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Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Fleischsuppe, die mir am zweiten Abend gebracht wurde … einbesonders ungeschickter Versuch, Watson, für den ich aber am Ende ganz dankbar war, denn er gab mir genau das Instrument in die Hand, das ich brauchte.«
    »War Harriman Teil dieses Mordplans?«, fragte ich, ohne meine Empörung verbergen zu können.
    »Inspektor Harriman wird entweder sehr gut bezahlt oder ist eine treibende Kraft der Verschwörung, der Sie und ich auf der Spur sind. Ich fürchte fast, Letzteres ist der Fall. Ich überlegte, ob ich mich an Hawkins wenden sollte. Der Chief Warder schien ein anständiger Mensch zu sein und hatte sich bemüht, meinen Aufenthalt im Zuchthaus so erträglich wie möglich zu machen. Aber es erschien mir unklug, zu früh Alarm zu schlagen, denn das konnte einen zweiten, weitaus tödlicheren Angriff bewirken. Also bat ich stattdessen um ein Gespräch mit dem Gefängnisarzt, und als ich auf die Station gebracht wurde, stellte ich zu meiner Freude fest, dass ich den Leiter schon kannte, was meine Aufgabe sehr erleichterte. Ich zeigte ihm die Suppe, von der ich eine Probe behalten hatte, und erklärte ihm, was da im Busch war. Dass man mich zu Unrecht verhaftet hatte und dass meine Feinde verhindern wollten, dass ich Holloway lebend wieder verließ. Dr. Trevelyan war ziemlich entsetzt. Aber er hätte mir wohl in jedem Fall geglaubt, denn er fühlt sich mir wegen der Geschichte in der Brook Street verpflichtet.«
    »Wieso ist er eigentlich jetzt in Holloway?«
    »Es blieb ihm nichts anderes übrig, Watson. Er hat ja damals seine Stelle im Krankenhaus verloren, als dieser Patient starb. Trevelyan ist ein brillanter Kopf, aber das Schicksal hat ihn nicht eben begünstigt. Er hat nichts anderes als diese Stelle im Gefängnis gefunden. Vielleicht sollte man mal sehen, ob man ihm irgendwie helfen kann.«
    »Allerdings, Holmes. Das finde ich auch.«
    »Als Erstes wollte er Hawkins informieren, aber ich habe ihmklarmachen können, dass die Verschwörung gegen mich zu fest verankert ist, als dass wir etwas riskieren könnten. Wir durften niemanden sonst in die Sache hineinziehen, auch wenn es entscheidend war, dass ich meine Handlungsfreiheit zurückgewann. Dann haben wir überlegt, was es sonst noch für Möglichkeiten gab. Es war uns beiden klar, dass ich mir nicht gewaltsam den Weg nach draußen bahnen konnte. Einen Tunnel graben oder über die Mauer klettern kam nicht in Frage. Zwischen meiner Zelle und der Außenwelt waren mindestens neun verschlossene Türen, und selbst in der besten Verkleidung konnte ich die nicht passieren, ohne dass man mich nach dem Woher und Wohin fragte. Gewaltanwendung kam auch nicht in Frage. Wir redeten fast eine Stunde lang, und die ganze Zeit musste ich befürchten, dass Inspektor Harriman wieder zu einem seiner verlogenen Verhöre auftauchte, die er nur durchführte, um den trügerischen Eindruck einer geordneten Ermittlung aufrechtzuerhalten.«
    Ich nickte.
    »Schließlich erwähnte Trevelyan diesen Jonathan Wood, einen armen Kerl, der sein ganzes Leben im Gefängnis zugebracht hat und wahrscheinlich noch in der Nacht sterben würde, denn er war schwer krank und vermochte kaum noch zu atmen. Trevelyan machte den Vorschlag, mich erneut auf die Krankenstation bringen zu lassen, wenn Wood gestorben war. Dann könnte er die Leiche verstecken und mich im Sarg hinausbringen lassen. Diesen Vorschlag habe ich sofort abgelehnt. Es gab zu viele Probleme dabei. Ohnehin fragte ich mich bereits, ob meine Verfolger nicht schon misstrauisch waren, weil das Gift im Abendessen mich nicht umgebracht hatte. Mussten sie nicht befürchten, dass ich ihre Pläne durchschaut hatte? Eine Leiche, die unter diesen Umständen aus dem Gefängnis geschafft wurde, war zu offensichtlich. Das wäre genau die Art von Trick gewesen, die meine Gegner erwarteten.«
    »Na, ja –«, sagte ich, ein wenig verlegen.
    »Bei meinem ersten Aufenthalt auf der Station war mir aber der Pfleger aufgefallen, dieser Rivers. Sein rotes Haar und sein nachlässiges, unbeholfenes Auftreten waren bestens für meine Pläne geeignet. Ein wahrer Glücksfall. Ich erkannte, dass alle Elemente der kleinen Scharade bereits am Platz waren: Harriman, das Gift, der sterbende Knastbruder. Jetzt konnte man mühelos den einen Plan mit dem anderen überdecken. Ich sagte Trevelyan, was ich brauchen würde, und zu seinem ewigen Ruhm muss gesagt werden, dass er meine Beurteilung der Situation nie hinterfragte, sondern alles so erledigte, wie ich es erbeten

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