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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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einfach.“
    Neugierig riss sie das Papier auf und schaute sich den Inhalt an. Sie holte jedes einzelne Stück hervor und hielt es hoch. Es gab ein Babydoll, einen Push-up-BH, eine ganze Sammlung unglaublich winziger Damenunterwäsche. Außerdem fand sie eine Designerjeans, kurze Hosen und Strickpullover mit tiefen Ausschnitten.
    Sie richtete sich auf und sah ihn an. „Was sind das, Jagdtrophäen? Sexsouvenirs? Sachen, die von Frauen hiergelassen wurden, die dich verlassen haben?“
    „Was denn?“, fragte er, doch der verlegene Ausdruck auf seinem Gesicht verriet ihr, dass er genau wusste, wovon sie sprach. „Ich habe sie alle reinigen lassen.“
    „Und das macht alles wieder gut?“
    „Komm schon, ich lebe nicht wie ein Mönch.“
    „Das sehe ich.“ Sie nahm einen String mit Daumen und Zeigefinger auf und hielt ihn auf Armeslänge von sich. „Würdest du  so etwas tragen?“
    „Jetzt wird es ein bisschen pervers, finde ich.“
    „Ich behalte die Boxershorts“, verkündete sie. Auf dem Weg zum Badezimmer blieb sie vor ihm stehen, ihr Gesicht nur wenige Zentimeter vor seiner nackten Brust. Er roch frisch nach Duschgel. „Ich mach mich jetzt besser fertig. Wie du schon sagtest, es wird ein langer Tag.“
    Sie ging ins Badezimmer. Das Radio war auf ihren Lieblingssender eingestellt. Auf dem Waschbecken lagen drei saubere, sorgfältig zusammengelegte Handtücher – genau die Anzahl, die sie am liebsten hatte, und genau in den Größen, die sie bevorzugte; ein Badehandtuch und zwei normale Handtücher.
    Sicher, es war schmeichelhaft, sich vorzustellen, dass er sich von ihr angezogen fühlte. Aber das lag alles in der Vergangenheit. Er hatte in den letzten Jahren keine zwölf Wörter zu ihr gesagt. Bis heute hatte er kaum Notiz von ihr genommen. Erst jetzt wieder, als sie am verletzlichsten war – trauernd, obdachlos, ohne einen Ort, an den sie gehen, und ohne einen Menschen, an den sie sich wenden konnte. Er hatte sie erst wieder wahrgenommen, als sie gerettet werden musste. Interessant.
    Jenny musste sich rücklings aufs Bett legen und den Bauch einziehen, um den Reißverschluss der geliehenen Jeans über den Boxershorts schließen zu können. Dem Label im Bündchen nach hatte die Hose ihre Größe. Sehr wahrscheinlich hatte sie einer Frau namens Bambi oder Fanny gehört, der Sorte Mädchen, die es mochte, Klamotten zu tragen, die aussahen wie mit der Airbrush-Pistole aufgemalt.
    Der BH passte erstaunlich gut, auch wenn der Push-up-Stil nicht ganz ihr Geschmack war. Sie zog ein Sweatshirt mit V-Ausschnitt an, das ebenfalls sehr eng saß. Es war weiß mit roten Bündchen und einem Harvardemblem direkt auf ihrer linken Brust. Veritas. So nah würde sie einem Harvardstudium sehr wahrscheinlich nie wieder kommen.
    Ihre viel zu großen Socken schlappten auf dem Weg in die Küche über das Linoleum. Als Rourke sie ansah, bemerkte sie für einen ganz kurzen, flüchtigen Augenblick einen Ausdruck auf seinem Gesicht, den sie nie zuvor gesehen hatte – eine starke, hilflose Lust. Meine Güte, dachte sie, und dafür muss man nicht mehr tun, als sich wie ein Victoria’s-Secret-Model anzuziehen.
    „Ho Ho?“, rief er.
    „Hey, diese Klamotten kommen aus deinem Schrank, vergiss das nicht“, erwiderte sie.
    Er schaute sie finster an. „Nein, ich meine Ho Ho.“ Er hielt eine Packung zweifelhaft aussehender Kekse hoch.
    Sie schüttelte den Kopf. „Du magst zwar ein Kaffeeflüsterer sein, aber das“, sie zeigte auf die Ho-Ho-Packung, „geht gar nicht.“
    Er trug inzwischen seine Arbeitskleidung und sah so frisch aus wie ein Pfadfinder. Kein Wunder, er war ja auch der jüngste Polizeichef in Ulster County. Normalerweise bedurfte es jahrelanger Erfahrung und klugen Taktierens, um den Chefstatus zu erreichen, aber in Avalon hatte es genügt, ein unglaublich niedriges Gehalt zu akzeptieren. Trotzdem nahm er seinen Job ernst, und er hatte sich den Respekt der Gemeinde verdient.
    Sie nahm sich eine Orange und setzte sich an den Küchentresen. „Du arbeitest auch sonntags?“
    „Ich arbeite jeden Sonntag.“
    Das wusste sie, wollte es aber nicht zugeben. „Was nun, Chief?“, fragte sie.
    „Du triffst dich an deinem Haus mit dem Brandermittler. Wenn du Glück hast, stellen sie die Ursache des Feuers fest.“
    „Glück.“ Sie grub ihren Daumennagel in die Orange und zog die Schale ab. „Wie kommt’s, dass ich mich gar nicht so wirklich glücklich fühle?“
    „Okay, schlechte Wortwahl. Was ich sagen wollte, je

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