Das Geheimnis von Orcas Island
Korken. »Ich dachte schon, du würdest nie kommen.«
Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür. »Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet, wäre ich viel früher gekommen.«
»Du hast gesagt, dass du Überraschungen magst.«
»Ja.« In ihren Augen lag Überraschung und Freude, als sie sich das zerzauste Haar aus der Stirn strich. »Ich mag sie sehr.« Sie nahm ihre Schürze ab und trat an den Tisch, während Ronald den Wein einschenkte, der golden im Kerzenschein funkelte. »Danke«, murmelte sie, als er ihr ein Glas reichte.
»Ich wollte dir etwas geben.« Er nahm ihre Hand, drückte sie und versuchte, nicht daran zu denken, dass es ihr letzter gemeinsamer Abend war, bevor all die Fragen beantwortet werden mussten. »Ich bin nicht besonders gut in romantischen Gesten.«
»Oh doch, du bist sehr gut. Champagner-Picknicks, nächtliche Dinner.« Sie schloss einen Moment die Augen. »Mozart.«
»Aufs Geradewohl ausgesucht«, gab er zu. Er fühlte sich töricht nervös. »Ich habe etwas für dich.«
Sie blickte zum Tisch. »Noch etwas anderes?«
»Ja.« Er griff hinab zu seinem Stuhl und hob eine quadratische Schachtel auf. »Es ist heute gekommen.« Er drückte ihr die Schachtel in die Hand.
»Ein Geschenk?« Ihr gefiel stets die Vorfreude ebenso wie das Geschenk selbst. Daher musterte sie einen Moment die Schachtel und schüttelte sie. Doch sobald der Deckel geöffnet war, nahm sie hastig das Armband heraus. »Oh, Ronald, es ist herrlich.« Verblüfft musterte sie das schimmernde Gold und den funkelnden, quadratischen Amethyst. »Es ist herrlich«, sagte sie erneut. »Ich könnte schwören, dass ich es schon einmal gesehen habe. Letzte Woche«, erinnerte sie sich. »In einer der Zeitschriften, die Lori mir gebracht hat.«
»Sie lag auf deinem Schreibtisch.«
Charity nickte überwältigt. »Ja, ich hatte dieses Armband umkreist. Das mache ich oft bei schönen Dingen, von denen ich weiß, dass ich sie mir nie kaufen werde.« Sie holte tief Luft. »Ronald, es ist wundervoll und sehr romantisch von dir, aber …«
»Dann verdirb es nicht.« Er nahm das Armband und legte es ihr an. »Ich brauche Übung.«
»Nein.« Sie schlang die Arme um ihn und lehnte die Wange an seine Schulter. »Du hast den Dreh heraus.«
Ronald hielt sie fest, ließ die Musik, Charitys Duft, den Augenblick auf sich einwirken. Mit ihr konnte es anders sein.
»Weißt du eigentlich, wann ich mich in dich verliebt habe, Ronald?«
»Nein.« Er küsste ihr Haar. »Ich habe eher über das Warum als über das Wann nachgedacht.«
Mit einem sanften Lachen kuschelte sie sich an ihn. »Zuerst dachte ich, es war, als du mit mir getanzt und mich geküsst hast, bis ich ganz schwach wurde.«
»So?« Er drehte ihren Kopf, begegnete ihren Lippen mit seinen. Sanft entfachte er ihr Feuer.
»Ja.« Sie lehnte sich an ihn, die Augen geschlossen. »Genau so. Aber da ist es nicht passiert. Da habe ich es erkannt, aber das war nicht der Moment, in dem ich mich in dich verliebt habe. Erinnerst du dich noch, als du mich nach dem Ersatz gefragt hast?«
»Dem was?«
»Dem Ersatz. Du wolltest wissen, wo der Ersatz ist, damit du meinen Reifen wechseln konntest.« Sie lehnte sich zurück und lächelte über seine verblüffte Miene. »Ich kann es wohl nicht Liebe auf den ersten Blick nennen, denn ich kannte dich schon zwei oder drei Minuten.«
Er streichelte über ihre Wangen, ihr Haar, ihren Hals. »Einfach so?«
»Ja. Ich brauchte nur einen platten Reifen zu haben. Der Rest war ganz einfach.«
Einen Platten, erinnerte Ronald sich, der vorsätzlich arrangiert worden war, ebenso wie ihr plötzlicher Bedarf an einem Faktotum. So wie alles arrangiert worden ist, dachte er und verstärkte den Griff um sie. Alles, außer dass er sich in sie verliebt hatte.
»Charity …« Er hätte alles dafür gegeben, ihr die Wahrheit sagen zu können, die ganze Wahrheit. Aber ihre Unwissenheit bedeutete Sicherheit. »Ich wollte nicht, dass es passiert«, sagte er bedächtig. »Ich wollte niemals so für jemanden empfinden.«
»Tut es dir Leid?«
»Vieles tut mir Leid, aber nicht, dass ich dich liebe.« Er gab sie frei. »Dein Dinner wird kalt.«
»Wenn wir für etwa eine Stunde eine andere Beschäftigung finden, können wir es Mitternachts-Dinner nennen.« Sie ließ die Hände an seiner Brust hinaufgleiten und spielte mit dem obersten Hemdknopf. »Möchtest du Schach spielen?«
»Nein.«
Sie öffnete den Knopf und arbeitete sich langsam, beständig
Weitere Kostenlose Bücher