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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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eine undurchdringliche Wand bildeten. „Es wird das Wesen des Buchs verändern.“
    „Und ist das schlecht?“, fragte Nina.
    „Ich bin mir nicht sicher. Ich hatte eine nette Sammlung von Rezepten und Anekdoten aus der Bäckerei – so war mein Plan. Jetzt stehe ich kurz davor, es in eine Geschichte über Verlassenwerden und Wut und eine fehlgeschlagene Liebesgeschichte umzuschreiben, und für das Ende wird auch noch eine Art Offenbarung erwartet.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, wie das Ende aussehen soll.“
    „Das könnte doch dein erstes Treffen mit Philip Bellamy sein. Oder als du die Hochzeitstorte für Leute gemacht hast, von denen du nicht einmal wusstest, dass sie deine Großeltern sind. Such dir was aus“, schlug Nina vor. „Wie sehr möchtest du das hier machen?“
    So sehr, dass ich dafür leiden und bluten würde.  Jenny atmete tief durch, stand auf und ging rastlos auf und ab. „Ich will es.“
    „Dann machst du dich besser daran, die Schlussoffenbarung zu finden.“
    Sie lächelte und goss ein Glas Wasser in den Topf einer Pflanze. „So funktioniert das nicht.“
    „Weißt du, was ich denke? Ich denke, es ist Rourke McKnight.“
    Jenny nahm den Hörer vom Ohr und schaute ihn finster an. „Wie bitte?“
    „Du und Rourke. Lass das das Ende sein.“
    „Es gibt kein ‚Ich und Rourke‘. Meine Güte, Nina.“
    „Und weißt du noch was?“, sagte Nina ungerührt. „Du klingst elendig. Ich denke nicht, dass der Umzug in die Stadt die beste Idee für dich war.“
    „Ich wollte das schon immer tun, immer. Das solltest du eigentlich wissen.“
    „Ich denke nur, dass dir die Vorstellung davon besser gefallen hat als die Realität. Du weißt schon, die süße kleine Wohnung, die Menschenmengen, die Aufregung. Aber Tatsache ist, dein Leben ist in Avalon. Hier sind die Menschen, die sich am meisten für dich interessieren.“
    „Ich soll meine neue Familie kennenlernen“, sagte Jenny. „Die Schwestern meines Vaters, meine Großeltern, Cousinen, von denen ich bis vor einem halben Jahr nicht wusste, dass es sie gibt.“
    „Fein, lerne sie kennen, aber ich denke trotzdem, dass du hierher gehörst.“
    Jenny zuckte innerlich zusammen. War sie wirklich dieses Mädchen? Die Ladenbesitzerin, deren Schicksal es war, ihr Leben in einer Kleinstadt zu verbringen, während sie von einem anderen Leben träumte wie ein moderner weiblicher George Bailey? Sie ging vor dem Fenster auf und ab. Draußen eilten die Menschen geschäftig hin und her, die Autoschlangen verengten und dehnten sich aus wie ein gigantisches Akkordeon. In einem Eingang auf der anderen Straßenseite lehnte eine Frau in einem grauen Stoffmantel am Türrahmen und blickte so finster, als wenn die Szenerie vor ihren Augen ein persönlicher Angriff auf sie wäre.
    „Mir gefällt es hier“, beharrte Jenny, auch wenn sie sich nach dem unpersönlichen Schnappschuss-Blick aus dem Fenster fragte, ob sie sich nicht selbst etwas vormachte.
    „Komm nach Hause. Du weißt, dass du das eigentlich auch willst.“
    „Falls du dich erinnerst, ich habe kein Zuhause. Ich weigere mich, länger bei Rourke zu wohnen, und ich liebe dich mit ganzem Herzen, aber auf keinen Fall werde ich bei dir und Sonnet einziehen.“
    „Du kannst dir doch was mieten.“ Nina, die mit Herz und Seele nach Avalon gehörte, die die Stadt so sehr liebte, dass sie als Bürgermeisterin vierzehn Stunden am Tag arbeitete, konnte einfach nicht verstehen, warum jemand irgendwo anders leben wollte.
    „Ich werde drüber nachdenken“, lenkte Jenny ein, allerdings hauptsächlich deshalb, weil ihr das Thema Kopfschmerzen bereitete. Von Verwirrung hervorgerufene Kopfschmerzen. Wenn sie ganz ehrlich war, kannte sie ihre eigenen Wünsche – ihr eigenes Herz – nicht mehr. „Ich hab noch ein paar andere Dinge hier zu erledigen, außer die Familie meines Vaters kennenzulernen.“
    „Was denn?“
    Jenny holte tief Luft. „Ich muss Joey sehen.“
    „Oh, Jen.“ Ninas Stimme zitterte. „Tu dir das nicht an.“
    „Ich komme damit klar“, sagte sie. „Es ist einfach etwas, das ich tun muss.“
    Sie nahm ein Taxi, weil der Tag so kalt war. Es lag nicht viel Schnee, nur kleine graue Häufchen hier und da auf den Bürgersteigen. Der Himmel hing schwer und farblos über der Manhattan Bridge, als das Taxi nach Brooklyn fuhr und der Flatbush Avenue folgte. Jenny war einmal zuvor hier gewesen, aber die Erinnerungen an den Tag waren unvollständig, ein schmerzhafter,

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