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Das Geheimnis von Summerstone - Die furchtlosen Vier

Titel: Das Geheimnis von Summerstone - Die furchtlosen Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitty Daneshvari
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Flugsteigen. Doch plötzlich blieben sie wie angewurzelt stehen. Mitten im Satz, im Gehen, im Umherblicken, mitten in einem Atemzug hielten sie inne und starrten Madeleine Masterson, ihre Eltern und eine Fahne von Insektenspray an.
    Über Madeleines verschleiertem Kopf hing buchstäblich eine Wolke des Sprays und löste bei Unbeteiligten einen heftigen Hustenreiz aus. Madeleine schritt, ohne mit der Wimper zu zucken, durch das Gedränge im Terminal. Sie hatte sich schon längst damit
abgefunden, dass der Schutz vor Spinnen seinen Preis hatte.
    Die Mastersons eilten durch das Terminal, um ihren Flug nach Pittsfield zu erwischen. Sie hatten schon mit einem kleinen Flugzeug gerechnet, aber dass es so klein sein würde, hatten sie doch nicht gedacht. Es hatte in etwa die Farbe und Größe eines New Yorker Taxis, nur sah es viel heruntergekommener aus. Hätte man die Mastersons nicht eines Besseren belehrt, hätten sie gedacht, es sei auf dem Weg zum Schrottplatz. Die Tragflächen waren schräg und neigten sich stark nach links, die Fensterscheiben waren mit silberfarbenem Isolierband befestigt.
    Mr Masterson hatte das Gefühl, sein Magen schlage einen Purzelbaum, als er das Flugzeug näher betrachtete. Er fragte sich, wie ein vernünftiger Mensch keine Angst vor der Maschine haben konnte, aber Madeleine fürchtete sich nicht. Ihr hätte es auch nichts ausgemacht, wenn auf dem Flugzeug »Der sichere Tod« gestanden hätte. Für Madeleine war es viel wichtiger, das Innere der Maschine gründlichst auszusprühen, als sich über eine Kleinigkeit wie Flugsicherheit Gedanken zu machen. Allerdings erlaubte Mrs Masterson Madeleine nur den Gebrauch von nicht brennbarem Insektenspray.
    Die ganze Familie schwieg während des gesamten Fluges, der 57 Minuten dauerte. Madeleine hatte viel zu viel Angst, dass man ihr im Phobinasium ihre Spraydosen
und ihren Schleier wegnehmen könnte, um sich auf eine zwanglose Plauderei konzentrieren zu können. Schleier und Sprays begleiteten sie schon so lange, dass sie zu ihr gehörten wie ihr eigener Körper. Madeleine war sogar eher bereit, sich ein Leben ohne Arme vorzustellen als eines ohne Insektenspray. Allerdings musste sie sich schon etwas einfallen lassen, wenn sie die Spraydosen ohne Arme einsetzen wollte.
    Madeleine dachte über viele grässliche Dinge nach, die sie um ihrer Sprays und ihres Schleiers willen erdulden würde und kümmerte sich überhaupt nicht darum, dass das Flugzeug immer wieder ein Stück absackte und dann erneut hochzog. Mr und Mrs Masterson hing der Magen im Hals, aber Madeleine bekam nichts mit. Sie war völlig von einer Art stillem Handel in Anspruch genommen: War der Schleier eine Zehe wert? Fünf Zehen? Einen Fuß? Eine Hand? Einen Fingernagel? Einen Finger?
    Das Flugzeug musste weiterhin heftige Turbulenzen meistern, bis es endlich in Pittsfield landete, was sich eher wie ein Absturz anfühlte. Mr Masterson taumelte vor Übelkeit direkt auf die holprige Landebahn.
    »Maddie, bist du sicher, dass du keine Flugangst hast? Ich fliege selbst nicht besonders gern, vor allem nach dieser Erfahrung. Ich reise viel lieber mit dem Auto, dem Bus, dem Zug oder dem Schiff. Es scheint mir wesentlich einfacher zu sein, einen Flug zu umgehen, als zu versuchen, alle Spinnen und Käfer der
    Welt auszurotten. Könntest du dir vielleicht vorstellen, deine Insektenangst gegen Flugangst einzutauschen?«, fragte Mr Masterson, als sein Gesicht allmählich wieder Farbe bekam.
    »Mummy, bitte sag Vater, er soll still sein«, sagte Madeleine mit leiser, aber energischer Stimme.
    »Arthur, bitte. Niemand ist in Stimmung für deine Art von Humor. Oder vielmehr deinen Mangel an Humor.«
    Wie es zur üblichen Reiseroutine der Mastersons gehörte, nahmen sie Quartier in einem zuvor gründlich ausgeräucherten Hotel Garni, in diesem Fall im Pretty Pitts Inn . Schon lange hatten sie für alle Unterkünfte auf Reisen die Bedingung eingeführt, dass vor ihrer Ankunft der Kammerjäger kam. Das bedeutete zwar aufwändige Vorbereitungen und beträchtliche Kosten, aber es war unumgänglich, damit Madeleine zumindest den Anschein geistiger Gesundheit aufrechterhalten konnte.
    Im blassgrünen Badezimmer des Pretty Pitts Inn putzte sich Madeleine eifrig die Zähne und suchte währenddessen die Wände nach Spinnweben ab. Auf der anderen Seite der Wand untersuchten die Mastersons, denen noch immer übel war, die Bettwäsche samt Kopfkissen, ehe sie ein Moskitonetz anbrachten. Madeleine kam in ihrem

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