Das Geheimnis von Melody House
Weile nichts. Schwierig war da wohl nicht das richtige Wort. Selbst wenn ein Geist am helllichten Tag, Ektoplasma ausströmend, an ihm vorbeischwebte, würde Matt sich einreden, dass es nur Sonnenflecken waren.
“Und er macht sich Sorgen um dich. Am liebsten würde er dich nach Hause schicken.”
“Es gibt keinen Grund, sich um mich Sorgen zu machen.”
“Er hat erzählt, dass du letzte Nacht schreiend aufgewacht bist.”
Sie runzelte die Stirn. “Ich kriege es einfach nicht zu fassen, Adam. Ich sehe, wie sich diese Tragödie entfaltet. Ich bin in die Haut des Mannes geschlüpft, der das Haus betreten hat, und ebenso in die Haut der Frau, die auf ihn wartete. Ich weiß, dass sie Angst hat, und ich weiß auch, dass er etwas Böses im Schilde führt. Ich sehe jedes Mal ein bisschen mehr. Aber dann … entgleitet es mir wieder. Immer ist da irgendetwas, was mich irritiert. Da ist etwas, was ich sehen sollte, aber nicht sehe.”
“Aber das bedeutet, dass du dich dem Ende näherst. Wir kommen voran, Darcy. Wir wissen, dass da eine Präsenz ist, die versucht, uns etwas mitzuteilen. Sie streckt die Arme nach dir aus, aber sie hat immer noch schreckliche Angst. Armes Ding. Es ist dieselbe Angst, die sie im Moment ihres Todes gefühlt hat. Wir müssen wissen, wer sie ist – du glaubst, es ist Arabella. Wir müssen einfach dran bleiben.”
“Übrigens”, fuhr er nach einer kurzen Pause fort, “ich habe David Jenner gebeten, in deinem Zimmer ein paar der Kameras und noch einige andere Aufzeichnungsgeräte zu installieren. Du hast doch nichts dagegen?”
“Natürlich nicht”, erwiderte sie, was nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber sie war sich nach der Séance sicher, dass Matt sich in dieser Nacht ohnehin nicht sehnsuchtsvoll in ihr Zimmer schleichen würde.
Besorgt schaute Adam sie an. “Ist alles in Ordnung mit dir, Darcy?”
“Mir geht es gut”, versicherte sie ihm.
Doch das stimmte nicht. Sie war verletzt. Aber sie hätte es besser wissen müssen. Sie hätte sich nicht mit Matt Stone einlassen und sich erst recht nicht in ihn verlieben dürfen.
“Vielleicht hat Matt Stone ja Recht.”
“Womit?”
“Dass du hier in Gefahr bist.”
“Adam … Du hast es gerade selbst gesagt: Wir sind ganz nah dran. Nicht mehr lange, und das Problem ist gelöst. Also bitte hör auf, dir Sorgen um mich zu machen. Gute Nacht!”
Er nickte. Noch bevor sie die Tür hinter sich zugemacht hatte, spulte er schon das Band zurück, um es sich noch einmal anzusehen.
Darcy ging ins Lee-Zimmer. Dort war alles still. Sie hatte nicht das Gefühl, beobachtet zu werden.
“Lass mich dir helfen!” rief sie. “Du brauchst niemandem wehzutun. Du musst einfach nur deinen ganzen Mut zusammennehmen und uns wissen lassen, was passiert ist.”
Keine Antwort.
Müde ging sie noch einmal kurz ins Bad und kroch dann unter die Decke.
Die Stille, die sie umfing, erschien absurd laut.
Nachdem Matt Melody House erreicht hatte, blieb er noch eine ganze Weile im Auto sitzen und schaute auf das Haus. Backstein, Mörtel und Stein. Es war ein Haus, sonst nichts, versuchte er sich einzureden. Aber das stimmte nicht, denn es war auch ein Stück lebendiger Geschichte, seiner Geschichte, und egal, was darin vor sich ging, er liebte es.
Und du liebst Darcy, sagte er sich.
Nein, widersprach er sich selbst. Sie hatten miteinander geschlafen. Das war alles.
Verärgert dachte er an Maes Worte. Es war schlicht lachhaft zu glauben, dass Tote manchmal als Geister zurückkehrten und am Ende sogar morden sollten.
Er hatte Mörder kennen gelernt – zu viele sogar. Menschen, die aus Eigennutz oder Gewinnstreben getötet hatten. Männer und Frauen, die so drogenabhängig gewesen waren, dass sie ihre eigene Mutter wegen eines Dollars erstochen hatten. Oder Mörder, die angeblich Stimmen gefolgt waren, die ihnen befohlen hatten zu töten.
Das alles waren Menschen aus Fleisch und Blut gewesen. Viel gefährlicher und Angst einflößender als irgendein Fantasiegespenst, das einen in der Dunkelheit erschreckte.
Und dennoch …
Was zum Teufel hatte ihn an diesem Tag veranlasst, in die Bibliothek zu gehen?
Leise in sich hineinfluchend, stieg er aus dem Auto. Er hatte schon genug Zeit vertan.
Er schloss die Haustür auf und stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf.
Vor der ersten Tür blieb er stehen. Darcys Tür … das Lee-Zimmer. Sie würde heute nicht mit ihm rechnen. Das wusste er. Er hatte es ihr ansehen können.
Leise ging er in sein
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