Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
schwach, wenn es um Frauen ging. Der Rabe war auch einmal so dumm gewesen, aber danach nie wieder. Er war jedoch sicher, dass Graeme genau wie Fielding reagieren würde, wenn seine Frau sich in Gefahr befand. Er würde so von der Sorge um sie beherrscht sein, dass der Rabe und Niall ihre Arbeit in Ruhe würden vollenden können.
Kein Graeme mehr bedeutete, kein Solomon’s mehr, um ihn von der Erreichung seiner Ziele abzuhalten.
Es war ein perfekter Plan.
Aber nur, wenn der Junge tatsächlich einen Schuss abgab. Und mit jeder Sekunde, die verstrich, verringerte sich die Chance, dass das geschehen würde. Es wurde Zeit, dass er eingriff, um Dougal Mut zu machen.
Leise bewegte sich der Rabe zu der Stelle, wo der Junge stand. »Probleme?«, fragte er, als er ihn erreichte.
Dougal erschrak, als er die Stimme des Raben hörte. »Ich hatte noch keine freie Schussbahn«, erwiderte er.
»Aber jetzt hast du eine«, sagte der Rabe und zeigte auf Graeme und Vanessa, die allein neben einem großen Baum standen.
Dougals Arm zitterte. »Sie macht alles kaputt«, sagte er. Dann entsicherte er die Waffe, ein lauter Knall erfolgte, und einen Moment darauf sah der Rabe, wie die junge Frau zu Boden fiel.
Gäste schrien, und Graeme, statt auf die Knie zu fallen, um sich um seine sterbende Frau zu kümmern, blickte zu den Bäumen hinüber. Aber sehen würde er nichts. Der Bereich, wo er im Licht der Kerzen stand, war viel zu gut beleuchtet, und die umliegenden Wälder im Gegensatz dazu so schwarz wie Pech. Trotzdem blickte er zu ihnen hinüber, und der Rabe hatte das Gefühl, als starrte der Schotte ihm direkt ins Gesicht.
Vorsichtig trat der Rabe ein paar Schritte zurück. Falls Graeme jemanden mit einer Waffe in der Hand sehen sollte, würde das sein jüngerer Bruder sein. Eine solche Erkenntnis würde den Mann noch weitaus mehr belasten. Mit einer toten Frau und einem Mörder zum Bruder würde Graeme viel zu beschäftigt sein, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was sein Cousin im Schilde führte.
Perfekt für den Raben, um seine Pläne zu Ende zu führen. Es fehlte nicht mehr viel, und der Königsmacher gehörte ihm.
Graeme starrte auf den Wald, woher der Schuss gekommen sein musste, aber er sah nichts. Am liebsten wäre er dorthin gerannt, aber wer auch immer Vanessa angeschossen hatte, würde ihn kommen sehen und Zeit genug haben, um wegzulaufen und sich zu verstecken. Das Wichtigste für Graeme war jetzt, Vanessas Wunde zu versorgen. Fluchend warf er einen letzten Blick auf den dunklen Wald und wandte sich seiner Frau zu.
»Aus dem Weg!«, schrie Graeme in die Menge, die sich um Vanessa drängte. Als die Leute beiseitetraten, bückte er sich, hob Vanessa auf und trug sie ins Haus. Ohne ein Wort an irgendjemanden zu verlieren, brachte er sie in ihr Schlafzimmer und legte sie aufs Bett, wo er sie schnell abtastete und nach Verletzungen suchte. Ihr Körper war schlaff und kraftlos, und ihre Haut fühlte sich kalt an, aber trotzdem fand er nicht viel Blut.
Da er nicht die Geduld aufbrachte, ihr hübsches Kleid zu öffnen, zerriss er kurzerhand das Oberteil über der Brust, um an die Wunde heranzukommen. Der Stoff klebte an der Seite, an der langsam Blut heraussickerte. Vorsichtig löste Graeme ihn von ihrer Haut, bis der größte Teil ihres Oberkörpers freigelegt war. Die Kugel war in Vanessas Seite eingedrungen und in ungefähr gleicher Höhe am Rücken wieder ausgetreten. Zum Glück war es keine gefährliche Verletzung, sondern nur eine Fleischwunde an ihrer Taille.
»Bringt mir Wasser«, schrie Graeme, aber seine Mutter war nicht untätig gewesen und stand schon mit allem, was er brauchte, hinter ihm. Er wusste, er hätte getrost ihr und seiner Großmutter Vanessas Versorgung überlassen können, aber sie war seine Frau und er trug die Verantwortung für sie.
Vanessa öffnete die Augen, aber ihre Lider waren schwer und ihre Augen glasig. »Was ist passiert?«, fragte sie und versuchte sich aufzurichten.
»Bleib still liegen«, verlangte Graeme, der bereits ein sauberes Tuch befeuchtet hatte. Als er die Wunde damit abtupfte, fuhr Vanessa jedoch zusammen und schrak vor ihm zurück.
»Das brennt!«, sagte sie stirnrunzelnd.
»Halt still; ich bin gleich fertig.« Graeme stieß den angehaltenen Atem aus. »Ich muss die Wunde säubern.«
»Ich glaube nicht, dass es sehr schlimm ist«, sagte Moira hinter ihm. »Ich denke, sie hat sie nur gestreift.«
»Was hat mich gestreift?«, fragte Vanessa.
»Jemand hat dich
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