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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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verschwommener Fleck. Doch seit dem Treffen mit Martin Greer hatte sie viel an die Geschichten in ihrem Inneren gedacht, und langsam fing sie an zu verstehen, dass sie sich vor der Vergangenheit versteckt hatte, anstatt sich ihr zu stellen.
    Das Taxi fuhr durch ein schmiedeeisernes Tor und rollte über die graue asphaltierte Auffahrt. Stumm zählte sie die Reihen, dann sagte sie mit flacher Stimme: „Ich glaube, hier ist es. Können Sie warten?“
    Der Fahrer nickte, und sie stieg aus. Sie schien weit und breit der einzige Mensch zu sein. Die Kälte steckte in dem Boden unter ihren Füßen. Das Gras war platt gedrückt und bar jeglicher Farbe. Zählend ging sie weiter, dann blieb sie stehen und drehte sich um. Sie war plötzlich froh, dass niemand sonst hier war. Ihr Magen flatterte nervös.
    „Hey, Joey“, sagte sie. „Ich bin’s.“ Sie atmete tief ein, stieß die Luft zur Hälfte wieder aus und fing an zu reden. „Ich habe da etwas vor, von dem ich dir erzählen wollte. Du weißt noch, dass ich immer ein Buch schreiben wollte? Du hast mich immer damit aufgezogen, alles niederzuschreiben, erinnerst du dich? Ich tue das immer noch, und jetzt sieht es so aus, als bekäme ich endlich meine Chance. Es ist allerdings nicht einfach. Manche der Dinge, die ich schreiben werde, werden mich in … schwierige Zeiten zurückführen. Ich weiß nicht, vielleicht ist es masochistisch, aber ich will über diese Zeiten schreiben. Es ist etwas, was ich vielleicht schon vor langer Zeit hätte tun sollen. Ich denke, du weißt, warum. Wie auch immer, das ist der Plan.“
    Der kalte Wind ließ ihre Augen tränen. Sie stand noch ein paar Minuten länger da, dachte nach, erinnerte sich. Der Grabstein stand neben einem älteren von Joeys Mutter. Joeys sah immer noch nagelneu aus, oben leicht gerundet und glänzend, die Kanten an den Buchstaben noch hart und eckig.
    Joseph Anthony Santini, 1976 -1998. Geliebter Sohn.
    Treten Sie vorsichtig auf – hier liegt ein Traum begraben.
    Es klingelte an der Haustür. Jenny beeilte sich, zu öffnen. Vor ihr stand eine strahlende Jane Bellamy – ihre Großmutter, Philips Mutter. Eine silberfarbene Strähne ihres Haares blitzte unter ihrem Angorahut hervor, und sie trug einen gut geschnittenen burgunderfarbenen Wollmantel. An ihr war überhaupt nichts Unfreundliches, doch Jenny wusste einfach nicht, wie sie sich in ihrer Gegenwart verhalten sollte.
    „Hallo, meine Liebe“, sagte Jane. „Ich bin so froh, dass du hierhergekommen bist.“
    „Ich bin sehr dankbar für die Einladung.“ Jenny fragte sich, ob sie so durch den Wind aussah, wie sie sich fühlte. Sie hatte den ganzen Tag versucht, etwas zu schreiben, aber außer einer Neuordnung ihrer E-Mails und einem Dutzend Level Minesweeper hatte sie nichts zustande gebracht. Sie umarmte ihre Großmutter zur Begrüßung. Ihre Großmutter . Sie kannten sich noch nicht lange, aber Jenny wusste schon, dass es nichts an Jane Bellamy gab, das man nicht mögen konnte. Janes Großvater hatte Camp Kioga gegründet, und sie war dort aufgewachsen.
    1956 hatte sie Charles Bellamy in einer kleinen Zeremonie im Camp Kioga geheiratet. Helen Majesky hatte damals die Hochzeitstorte gebacken, ein kleines Kunstwerk, das mit lauter Zuckerblumen verziert gewesen war. Fünfzig Jahre später hatte Jenny eine exakte Replik für die Goldene Hochzeit der beiden gebacken, die ebenfalls im Camp gefeiert worden war. Jane war neunundsechzig Jahre alt, wunderschön, mit glänzenden Augen und einem modischen Haarschnitt. Ihr Wintermantel schmeichelte ihrer schlanken Figur. Obwohl sie mit einem Bellamy verheiratet war und in einem der altehrwürdigen Häuser an der Upper East Side wohnte, hatte sie etwas Bescheidenes an sich.
    Jane schaute sich in der Wohnung um, die selbst mitten im Winter ein heller, freundlicher Ort war. „Wie gefällt dir Olivias Apartment?“
    „Ich liebe es. Es ist einfach perfekt.“ Trotzdem verfolgte Jenny immer noch das, was Nina am Telefon zu ihr gesagt hatte. War es perfekt, oder zwang sie sich, so zu empfinden, weil sie es so gerne wollte?
    „Es überrascht mich nicht, dass ihr zwei einen ähnlichen Geschmack habt“, sagte Jane. „Immerhin seid ihr Schwestern.“
    Halbschwestern, korrigierte Jane innerlich. Die andere Hälfte von Olivia war deren Mutter, Pamela Lightsey – geschieden, gut situiert, sozial vernetzt, einschüchternd. Noch etwas, was sie mit Olivia gemeinsam hatte. Ihre Mütter waren schwierig. Der Unterschied war nur, dass

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