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Das Geheimnis von Islay Island

Das Geheimnis von Islay Island

Titel: Das Geheimnis von Islay Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morna Helen; Mulgray Mulgray
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Kreuz verlegten Bohlen glitzerte nur die leere Wasseroberfläche.
    Als sich am entfernten Ende des Stegs etwas bewegte, zuckte ich zusammen. Mir schlug das Herz bis zum Hals, und ich wich in den Schatten zurück, den die aufgebockten Boote warfen. Als sich ein Arm zu der Bewegung eines Anglers erhob, der die Leine auswirft, entspannte ich mich. Falls er mich in der Dunkelheit und auf diese Entfernung überhaupt bemerkte, würde er mich für einen Anwohner halten, der einen kleinen Hund spazieren führte.
    Ich wollte wieder zum Haupttor zurückgehen, doch Gorgonzola hatte offenbar andere Pläne und zog an der Leine. In letzter Zeit hatte sie nicht viel Auslauf bekommen, also ließ ich sie gewähren, und wir setzten unseren Spaziergang auf dem Kai fort. Als ich den Landesteg erreichte, starrte der Angler geradeaus ins schwarze Wasser des Hafens und schien mich gar nicht zu bemerken.
    Wir liefen noch an weiteren aufgebockten Booten vorbei, bis plötzlich ein Boot in mein Blickfeld trat, das bislang unsichtbar gewesen war. Es lag tiefer, von der Kaimauer versteckt – und es besaß die richtige Größe. Ich stand am Rand des Kais und blickte hinunter. Die Island Spirit war annähernd zwanzig Meter lang und so kompakt wie ein kleiner Fischkutter, jedoch mit dem Aufbau eines Kabinenkreuzers – nicht die Art von Boot, die mit ihrer stromlinienförmigen Eleganz Aufmerksamkeit erregt.
    An der hufeisenförmigen Fensterreihe waren die Gardinen zugezogen. Ich sah nirgends Licht und hörte keinen Laut außer dem Klatschen der Wellen gegen den Rumpf. Hatte ich Morans Boot gefunden? Von hier aus konnte ich es nicht sagen. Ich musste an Bord.
    Ich stürzte mich auf Gorgonzola und packte sie in den Rucksack, bevor sie gegen die plötzliche Verkürzung unseres Abendspaziergangs protestieren konnte. Dann suchte ich nach einem Stein und warf ihn auf das hochglanzpolierte Dach der Kabine, bevor ich wieder in den Schatten der Böcke zurückhuschte.
    Es öffnete sich keine Tür, niemand rief eine Frage – außer dem Plätschern war nichts zu hören. Ich warf einen zweiten Stein hinterher, der mit einem harten Geräusch an Deck landete, und als auch diesmal keine Reaktion folgte, ging ich näher heran, bis ich am oberen Ende der Leiter stand, die an der Kaimauer befestigt war. Ich würde das Risiko auf mich nehmen. Es gab kein Zurück.
    Ich hatte zwei Sprossen geschafft und tastete mit dem Fuß nach der dritten, als von oben eine Stimme sagte: »Hab Sie auf Anhieb wiedererkannt.«
    Ich warf den Kopf zurück und sah eine große, dunkle Gestalt vor dem nächtlichen Himmel. Da rutschte ich mit dem Fuß von der Sprosse und baumelte, beide Hände am kalten Metall, einen prekären Moment in der Luft. Ich suchte mit den Füßen nach Halt, unfähig, mich irgendwie zu verteidigen. Das Schiffsdeck lag in drei Metern Tiefe unter mir. Wenn ich stürzte, war es mehr als wahrscheinlich, dass ich unglücklich auftraf und mir den Knöchel verrenkte oder auf den Rücken fiel und Gorgonzola verletzte.
    »Hab Sie auf Anhieb wiedererkannt«, hatte er gesagt. Das konnte nur Moran sein. Mist. Mist. Mist . Wieso hatte ich nicht die elementare Vorsicht walten lassen und nachgesehen, ob mir jemand folgte? Ich hing mit dem Kopf ein Stückchen unterhalb des Kais und konnte meinen Griff nicht lockern, um mich gegebenenfalls zu wehren. Er brauchte mir nur ins Gesicht zu treten und … Meine Hände umklammerten die Leiter.
    Jetzt beugte er sich vor, um mich besser sehen zu können und so seinen Tritt am effektivsten zu platzieren. Wenn ich eine Hand löste, zur Seite schwang und ihn am Fuß packte, genügte das vielleicht, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    In Panik kämpfte ich mit dem Fuß um Halt. Als ich endlich zuerst mit einem, dann mit dem zweiten Fuß eine Leitersprosse fand, konnte ich die Gestalt über mir besser fixieren. Noch gerade rechtzeitig erkannte ich, dass der Kerl dürr wie ein Skelett war – mit einem solchen Körperbau konnte er nicht Moran sein.
    Der Mann auf dem Kai flüsterte jetzt: »Aber meine Lippen sind versiegelt, S.«
    S.? Ich starrte zu ihm hoch. Lippen versiegelt? Das hatte mir gerade noch gefehlt, ein Betrunkener, der mich anpöbelte und eine Szene machte. Damit wären sämtliche Hoffnungen, das Boot heimlich zu durchsuchen, begraben.
    »Ja, ich wusste sofort, dass Sie es sind«, wisperte er. »Schon wieder auf geheimer Mission, was?« Er tippte sich vielsagend seitlich an die Nase.
    Diese Geste – endlich fiel der Groschen,

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