Das Geheimnis von Orcas Island
einem Schlag ins Gesicht so nahe wie nur möglich.
Er verwarf die Idee von Frühstück und Geplauder in der Küche. Vorläufig wollte er sich mit Kaffee begnügen.
»Hab mich schon gewundert, wo Sie stecken«, sagte Mae, als sie erneut Schinkenspeck aus dem Kühlschrank nahm.
»Ich wollte Ihnen nicht im Weg sein.« Er deutete zur Kaffeekanne. »Ich dachte mir, ich nehme mir eine Tasse mit.«
»Sie brauchen Nahrung.« Dolores legte eine Platzdecke gegenüber von Charity auf den Tisch. »Stimmt’s nicht, Mae? Ohne ein vernünftiges Frühstück kann ein Mann nicht arbeiten.«
Mae goss eine Tasse Kaffee ein. »Er sieht aus, als könnte er recht gut mit leerem Magen arbeiten.«
Das stimmt, dachte Charity. Er hatte bereits gearbeitet, als sie den Westflügel verlassen hatte, und konnte nicht mehr geschlafen haben als sie. Aber er sah überhaupt nicht mitgenommen aus. »Die Mahlzeiten sind ein Teil Ihrer Bezahlung, Ronald.« Obgleich ihr der Appetit vergangen war, knabberte sie an dem Schinken. »Ich glaube, Mae hat noch Pfannkuchenteig übrig, falls Sie keine Eier möchten.«
Es war eine ungewohnt kühle Einladung. So kühl, dass Dolores den Mund zu einer Bemerkung öffnete. Mae stieß sie hastig an, mit warnendem Blick.
Er nahm den Becher, den Mae ihm hinstellte, und trank den Kaffee schwarz. »Eier sind mir recht«, sagte er, doch er setzte sich nicht. Die einladende Atmosphäre, die gewöhnlich zur Küche gehörte, war wie weggeblasen.
Ich werde mich nicht schuldig fühlen, sagte Charity sich und ignorierte einen strafenden Blick von Dolores. Schließlich war sie die Chefin, und ihre Beziehung zu Ronald war rein geschäftlich. Doch sie konnte das lange gespannte Schweigen nicht ertragen.
»Mae, ich möchte gern Teegebäck und Sandwiches für heute Nachmittag. Der Regen soll den ganzen Tag anhalten, also werden wir Musik und Tanz im Gesellschaftsraum veranstalten.« Sie zog einen Notizblock aus der Blusentasche. »Fünfzig Sandwiches müssten reichen. Wir kochen je eine große Kanne Tee und Kakao.«
»Um welche Zeit?«
»Um drei Uhr, finde ich. Dann servieren wir um fünf den Wein für diejenigen, die bleiben wollen. Deine Nichte kann aushelfen.« Sie begann sich Notizen zu machen.
Sie sieht müde aus, dachte Ronald. Blass und überraschend zerbrechlich. Ihr Haar war zu zarten Löckchen getrocknet. Er wollte es ihr aus der Stirn streichen und die Farbe in ihre Wangen zurückkehren sehen.
»Iss deine Eier auf«, befahl Mae. Dann nickte sie Ronald zu. »Ihre sind gleich fertig.«
»Danke.« Er setzte sich und wünschte ebenso inbrünstig wie Charity, zehn Meilen entfernt zu sein.
Dolores beklagte sich darüber, dass der Regen ihre Nasenschleimhaut anschwellen ließ.
»Reichen Sie mir bitte das Salz«, murmelte Ronald.
Charity schob es in seine Richtung. Ihre Finger berührten sich flüchtig, und sie zuckte zurück.
»Danke.«
»Keine Ursache.« Charity stach die Gabel in die Eier. Sie wusste aus Erfahrung, dass es schwierig war, aus der Küche zu entkommen, ohne ihren Teller zu leeren, und sie wollte es schnell tun.
»Schöner Tag«, sagte er, weil er wollte, dass sie ihn wieder ansah. Sie tat es, und aufgestauter Zorn funkelte in ihren Augen. Es war ihm lieber als die kühle Höflichkeit zuvor.
»Ich mag den Regen.«
»Wie ich gesagt habe – es ist ein schöner Tag.« Er brach ein Stück von seinem Brötchen ab.
Dolores schnäuzte sich kräftig. Ein belustigtes Lächeln spielte um Charitys Mundwinkel, bevor sie es zu unterdrücken vermochte. »Sie finden die Farbe, die Sie brauchen, im Vorratskeller. Sie ist mit den entsprechenden Räumen gekennzeichnet.«
»In Ordnung.«
» Pinsel und Rollen sind auch dort. Gleich rechts auf der Werkbank.«
»Ich werde sie schon finden.«
»Gut. In Haus 4 tropft ein Hahn.«
»Ich werde ihn mir ansehen.«
Sie wollte nicht, dass er so verdammt gefällig war. Sie wollte ihn ebenso angespannt und verstimmt sehen, wie sie es war. »In Haus 2 klemmt das Fenster.«
Er blickte sie gleichmütig an. »Ich werde es richten.«
Sie bemerkte, dass Dolores sich nicht länger beklagte, sondern sie anstarrte. Sogar Mae runzelte die Stirn über ihrer Rührschüssel. Ach, zum Teufel, dachte Charity und schob ihren Teller fort. Eigentlich hatte sie beabsichtigt, sich selbst um diese Kleinigkeiten zu kümmern. Nun nahm sie einen Schlüsselbund aus der Tasche und reichte ihn Ronald. »Bringen Sie die Schlüssel ins Büro zurück, sobald Sie fertig sind.«
»Ja, Ma’am.« Er
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