Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
ließ sich nichts anmerken und fuhr ungerührt fort.
»Und?«, fragte sie und sah ihn dabei an wie ein Kleinkind, das man zum Sprechen ermutigen will. »Wo warst du sonst noch stationiert?«
»Wenn du es genau wissen willst, ist es fraglich, ob wir so viel Zeit haben.«
»Ich denke, dafür reicht es«, entgegnete sie, erleichtert darüber, dass er durchaus bereit schien, mehr von sich preiszugeben.
»Also …« Er lächelte schelmisch. »Aufnahme in den Orden als Knappe in Balantrodoch, Schottland, im Jahre des Herrn 1298. Dann Weiterreise nach Franzien zur Aufnahme als Novize im Februar 1301 in Troyes. Anschließend Weiterreise zur Ausbildung nach Zypern. Weihe zum Ordensritter im März 1302 in Nikosia. Anschließend Verlegung zur Insel Antarados. Rückkehr nach Zypern im Herbst 1302. Wieder ein halbes Jahr Zypern und im Frühjahr Einschiffung nach Marseille und anschließende Weitereise nach Bar-sur-Aube. Ankunft im Sommer 1303. Zufrieden?«
Seine Brauen hoben sich fragend, und als sie nicht sofort antwortete, lächelte er unsicher.
Sie schwieg einen Moment, und dann schaute sie ihn durchdringend an.
»Du warst auf Antarados? Und du hast an der Schlacht teilgenommen?«
»Ja«, antwortete er verwundert. »Woher weißt du darüber?«
»Ich habe zugehört, als mein Vater vor ungefähr drei Jahren mit einem Ordensbruder in der Komturei darüber gesprochen hat. Aber damals hieß es, dass niemand vom Orden den Angriff der Mameluken überlebt hat. Es ist mir in Erinnerung geblieben, weil die Ausführungen des Bruders so unglaublich grausam waren und er berichtete, dass fast neunhundert Männer im Kampf gegen die Heiden gefallen oder verschleppt worden sind. Für mich war das eine unvorstellbar große Zahl.«
Er sah sie ernst an. »Für mich auch«, sagte er knapp. »Aber es entspricht der Wahrheit. Bis auf die Tatsache, dass es keine Schlacht war, sondern eher ein Abschlachten und ich den Angriff entgegen allen Unkenrufen überlebt habe.«
»Du ganz allein?« Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie sich vorstellte, wie er sich als Einziger von der Insel geschleppt haben sollte, aber vielleicht erzählte er ihr auch nur eine Lügengeschichte, um ihr zu imponieren. Doch sie bemerkte, wie sich sein Körper verkrampfte und sein Gesichtsausdruck schmerzliche Züge annahm. Augenblicklich schwanden ihre Zweifel.
»Nein.« Sein Blick wurde dunkel und unergründlich. »Wir waren nur noch eine Handvoll Männer, als wir zusammen mit einigen Bewohnern der Insel entkommen konnten. Ein Zufall wollte es, dass uns ein winziges Fischerboot zur Verfügung stand, das die Heiden in ihrem Triumphgeschrei wohl übersehen hatten. Auf der Überfahrt waren wir dem Verdursten nahe, und ein Bruder war schwer verwundet.«
Eine innere Stimme riet ihr, das Thema zu beenden, aber sie musste einfach wissen, was tatsächlich geschehen war. Vielleicht um die Gewissheit zu erlangen, er habe etwas an sich, das ihn auch zukünftig vor einem gewaltsamen Tod schützen konnte.
»Wie konnte es überhaupt dazu kommen?« Am Klang ihrer Stimme und dem entsetzten Ausdruck in ihren Augen konnte Struan erkennen, dass es nicht reine Neugier war, die sie zu so einer Frage bewegte, sondern echte Anteilnahme darin mitschwang.
»Im Nachhinein gibt es tausend Gründe, warum wir die Insel an die Heiden verloren haben«, antwortete er sachlich. »Doch darüber muss ich striktes Stillschweigen bewahren, weil es eindeutig Fehler in unserer Ordensführung waren, die es den Mameluken leichtgemacht haben, uns einfach zu überrennen. In erster Linie kann man natürlich den Heiden die Schuld in die Schuhe schieben. Sie waren es schließlich, die in hinterhältiger Weise unsere Schwachstellen ausgenutzt haben.«
»Und außer euch wenigen sind wirklich alle ums Leben gekommen?« Ihr Blick war immer noch fassungslos.
»Nein«, antwortete er trostlos. »Ein großer Teil unserer braven Kameraden wurde in Ketten gelegt und ist in die ägyptische Sklaverei geraten. Ich habe noch immer ihre Schreie in meinen Ohren und höre, wie sie um Gnade winseln.«
»Na ja«, wandte sie vorsichtig ein, »immerhin haben die Mameluken sie am Leben gelassen.« Struan warf ihr einen verächtlichen Blick zu, und sie bereute bereits, dass sie ein Urteil abgegeben hatte, über eine Angelegenheit, bei der sie überhaupt nicht mitreden konnte.
»Wenn du denkst, dass die Heiden Menschenfreunde sind, so muss ich dich leider enttäuschen. Ich war einem Spähtrupp zugeteilt, und zur Zeit
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