Das Geheimnis von Melody House
ab. “Fein. Dann tun Sie, was Sie glauben tun zu müssen.” Nach diesen Worten wandte sie sich ab und wollte zu ihrem Pferd gehen, aber Matt griff nach ihrem Arm und hielt sie grob zurück. Darcy sah erst auf seine Hand, dann in seine Augen. Der Blick genügte, damit Matt sie losließ.
“Graben Sie öfter irgendwelche Körperteile aus?”
“Nein, aber wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich möchte zurückreiten und duschen.”
Er nickte, ohne sie aus den Augen zu lassen. Darcy spürte einen seltsamen Stich in der Brust und verfluchte sich für diese Regung ihres Körpers. Matt Stone hatte ihr gegenüber von Anfang an eine feindselige Haltung angenommen. Sie durfte es nicht zulassen, dass sich so etwas wie Anziehungskraft zwischen ihnen entwickelte, es wäre einfach dumm. Obwohl … Anziehungskraft entwickelte sich nicht. Sie war einfach da. Selbst jetzt, hier im Wald, in diesem Moment, während sie sich wütend musterten. Sie lag in der Luft wie ein elektrisches Knistern. Darcy hatte sich noch nie so brennend gewünscht, einem anderen Menschen nah zu sein, sich an ihn zu pressen, zu spüren, wie er seine Arme um sie schlang. Sie war überzeugt, dass er es war, der diese Hitze ausstrahlte. Dass auch er dieses Begehren fühlte, auch wenn er es sich noch nicht eingestand.
Dennoch zwang sie sich, sich wortlos abzuwenden und mit schnellen Schritten davonzugehen. Eine Minute später stieg sie in den Sattel und ritt wütend davon.
Jedem anderem hätte sie vielleicht gern bewiesen, dass sie tatsächlich gewisse hellseherische Fähigkeiten hatte. Aber nicht Matt. Er konnte Harrison Investigations noch so oft gestatten, sich in seinem Haus umzusehen, und trotzdem würde er niemals an die Existenz von Geistern glauben. Wenn überhaupt, kam für ihn nur ein Mensch als Verursacher der rätselhaften Ereignisse in Frage.
Aber sie hatte Amy geholfen. Und sie wollte herausfinden, was in Melody House vor sich ging, denn so etwas Seltsames hatte sie noch nie erlebt.
Etwas derart Unheimliches.
Etwas, bei dem ihr, anders als hier im Wald, nicht einmal Josh helfen konnte.
Wenn sie ein Geheimnis aufspüren und eine verlorene Seele retten konnte, liebte sie ihren Beruf. Viel zu oft aber machte ihre Arbeit ihr Angst, während sie gleichzeitig ein tiefes Mitleid mit den ruhelos umherirrenden Geistern verspürte. Trotzdem, ein Tag wie heute war eine unglaubliche Belohnung!
Wenn sie es nur nicht mit Matt Stone zu tun hätte, einem dickköpfigen, rationalen Skeptiker.
Es war schon spät, aber das war ihm egal. Matt saß in seinem Büro am Schreibtisch und starrte tatenlos ins Nichts.
Er hatte ein paar Leute damit beauftragt, den Totenschädel und die Erde, in der er gelegen hatte, zu holen und in einer stabilen Kiste zu deponieren.
So stur er auch wirken musste, ahnte er doch, dass Darcy mit ihrer Theorie Recht hatte. Aus diesem Grund hatte er die Knochen an das Expertenteam im Smithsonian Museum geschickt. Matt rechnete damit, dass er schon am nächsten Tag wissen würde, dass dieser Totenschädel mehr als zweihundert Jahre alt war.
Also wartete er. Anfangs hatte er noch versucht, sich auf irgendwelchen Papierkram zu konzentrieren. Als er merkte, dass ihm das nicht gelangt, lehnte er sich in seinem Schreibtischstuhl zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und ließ die Bilder erneut vor seinem inneren Auge Revue passieren.
Er konnte den Anblick einfach nicht vergessen.
Darcy, wie sie in der Erde buddelte.
Darcy, die den Totenschädel hochhielt wie eine Trophäe.
Ihr Triumphschrei.
Beim bloßen Gedanken erschauerte er.
Diese Frau war verrückt. Sie musste verrückt sein! Und trotzdem fühlte er sich unglaublich zu ihr hingezogen. Sie war interessant. Verführerisch. Reizvoll. Eigentlich sollte er sie davonjagen oder wenigstens ignorieren, aber genau das wollte er nicht. Er wollte ihr näher kommen, wollte sie besser kennen lernen. Er wollte sich mit ihr unterhalten, wollte herausfinden, was für ein Mensch sie war, wo ihre Wurzeln lagen. Er liebte den Klang ihrer Stimme, ihre Sprechweise und Intonation. Genauso fasziniert war er von ihren Bewegungen, ihre Gesten. Manchmal war sie so energiegeladen und zupackend, bewegte sie sich so schnell und zielstrebig, und dann wieder strahlte sie eine so kühle Gelassenheit und Zurückhaltung aus, dass es ihn krank machte.
Hier im Büro fand er den Abstand, den er dringend brauchte. Wenn an der ganzen Sache überhaupt irgendetwas unheimlich war, dann war es
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