Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
und nickte. Ihr Entschluss war gefasst. »Trotzdem bleibt ihr hier, bis ihr nach London abreist.« Um weitere Einwände zu unterbinden, hob sie eine Hand. »Dies ist mein Haus, Graeme, und ich bestimme hier, wer geht oder wer bleibt.«
Graeme nickte. »Dann vergiss nicht, dass es besser ist, wenn ich den Bengel vorläufig nicht sehe, und komm gar nicht erst auf die Idee, irgendeine Familienzusammenkunft zu arrangieren, um die Sache zu erörtern.« Mit diesen letzten Worten wandte Graeme sich ab und ging weiter auf Vanessas Zimmer zu. Als er den Raum betrat, sah er sie mit hängenden Schultern auf dem Bettrand sitzen. »Du hast alles gehört?«
»Ja.« Sie blickte mit großen Augen zu ihm auf. »Ich wusste, dass du mit deiner Mutter gesprochen hast, und wollte euch nicht stören.« Dann schwieg sie einen Moment. »Dein Bruder mag mich wirklich nicht?«
»Mein Bruder ist ein Idiot.« Graeme ging zu ihr. Sie war verwirrt und verletzt, das konnte er spüren, aber er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, um sie zu beruhigen.
Deshalb hob er nur sanft ihr Kinn ein wenig an und strich ihr übers Haar. »Er wird schon wieder zur Vernunft kommen. Mach dir keine Sorgen, Herzogin.«
Der Rabe stand im Dunkeln und wartete auf den Jungen. Er hasste es, sich auf zweit- und drittklassige Assistenten verlassen zu müssen, aber hier in dieser schottischen Einöde hatte er leider keine große Wahl. Niall war in den Höhlen beschäftigt und brachte das Dynamit für die morgige Sprengung an. Der Narr hatte gesagt, er habe den Schatz von Loch Ness nun endlich ausfindig gemacht, aber dann war der Tunnel eingestürzt, und er musste einen neuen anlegen, um an den Schatz heranzukommen.
Der Rabe zündete sich eine Zigarre an und nahm einen langsamen, tiefen Zug daraus, um seine Lungen mit dem süßen Rauch zu füllen. Er wollte verdammt sein, wenn er es nicht vorgezogen hätte, einfach in dieses Haus hineinzumarschieren und alle zu erschießen, um den Stein der Vorsehung zu stehlen. Aber sein neuer Plan erforderte, dass Graeme am Leben blieb, oder zumindest noch ein wenig länger. Der Rabe plante nämlich, noch heute Nacht ohne den verdammten Schatz von Loch Ness zu verschwinden. Niall war nahe dran, und Graeme würde dafür sorgen, dass der Rabe den letzten Edelstein erhielt, und dann würde der Königsmacher vollständig sein.
Endlich schlüpfte der Junge aus der Hintertür und kam über den Gartenweg auf den Raben zugerannt.
»Hast du ihn?«, fragte er.
Der Junge nickte und sah sich mit schuldbewusster Miene nach dem Haus hinter ihm um. Er würde noch früh genug lernen, dass man lügen und betrügen musste, um zu bekommen, was man sich vom Leben wünschte. Entweder das, oder man tat nichts und ließ sich von den anderen belügen und betrügen. Die Entscheidung war nicht schwer, wenn man diese Lektion erst einmal gelernt hatte.
Der Rabe zog den gefälschten Stein aus seiner Tasche. Sein sorgfältig inszenierter Diebstahl aus Westminster hatte großes Aufsehen erregt, war in allen Zeitungen beschrieben worden und ein Verbrechen, das die Polizei vollkommen durcheinandergebracht hatte. Schade nur, dass all der Rummel umsonst gewesen war.
»Hier«, sagte der Rabe. »Leg diesen Stein an seinen Platz, und dein Bruder wird nie den Unterschied bemerken.«
Der Junge wirkte verunsichert und hielt den wahren Stein der Vorsehung noch immer an die Brust gedrückt.
»Dieser Stein gehört nach England und zu Ihrer Majestät. Es ist ein königliches Artefakt, und sie wäre hocherfreut, ihn wieder in Westminster zu haben«, erklärte der Rabe mit wohlüberlegten Worten, weil dieser Junge, aus welch lächerlichem Grund auch immer, sich sehr stark zur englischen Aristokratie hingezogen fühlte. »Du weißt, dass dein Bruder vorhat, den Stein zu behalten, aber er war nie dazu bestimmt, einer Privatperson zu gehören, und deshalb sollte er unter dem Schutz der englischen Regierung stehen.«
»Gehen Sie zum Teufel!«, fauchte Dougal. »Ich weiß, dass Graeme sich der Königin gegenüber anständig verhalten hätte.« Aber er nahm den unechten Stein und klemmte ihn sich unter den Arm.
Der Rabe lächelte ihn an. »Du hast das Richtige getan, mein Junge.«
»Sie haben mir keine andere Wahl gelassen«, versetzte Dougal, bevor er sich abwandte und zum Cottage zurückging.
Endlich kam Bewegung in den Plan des Raben. Um ihn von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen, hatte Niall ihm den Ort beschrieben, wo sich der Schatz befand. Der Rabe brauchte
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