Das Geheimnis von Orcas Island
zu führen. »Ist er von hier?«
»Nein, aus St. Louis.«
»Nun, ich hoffe, dass er Sie uns nicht wegnimmt.«
»Sie wissen doch, dass ich das Gasthaus niemals aufgeben würde, Roger.« Ihr Lächeln verblasste ein wenig. Das war ein Punkt, über den sie und Ronald nie gesprochen hatten. »Jedenfalls verspreche ich, mich besser auf meine Arbeit zu konzentrieren. Sechs von Ihren Leuten möchten Boote ausleihen. Ich kann sie gegen Mittag zum Yachthafen bringen lassen.«
»Ich werde ihnen Bescheid geben.«
Die Eingangstür öffnete sich, und Charity blickte auf. Sie sah einen kleinen, schlanken Mann mit gut frisiertem, rotbraunem Haar eintreten. Er trug ein adrettes Sporthemd und eine kleine Ledertasche. »Guten Morgen.«
»Guten Morgen.« Er blickte sich flüchtig in der Eingangshalle um, während er an den Empfang trat. »Conby, Richard Conby. Ich habe reserviert.«
»Ja, Mr. Conby, wir haben Sie erwartet.« Charity wühlte in den Papieren auf dem Pult und betete insgeheim, dass Bob den Computer bald reparieren würde. »Wie war Ihre Reise?«
»Ereignislos.« Er trug sich ins Register ein, mit Wohnsitz in Seattle. Seine sorgfältig manikürten Fingernägel wirkten auf Charity belustigend und beeindruckend zugleich. »Ich habe gehört, dass dieser Gasthof ruhig und erholsam sein soll. Ich möchte mich ein paar Tage entspannen.«
»Ich bin sicher, dass Sie sich hier ausgezeichnet entspannen werden.« Sie nahm einen Schlüssel aus der Schublade. »Ich führe Sie jetzt gern zu Ihrem Zimmer, Mr. Conby. Wenn Sie Fragen über das Gasthaus oder die Insel haben, dann wenden Sie sich ohne Zögern an mich oder jemanden vom Personal.« Sie trat hinter dem Pult hervor und ging voraus zur Treppe.
»Oh, das werde ich ganz gewiss tun«, sagte Conby und folgte ihr.
10. K APITEL
Um fünf Minuten nach zwölf hört Conby ein Klopfen und öffnete seine Zimmertür. »Pünktlich wie immer, DeWinter.« Er blickte forschend auf Ronalds Werkzeuggürtel. »Sehr arbeitsam, wie ich sehe.«
»Dupont ist in Haus 3.«
»Konnten Sie ihn eindeutig identifizieren?«
»Ich habe sein Gepäck getragen.«
»Sehr gut. Wir schnappen ihn uns wie geplant am Donnerstagmorgen, bevor wir uns Block vornehmen.«
»Was ist mit dem Fahrer des Wagens, der Charity zu töten versucht hat?«
Conby ging ins angrenzende Badezimmer und wusch sich sorgsam die Hände »Sie zeigen ein ungebührliches Interesse für diesen kleinen Handlanger.«
»Haben Sie ein Geständnis von ihm?«
»Ja.« Conby trocknete sich die Hände mit einem weißen Handtuch. »Er hat gestanden, sich letzte Woche mit Block getroffen und fünftausend kassiert zu haben – um Miss Ford aus dem Weg zu räumen. Eine sehr geringe Summe für einen Mord.« Er warf das Handtuch über die Stange und kehrte in den Wohnraum zurück. »Wenn Block großzügiger gewesen wäre, hätte er vielleicht mehr Erfolg gehabt.«
Ronald packte ihn am Kragen und hob ihn auf die Zehenspitzen hoch. »Seien Sie vorsichtig«, warnte er sanft.
»Es ist eher angebracht, dass ich Ihnen das sage.« Conby befreite sich und zupfte sein Hemd zurecht. In den fünf Jahren, die er Ronalds Vorgesetzter war, hatte er dessen Methoden stets als grob und dessen Haltung als arrogant empfunden. Das Problem war nur, dass die Ergebnisse unverändert exzellent waren. »Sie verlieren den Scharfblick in diesem Fall, Agent DeWinter.«
»Nein. Es hat eine Weile gedauert – vielleicht zu lange –, aber ich sehe jetzt sehr scharf. Sie haben genug Beweise gegen Block, um ihn wegen Mordkomplott festzunehmen. Und Dupont haben wir praktisch in der Tasche. Warum also warten?«
»Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, wer diesen Fall leitet.«
»Das wissen wir beide, Conby. Aber es ist ein Unterschied, ob man hinter einem Schreibtisch sitzt oder an der Front kämpft. Wenn wir die beiden jetzt festnehmen, in aller Stille, dann besteht ein geringeres Risiko, dass unschuldige Menschen gefährdet werden.«
»Ich habe nicht die Absicht, jemanden der Gäste zu gefährden. Oder vom Personal«, fügte Conby hinzu, denn er glaubte zu wissen, worum es Ronald ging. »Ich habe ebenso meine Anweisungen wie Sie. Wir arbeiten mit den kanadischen Behörden zusammen, und wir wollen Block festnageln, wenn er gerade das Geld übergibt. Was die Anklage wegen Mordkomplott angeht, liegt uns nur die Aussage eines billigen, gedungenen Mörders vor. Es braucht vielleicht ein bisschen mehr, um damit durchzukommen.«
»Sie werden schon damit durchkommen. Wie
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