noch auf sich warten.
„Ihr sollt sofort zum Großmeister kommen“, empfing sie stattdessen der wachhabende Kommandant, Yve de Charenne, der in Odo de Saint-Jacques’ Abwesenheit das Kommando über die Verteidigung der Ordensburg übernommen hatte. Der glatzköpfige Templer aus Orléans war Nachfolger von Hugo d’Empures, der sein Büßergewand bereits vor Wochen abgelegt hatte und im Rang degradiert nach Antarados verschifft worden war.
„Was hat das jetzt zu bedeuten?“, flüsterte Fabius, der seinen sorgenvollen Blick auf die hinter ihm stehenden Kameraden richtete.
„Keine Ahnung“, murmelte Gero entnervt. Wie die meisten von ihnen hätte er sich am liebsten erst mal ins Hospital verzogen, um sich dort bei einer heißen Tasse Milch und etwas Brot die geschundenen Füße mit ein paar hilfreichen Salben versorgen zu lassen.
All das musste nun auf später verschoben werden. Nur den Hunden wurde Erbarmen zuteil, indem de Charenne sie von einem Knappen in ihre Zwinger bringen ließ, wo trotz ihres Versagens ein voller Napf mit Fleischresten auf sie wartete.
Der stellvertretende Kommandeur-Leutnant führte Gero und seine Brüder höchstpersönlich zum großzügigen Repräsentationszimmer des Oberhauptes der Templer und ließ sie noch einen Moment lang vor der Tür ausharren, bevor er ihnen mit einem gnädigen Nicken Einlass gewährte.
Drinnen erwartete sie ein wärmendes Feuer, dazu warmes Brot und zwanzig Krüge mit dampfendem Wein, die der Großmeister auf einen Wink hin von der Ordonnanz an seine verblüfften Gäste verteilen ließ.
Jacques des Molay, der so gut wie nie lachte, hob nicht nur seinen Krug, sondern auch seine Mundwinkel, als er ihnen anerkennend zuprostete.
„Lasst es euch schmecken, Brüder. Eure letzte Prüfung hab ihr mit Bravour bestanden“, versicherte er ihnen mit einem anerkennenden Blick. „Eine List anzuwenden ist weitaus besser, als sich einem offenen Kampf zu stellen. Auch wenn ich sagen muss, dass die Kameraden der Gegenseite, ebenso wie ihre tierischen Begleiter, kein leuchtendes Beispiel für den Orden abgegeben haben.“ Er räusperte sich kurz, und bevor er fortfuhr, stellte er seinen Krug auf einem langgezogenen Versammlungstisch ab.
Mit einem Mal war sein Blick wieder ernst. „In der Hoffnung, dass euresgleichen mehr Ehrgeiz an den Tag legt, wenn es um den Kampf gegen die Heiden geht, möchte ich eure Aufnahme in den Orden für den kommenden Sonntag festlegen. Denn welcher Tag würde besser für die Ordensweihe passen als das Hochfest Mariä Verkündigung. Während der Matutin von Samstag auf Sonntag werdet ihr zu Ehren Unserer Lieben Frau zu Templern auf Lebenszeit ernannt werden, wenn ihr es denn immer noch wollt.“
Die Novizen reagierten allseits mit erfreuten Mienen. Von Nichtwollen konnte nach all den Strapazen und Entbehrungen der vergangenen Monate wohl kaum die Rede sein. Obwohl irgendwann natürlich damit zu rechnen gewesen war, kam die endgültige Aufnahme in den Orden nun doch überraschend schnell. Gero dachte darüber nach, ob es ein Zufall war oder Gottes Fügung, dass seine Aufnahme als Ritter des Tempels ausgerechnet auf den 25. März fiel – und damit nicht nur auf einen der höchsten Feiertage des Ordens der Templer, sondern zudem auf seinen zweiundzwanzigsten Geburtstag.
Mit diesem denkwürdigen Datum begann für Gero nun ein neues Lebensjahr, und zugleich ein neuer Lebensabschnitt, in dem er all das wiedergutmachen konnte, was er in seinem vorherigen Dasein verwirkt hatte. Die anderen schienen ähnlich begeistert zu sein. Sie riefen alle wie aus einem Mund „De par Dieu, Beau Seigneur!“ und besiegelten damit ihre Bereitschaft, endlich ein vollwertiges Mitglied der „Miliz Christi“ zu werden.
„Bevor ich es vergesse“, fügte de Molay beinahe andächtig hinzu. „Am Mittwoch danach läuft euer Schiff nach Antarados aus. Zusammen mit eurer gesamten Ausrüstung und euren Schlachtrössern werdet ihr für unbestimmte Zeit auf unsere Festung vor Tortosa verlegt. Dort könnt ihr euren Mut und eure Ausdauer weiter unter Beweis stellen. In Absprache mit Aimery von Zypern sind weitere Eroberungszüge landeinwärts ins Heilige Land geplant, um die
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