Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
echter Schotte würde sie gleich hier und jetzt zur Frau nehmen«, spottete Angus mit schmalen Augen.
»Erst schließt man den Bund im Bett und dann erst vor dem Traualtar«, stimmte ihm der andere grinsend zu.
»Also was ist, Engländer?«, wollte ein dritter wissen.
Vanessa bemerkte, wie sich die Hand des Mannes, die an ihrer Taille lag, zur Faust ballte. Ihr Retter sah sie nicht ein einziges Mal an, sondern hielt den Blick die ganze Zeit auf die anderen Männer im Pub gerichtet. Sie waren alle ein wenig kleiner als er, aber zwei von ihnen waren genauso kräftig. Und außerdem waren sie deutlich in der Überzahl.
»Ein Engländer würd’s nicht tun«, sagte Angus.
»Und ein echter Schotte ist er nicht«, meinte der andere. »Dafür hat er zu viel blaues Blut.«
Die Spötteleien erinnerten Vanessa an die Wortgefechte ihrer jüngeren Cousins, die sich hänselten und neckten, um sich gegenseitig dazu anzuspornen, etwas Unerfreuliches zu tun. Kindereien, mehr nicht. Aber plötzlich bemerkte sie, wie still es in dem Raum geworden war. Bisher war es so laut gewesen, voller lärmender Stimmen und Musik von einem alten Cembalo in einer Ecke. Doch nun warteten alle und verfolgten, was zwischen ihrem Verteidiger und den elenden Kerlen geschehen würde, die sie belästigt hatten.
»Mavis!«, brüllte Angus. Dann hob er die Hand, und eine Sekunde später flog ein Seil durch das Lokal, und er fing es auf. Das Seil in der Faust, trat er auf sie zu. »Also biste jetzt ’n echter Schotte oder nich?«
»Nee, er is’n Engländer«, sagte der andere Mann.
Endlich senkte der Mann, der sie beschützte, den Kopf und suchte ihren Blick. Seine klaren grünen Augen begegneten ihren, und Vanessa bekam einen trockenen Mund. Sie hatte noch nie zu den Frauen gehört, die sich von der Erscheinung eines Mannes beeindrucken ließen. Ihre Schwestern waren nahezu in Hysterie verfallen, wenn gut aussehende Männer Interesse an ihnen zeigten, aber Vanessa hatte nie genug darauf geachtet, um es auch nur zu bemerken. Bei diesem Mann war sein gutes Aussehen jedoch nur schwer zu ignorieren. Unwillkürlich schob sie ihre Brille höher auf die Nase.
»Wir werden die Zeremonie ausführen«, sagte er mit seiner leisen, tiefen Stimme. »Ich werde sie gleich hier ehelichen.«
Bevor Vanessa irgendwelche Fragen stellen konnte, stand sie auch schon dem hochgewachsenen Fremden gegenüber, und ihre und seine rechte Hand wurden mit dem Seil zusammengebunden. Ihr Retter wiederholte die Gelübde, die ihm vorgesprochen wurden, und nickte ihr zu, als sie mit ihren an der Reihe war.
Vanessa zog an ihrer Hand und merkte, dass sie wirklich ziemlich fest an den Mann mit den schönen grünen Augen gefesselt war. Der Gestank der anderen Männer, die sie umringten, bestürmte ihre Sinne. »Ich heirate diesen Mann?«, fragte sie leise und mehr sich selbst als irgendjemand anderen.
Stürmisches Hurrageschrei brandete auf bei ihren Worten. Wenn sie sich nicht irrte, hatte sie gerade tatsächlich aus Versehen einen Schotten geheiratet.
»Na schön, dann küss sie jetzt. Küss deine Braut«, sagte einer der Männer.
Graeme warf einen langen Blick auf die Frau, die vor ihm stand. Sie war nicht gerade klein, wenn auch entschieden kleiner als er selbst. Aber für eine Frau war sie groß – und hübsch mit ihren strahlend blauen Augen und den Grübchen an den Wangen. Ihre Schönheit war allerdings leicht zu unterschätzen, weil sie sie hinter langweiligen Farben und einer Brille verbarg.
Da seine rechte Hand noch immer an die ihre gefesselt war, benutzte Graeme seine linke, um die Frau an sich heranzuziehen, senkte den Kopf und drückte seine Lippen auf die ihren. Es war als kurzer Kuss gedacht, um diese alberne Zeremonie zu besiegeln, aber kaum berührten sich ihre Lippen, vergaß er den Umstand, dass er diese Frau nicht einmal kannte, und küsste sie mit Leidenschaft. Ihre weichen Lippen öffneten sich, ihr warmer Atem vermischte sich mit seinem. Und in diesem Augenblick fühlte es sich für ihn so an, als hätten sie sich schon hundertmal geküsst.
Abrupt beendete er den Kuss. Aber sie stand noch immer vor ihm, die Augen geschlossen, die Lippen leicht geöffnet. Teufel auch, aber sie war wirklich eine schöne Frau! Er musste sie hier herausschaffen, und zwar schnell, bevor er selbst ihr letztendlich genau das antat, wovor er sie zu bewahren versuchte.
»Nehmt uns diesen verdammten Strick ab«, sagte er scharf.
»Ha! Er kann’s wohl kaum erwarten, mit ihr
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