Das Geheimnis von Orcas Island
Mae sich wieder dem Herd zu.
»Charity.« Ronald griff nach ihrem Arm, doch sie entwich ihm. Kopfschüttelnd folgte er ihr zur Tür.
Einige der Gäste starrten Charity nach, als sie den zappelnden Fisch durch den Speisesaal trug. Sie trat an Tisch 4 und hielt das Tablett vor Conbys Nase.
»Ihre Forelle, Sir.« Kurzerhand stellte sie ihm den Teller hin. »Frisch genug?« fragte sie mit einem höflichen Lächeln.
Im Türrahmen bog Ronald sich förmlich vor Lachen. Er hätte ein Jahresgehalt für ein Foto von Conby und dem Fisch gegeben, die sich verdutzt anstarrten.
Als Charity in die Küche zurückkehrte, reichte sie Dolores das Tablett. »Sie können den Fisch zurückbringen. Tisch 4 hat sich für ein Schweineschnitzel entschieden. Ich wünschte, ich hätte ein Schwein zur Hand.« Sie lachte laut auf, als Ronald sie vom Boden hochhob.
»Du bist die Beste.« Er presste die Lippen auf ihre und ließ sie dort, lange nachdem er Charity wieder abgesetzt hatte. »Die absolut Beste.« Er lachte noch immer, während er sie fest in die Arme schloss. »Stimmt’s nicht, Mae?«
»Sie hat ihr guten Momente.« Mae wollte nicht zeigen, wie gut es ihr tat, die beiden einander anlächeln zu sehen. »Und jetzt hört ihr zwei auf, euch in meiner Küche zu betätscheln, und geht wieder an die Arbeit.«
Charity hob das Gesicht zu einem letzten Kuss. »Ich sollte ihm jetzt lieber den Martini mixen. Er sah aus, als könnte er einen gebrauchen.«
Da sie nicht nachtragend war, bediente sie Conby während des gesamten Mahls äußerst aufmerksam und freundlich. Und weil sie bemerkte, dass er sich bis zum Nachtisch nicht entspannt hatte, brachte sie ihm ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte auf Kosten des Hauses. »Ich hoffe, Sie haben Ihr Mahl genossen, Mr. Conby.«
Es war ihm unmöglich einzugestehen, dass er niemals, nicht einmal in Washingtons feinsten Restaurants, besser gegessen hatte. »Es war recht gut, danke.«
Sie lächelte, während sie ihm Kaffee einschenkte. »Vielleicht kommen Sie ein andermal wieder und versuchen die Forelle.«
Selbst für Conby war es schwer, ihrem Lächeln zu widerstehen. »Vielleicht. Sie führen ein interessantes Haus, Miss Ford.«
»Wir geben uns Mühe. Leben Sie schon lange in Seattle?«
Er goss weiterhin Sahne in seinen Kaffee, doch er war sehr auf der Hut. »Warum fragen Sie?«
»Ihr Dialekt. Er ist sehr östlich.«
Conby überlegte nur Sekunden. Er wusste, dass Dupont den Speisesaal bereits verlassen hatte, aber Block saß an einem Tisch in der Nähe und unterhielt einige Mitglieder seiner Reisegruppe mit Geschichten, die Conby als langweilig empfand. »Sie haben ein gutes Ohr. Ich wurde vor achtzehn Monaten nach Seattle versetzt. Aus Maryland. Ich bin im Marketing tätig.«
»Maryland. Angeblich haben Sie dort die besten Krabben des Landes.«
»Das haben wir. Das kann ich Ihnen versichern.« Der reichhaltige Kuchen und der köstliche Kaffee hatten ihn besänftigt. Er lächelte sogar. »Schade, dass ich Ihnen keine mitgebracht habe.«
Lachend legte Charity ihm freundlich eine Hand auf den Arm. »Sie sind ein guter Kerl, Mr. Conby. Einen schönen Abend.«
Mit gespitzten Lippen blickte Conby ihr nach, als sie davonging. Er konnte sich nicht erinnern, jemals als »guter Kerl« bezeichnet worden zu sein. Eigentlich gefiel es ihm.
»Es sind nur noch drei Tische mit Unentwegten besetzt«, verkündete Charity, als sie erneut die Küche betrat. »Und ich komme um vor Hunger.« Sie öffnete den Kühlschrank und suchte nach etwas zu essen.
Doch Mae schloss die Tür wieder. »Du hast keine Zeit.«
»Keine Zeit?« Charity presste die Hand auf den Magen. »Mae, bei der Hektik heute Abend konnte ich nicht einmal zwischendurch etwas naschen.«
»Ich mache dir ein Sandwich, aber du hattest einen Anruf. Etwas wegen der morgigen Lieferung.«
»Der Lachs. Verdammt.« Charity blickte zur Uhr. »Inzwischen ist geschlossen.«
»Ich glaube, es ist eine Nummer für den Notfall angegeben worden. Der Zettel liegt oben.«
»Schon gut, schon gut. Ich bin in zehn Minuten zurück.« Sie warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf den Kühlschrank. »Mach mir lieber zwei Sandwiches.«
Als Charity ihre Zimmertür öffnete, blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte verblüfft in den Raum. Leise Musik erklang. Kerzen brannten, und Blumen standen auf einem Tisch am Fußende des Bettes. Er war für zwei gedeckt.
Ronald hatte sie erwartet. Er nahm eine Flasche Wein aus einem gläsernen Kübel und zog den
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