Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
würden, machten sie sich schließlich am Dienstagmorgen auf den Weg nach Famagusta.
Zwanzig frisch geweihte Templer und dreißig Ordensritter aus der Lombardei, dazu Ordensmarschall de Chinsi, sein Stellvertreter Aymo d’Oiselay und zwei weitere Kommandeure, die den Zug mit einer Handvoll Knappen begleiteten, sammelten sich im Hof der Ordensburg von Nikosia. Zuvor hatten alle an einer Messe in der Kathedrale Sainte-Marie teilgenommen und zu Ehren der Lieben Frau um deren Fürbitte ersucht.
Geros stattlicher schwarzer Hengst, den er aus seiner Heimat mitgebracht hatte und der auf den Namen David hörte, gab sich ein wenig bockig, als einer der jüngeren Knappen ihn sattelte. Das beeindruckende Tier war in letzter Zeit zu oft an andere Reiter verliehen worden. Doch als Gero auf seinem Rücken saß, wurde er zusehends ruhiger.
Als sie aus dem Burgtor hinausritten, auf die Straße, die direkt von Nikosia nach Famagusta führte, fegte Gero ein warmer Sprühregen ins Gesicht, aber der Wollstoff seiner Chlamys, wie man den weißen Templerumhang mit dem roten Kreuz nannte, war angeblich so dicht gewebt, dass kein Wasser hindurchdringen konnte.
Die Landschaft um sie herum hatte sich unter dem Niederschlag der vergangenen Tage und der plötzlich einsetzenden Wärme des Frühlings in kürzester Zeit in ein wahres Blütenmeer verwandelt. Als sie eine Brücke überquerten, unter der ein rauschender Bach zu Tal schoss, machte ihnen ein Bauer Platz, der auf einem Eselskarren saß und sie ehrfürchtig grüßte. Es war das erste Mal, dass sie mit ihren weißen Mänteln in der Öffentlichkeit auftraten. Vorneweg ritt ein Bannerträger, der den schwarz-weißen Beaucéant, die Kriegsflagge der Templer, an einer langen Stange emporhielt und damit vermittelte, wie ernst dieser Orden seine militärischen Aufgaben nahm.
Anders als bei ihrer Ankunft auf Zypern ritten sie nun streng in Zweierreihen und vor allem schweigend, wie es die Vorschrift verlangte.
Gero warf einen Blick auf Arnaud und Fabius, die ein Stück weiter vor ihm ritten, und hatte Mühe, sich ein Schmunzeln zu verkneifen. Für die beiden war es eine echte Herausforderung, so lange den Mund zu halten.
Als sie bei Einbruch der Dämmerung Famagusta erreichten, waren die meisten der Kameraden vom langen Ritt ziemlich geschafft.
Erschöpft hielten sie Einzug in die dortige Ordensburg und ließen sich von einem Bruder der Verwaltung ins Dormitorium und die Waschräume einweisen. Danach hatte Aymo d’Oiselay, de Chinsis Vertreter auf Zypern, sie zusammen mit ihrem Befehlshaber ins Refektorium geladen, wo sie gemeinsam das Abendessen einnahmen. Zur Feier des Tages und wegen des Besuchs des Ordensmarschalls hatte die Küche einen Ochsen braten lassen, der allen Anwesenden bestens mundete.
„Für heute Abend habt ihr ein letztes Mal Ausgang bis zur Frühmesse“, verkündete Bartholomäus de Chinsi im Einvernehmen mit Aymo d’Oiselay nach dem Schlussgebet zur Vesper, womit er nicht nur die frisch aufgenommenen Ordensritter überraschte, sondern auch deren lombardische Begleiter. Als de Chinsi die fragenden und gleichzeitig freudigen Blicke gewahrte, glaubte er wohl, noch eine Erklärung hinterherschieben zu müssen.
„Wenn ‚Die Rose von Aragon’ morgen Mittag Richtung Antarados ablegt, werdet ihr für lange Zeit keine Gelegenheit mehr haben, euch privat zu bewegen. Die einzige Voraussetzung für unsere Großzügigkeit ist, dass ihr euch nichts zuschulden kommen lasst und morgen in aller Frühe abmarschbereit seid. Haben wir uns verstanden?“
Alle nickten.
„Abtreten!“
Niemand von ihnen kannte sich in den Hafenkneipen von Famagusta aus, die sich Haus an Haus um die Mole schmiegten. Hinzu kamen etliche Herbergen, in denen man für wenig Geld ein Zimmer mieten konnte.
Wie die Tavernen in Nikosia waren auch die von Famagusta für die Ordensritter vom dortigen Templerhaus gut zu Fuß zu erreichen. In Anbetracht des morgigen Ausschiffens hatten Gero und seine Kameraden darauf verzichtet, ihre Zivilkleidung anzulegen, und in Ermangelung eigenen Geldes wurden sie von einem Bruder der Verwaltung begleitet, der von d’Oiselay Anweisung erhalten hatte, ihre Zeche bis zu einer bestimmten Summe zu übernehmen.
Als Gero zusammen mit Fabius und den anderen Ritterbrüdern die weiß getünchte „Taverne des Zirkels“ am Hafen betrat, herrschte dort bereits reger Betrieb. Seeleute und Händler knallten ihre leeren Holzbecher lautstark auf den Tisch und schäkerten
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