Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
der größeren Felsen half. Zumindest war sie intelligent genug, Stiefel zu tragen und hier draußen nicht in den empfindlichen, dünnsohligen Schühchen herumzulaufen, die so viele Frauen trugen. Und obwohl ihr Kleid sie eigentlich behindern müsste, gelang es ihr, sich trotzdem ziemlich gut in diesen langen Röcken zu bewegen. »Oder wo er vielmehr bislang war . Hat dein Freund dir nicht berichtet, dass er kürzlich erst gestohlen wurde?«
»Ja, irgendjemand hat sich damit aus dem Staub gemacht. Und die meisten Leute halten ihn ja auch für den echten Stein der Vorsehung«, antwortete Graeme.
»Aber du nicht«, sagte sie. »Du glaubst, dass der echte Stein irgendwo da draußen ist und erst noch gefunden werden muss.«
»So ist es.« Er machte eine Pause, bevor er fortfuhr. »Ich glaube, dass eine Fälschung davon angefertigt wurde und sie der Stein ist, der sich in Westminster befand und dort gestohlen wurde«, sagte Graeme. »Ich versuche lediglich, den echten Stein zu finden.«
»Du glaubst also, die Schotten wussten, dass die Engländer kamen, und haben deshalb den wahren Stein versteckt und ihn durch einen gefälschten ersetzt, bevor er gestohlen wurde?«
Graeme sah ihr prüfend ins Gesicht und versuchte einzuschätzen, ob sie ihn vielleicht für vollkommen verrückt hielt. Aber sie verkniff sich weder ein Lächeln noch lachte sie ihn schlichtweg aus; stattdessen schienen ihre Fragen und ihr Tonfall nichts als echte Neugier auszudrücken. »So ähnlich, ja«, erwiderte er.
»Und wenn du ihn gefunden hast, was gedenkst du dann damit zu tun?«
Bevor Graeme die Frage beantworten konnte, hatten sie den Höhleneingang erreicht. »Pass auf, wohin du trittst. Wir wollen doch keine Wiederholung dieses Morgens. Lass uns nur ja keine anderen Schäden oder Explosionen verursachen«, sagte er.
»Natürlich.« Vanessa nickte. »Meiner Meinung nach wäre der richtige Platz für den Stein der Vorsehung ein Museum statt Westminster Abbey«, fuhr Vanessa fort. »Er ist ein biblischer Schatz, Jakobs Kissen, wie er auch genannt wurde. Glaubst du, dass er wirklich prophetische Träume verursacht, wenn man darauf schläft? Ich habe das einmal gelesen und fand es interessant, obwohl es eigentlich nicht wahr sein kann.«
»Darüber habe ich nie viel nachgedacht.« Obwohl auch er etwas über diese Theorie gelesen hatte, wollte er den Stein nur deshalb finden, weil er Eigentum der Schotten war – ihr Krönungsstein – und er der Ansicht war, dass seine Landsleute es verdienten, ihn zurückzuerhalten.
»Es wäre schön, wenn es stimmen würde«, sagte Vanessa mit einem Anflug von Wehmut in der Stimme. »Wusstest du, dass manche Leute glauben, er sei der Grundstein, auf dem der Turm von Babel erbaut worden war?«
Graeme musste zugeben, dass sie ihn mit ihrem Wissen überraschte. Nicht viele Leute machten sich je Gedanken über den Stein der Vorsehung oder waren sich gar der vielen Daten, die sie herunterratterte, bewusst. Und nichts von dem, was sie gerade gesagt hatte, war in seinen Aufzeichnungen zu finden. Es waren Informationen, die sie an anderer Stelle gelesen haben musste. »Du scheinst erstaunlich viel über dieses spezielle Relikt zu wissen.«
Vanessa zuckte mit den Schultern, und ein freundliches Lächeln erschien auf ihrem reizenden Gesicht. »Ich kenne mich mit vielen Dingen aus. Ich lese sehr gern, und Geschichte ist eines meiner Lieblingsthemen.«
»Was liest du denn sonst noch?«, fragte er mit aufrichtigem Interesse.
»Wissenschaftliche Veröffentlichungen natürlich, aber auch Bücher über Philosophie und Religion.«
»Ich bin gestern auf diesem Weg zurückgekommen, um dich zu finden«, warf Graeme ein, der mit seiner Laterne durch den Tunnel voranging, die einen trichterförmigen Lichtschein auf den Boden warf.
»Ich nehme an, dass viele Verbindungsgänge zwischen all diesen Höhlen existieren«, sagte Vanessa.
»Mit Sicherheit.« Wahrscheinlich könnte er die neue Höhle auch allein finden, und trotzdem ließ er sich von ihr einreden, dass er ihre Hilfe brauchte. Ja, er ließ sich sogar von ihr erpressen , diese Hilfe anzunehmen. Er war sich seiner Gründe dafür immer noch nicht sicher, auch wenn er vermutete, dass es mehr mit ihrer angenehmen Gesellschaft zu tun hatte als mit einer echten Notwendigkeit für seine Forschung. Aber das war etwas, worüber er nicht allzu gründlich nachdenken wollte.
Sie hatten jetzt die eingestürzte Mauer erreicht, bei der Vanessa gefangen gewesen war. »Wir werden
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